Medienkonferenz des BundeskanzlersThurnherr zum Rücktritt: «Die letzten Jahre waren ziemlich intensiv und anspruchsvoll»
Mitte-Vertreter Walter Thurnherr verkündete nach acht Jahren in der Bundeskanzlei seinen Rücktritt. Wir berichteten live.
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Die Grünen äussern sich nicht zur Nachfolge-Frage
Die Grüne Partei bedankt sich bei Walter Thurnherr und schreibt auf dem Kurznachrichtendienst X: «Er hat den Bundesrat die letzten acht Jahre umsichtig durch herausfordernde Zeiten begleitet.» Noch haben sich Grüne und Grünliberale nicht öffentlich zur Nachfolge-Frage geäussert. Beide Parteien sind nicht im Bundesrat vertreten. Es ist denkbar, dass sie Anspruch stellen auf den Sitz des Bundeskanzlers, den traditionell jeweils eine Bundesratspartei innehatte.
Der Bundeskanzler wird oft als achter Bundesrat bezeichnet. Grüne und GLP könnten mit diesem Posten im Umfeld der Regierung an Macht und Einfluss gewinnen. Auch wenn das «Parteibüechli» für einen Bundeskanzler weniger wichtig ist, als für einen Bundesrat.
Denkbar ist allerdings auch, dass sich die Grünen zurückhalten, weil sie mit einer Kandidatur für die Nachfolge von SP-Bundesrat Alain Berset liebäugeln und diese nicht gefährden wollen.
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Die Grünliberalen stellen aktuell mit Viktor Rossi einen der beiden Vizekanzler. Sie haben sich bisher hinsichtlich einer Bundesratskandidatur stets zurückhaltend geäussert. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sie Interesse daran haben, dass Rossi im Dezember für das Amt des Bundeskanzlers kandidiert. Viktor Rossi lasse vorerst offen, ob er kandidieren werde, sagte GLP-Präsident Jürg Grossen zu Keystone-SDA. Gleichzeitig machte Grossen klar, wer den Sitz aus Sicht seiner Partei nicht bekommen solle: die SVP. Sie betreibe Parteipolitik im Bundesrat.
SP bedankt sich für das Engagement von Thurnherr
SP-Co-Präsident Cédric Wermuth bedankt sich auf dem Kurznachrichtendienst X bei Thurnherr für sein Engagement. Seine Partei hat sich noch nicht offiziell zum Rücktritt oder zur Nachfolgefrage geäussert.
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Mitte will Ende Monat über weiteres Vorgehen entscheiden
Die Mitte würdigt Walter Thurnherr als Mann des Dialogs, des Zuhörens und der Vermittlung. Die Fraktion will sich an ihrer Sitzung Ende Monat Gedanken über das weitere Vorgehen machen.
Das Amt des Bundeskanzlers oder der Bundeskanzlerin solle an eine integrative Persönlichkeit gehen, die sich gegen die zunehmende Polarisierung der Gesellschaft engagiere, wird Fraktionschef Philipp Matthias Bregy in einer Mitteilung zitiert.
Kandidatinnen und Kandidaten müssten sich dafür einsetzen, das Funktionieren der Institutionen und der direkten Demokratie zu schützen, wie es Thurnherr stets bewiesen habe.
«Walter Thurnherr war immer eine wichtige Stimme in den Institutionen, die uns auf die Bedeutung einer weltoffenen Schweiz und ihre Rolle bei der Verteidigung von Frieden, Recht und Freiheit aufmerksam gemacht hat», wird Mitte-Präsident Gerhard Pfister (ZG) in einer Mitteilung zitiert. (SDA)
FDP würdigt Thurnherr als wichtige Stimme im Bundesrat
Für FDP-Fraktionspräsident Thierry Burkart ist Walter Thurnherr ein hervorragender Bundeskanzler und eine wichtige (beratende) Stimme im Bundesrat. Der Aargauer Ständerat dankte Thurnherr für den jahrzehntelangen Dienst für die Schweiz und für die gute Zusammenarbeit.
Die FDP werde die Wahl des Nachfolgers oder der Nachfolgerin von Thurnherr im Kontext des Anforderungsprofils sowie der Gesamterneuerungswahlen des Bundesrates beurteilen, gab die FDP auf dem Kurznachrichtendienst X, vormals Twitter, bekannt. (SDA)
SVP erhebt Anspruch auf Sitz des Bundeskanzlers
Die SVP erhebt nach dem angekündigten Rücktritt von Thurnherr Anspruch auf dessen Sitz. Die SVP als grösste Partei der Schweiz habe noch nie den Bundeskanzler gestellt, schrieb SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi im Kurznachrichtendienst X, vormals Twitter.
Der Zuger Nationalrat Aeschi verwies auf die gescheiterte SVP-Kandidatur von Nathalie Falcone-Goumaz als Bundeskanzlerin im Jahr 2007. (SDA)
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Ende der Medienkonferenz
Damit endet die Medienkonferenz nach rund 25 Minuten.
Frage: Was hat Thurnherr an seinem Amt am meisten Freude bereitet?
In dieser Antwort scheint Kritik mitzuschwingen an seinen Vorgängerinnen und Vorgängern, denn Thurnherr sagt: Die Bundeskanzlei «wieder etwas mehr dort zu positionieren, wo sie sein sollte». Eine wichtige Aufgabe sei es, zu koordinieren zwischen den verschiedenen Departementen und konstruktive Vorschläge einzubringen.
Frage: Was ist Thurnherr in seiner Amtszeit nicht gelungen?
Was ihm in seinen acht Amtsjahren misslungen sei, wird Thurnherr gefragt. Das «Silodenken» sei unter den Departementen noch zu verbreitet, antwortet er. Die Angestellten müssten lernen, dass sie für die Bundesverwaltung als Gesamtes arbeiteten – und nicht alleine für den Departementschef.
Er hätte sich mehr Vereinheitlichung in der Bundesverwaltung gewünscht. «Doch das Silo-D’enken ist immer noch da, es hat eventuell sogar zugenommen.»
Lustigerweise funktioniere es in Krisenzeiten manchmal sehr viel besser. Dann merkten die Leute, dass keine Zeit für solche Federführungsprobleme vorhanden sei. «Wir haben zu viele ‹Kompetenzstürmereien›, die nicht nötig sind.»
Frage: Welche Zukunftspläne hat Thurnherr?
Er habe noch «keine Ahnung», was er in Zukunft machen werde, sagt Thurnherr. Für die Forschung – der Bundeskanzler ist ausgebildeter Physiker – sei er aber zu alt.
In den nächsten Monaten stehe noch viel Arbeit an. Dazu gehörten die Parlaments- und Bundesratswahlen, die vorbereitet werden müssten.
Frage: Wie wichtig ist es, dass der Kanzler aus einer Bundesratspartei kommt?
Thurnherr hält die Parteizugehörigkeit nicht für zentral für das Amt des Bundeskanzlers. Viel wichtiger für das Amt seien die Persönlichkeit und fundierte Kenntnisse der Bundesverwaltung. «Ich bin überzeugt davon, dass es vor allem auf die Person ankommt.» Das «Parteibüechli» sei weniger wichtig. Es sei aber am Parlament zu sagen, ob es eine Person aus einer Bundesratspartei wolle.
Frage: Wird Vizekanzler Simonazzi den Posten übernehmen?
Zur Frage an Vizekanzler André Simonazzi, ob er sich vorstellen könne, für das Amt des Bundeskanzlers zu kandidieren, sagt dieser, es sei verfrüht, sich zu äussern. Er schliesst eine Kandidatur nicht aus.
Thurnherr selbst erklärt die Anforderungen seines Amtes: Es sei von Vorteil, wenn eine Person die Verwaltung, ihre Abläufe und die Persönlichkeiten gut kenne. Mehrere Sprachen sprechen, konstruktive Ideen einbringen und Differenzen beilegen zu können. All das seien zentrale Eigenschaften und Kompetenzen für eine Bundeskanzlerin oder einen Bundeskanzler.
Eine lange Liste. Thurnherr schliesst seine Antwort mit den Worten: «Aber da findet sich sicher jemand».
Frage: Wie sieht Herr Thurnherr die Lage der Schweiz?
Die Gesamtlage der Nation beurteilt Thurnherr auf eine Journalistenfrage hin als positiv. Er vermisst aber die «Aufbruchsstimmung» vergangener Tage.
Frage: Ist die Atmosphäre im Bundesrat der Grund für den Rücktritt?
Nach einem kurzen Statement von Thurnherr zu seinem Rücktritt folgt die Fragerunde. Auf die Frage eines Journalisten, ob die Atmosphäre im Bundesrat der Grund für den Rücktritt sei, sagte Thurnherr, die Atmosphäre sei gut. Es gebe da keinerlei Zusammenhang. Aber: «Diese Legislatur war die schlimmste seit dem 2. Weltkrieg.» Eine Krise habe sich an die andere gereiht.
«Die letzten Jahre waren ziemlich intensiv und anspruchsvoll»
«Die letzten Jahre waren ziemlich intensiv und anspruchsvoll. Ich habe immer die Auffassung vertreten, dass man sein Amt dann abtreten sollte, wenn man sich noch auf der Höhe seiner Aufgaben fühlt», begründet Thurnherr seinen Rücktritt.
Das Amt sei nicht immer leicht und oft mit mehr Knochenarbeit verbunden, als man sich vorstellen könne. Es sei aber auch eine der spannendsten Tätigkeiten, die man sich vorstellen könne.
Als Schnittstelle zwischen Regierung und Parlament, bei der Beratung der Bundesräte, der digitalen Transformation und anderem mehr habe er viele Aufgaben gehabt. Er werde jetzt noch einige Projekte abschliessen und andere weiterentwickeln.
Ohne seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätte seine Arbeit nicht so gut geklappt, sagte er und dankte ihnen. Im Bundesrat sei er als Stabschef immer auf ein offenes Ohr gestossen.
Thurnherr will «den Stab weiterreichen»
Die Medienkonferenz beginnt. Walter Thurnherr bestätigt, dass er «den Stab weiterreichen» will. Sein Rücktrittsschreiben habe er dem Nationalratspräsidenten und dem Bundesrat am Mittwoch zugestellt, sagt Turnheer vor den Bundeshausmedien.
Rücktrittsankündigung
Bundeskanzler Walter Thurnherr gibt heute seinen Rücktritt bekannt. Heute Morgen hat er seinen Abgang in der ersten Bundesratssitzung nach den Ferien angekündigt, wie diese Redaktion aus zwei gut informierten Quellen erfahren hat.
Thurnherrs Rücktritt kommt völlig überraschend, weil er erst 60 Jahre alt ist. Er macht nun eine Ersatzwahl am 13. Dezember nötig, am gleichen Tag, an dem der Nachfolger oder die Nachfolgerin von SP-Bundesrat Alain Berset bestimmt wird, der im Juni seine Demission angekündigt hat. Thurnherr gehört der Mitte-Partei an, die damit ein Stück weit auch dafür kompensiert wird, dass sie nur noch einen Sitz im Bundesrat hat.
Der Bundesrat hat für 13.30 Uhr eine Medienkonferenz angekündigt. Wir berichten hier live.
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