Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Wahlkampf in der Slowakei
Der einst diskreditierte Ex-Premier steht vor dem Comeback

Autoritärer Stil: Robert Fico. 
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Nach dem Wahltag sollen die Medien zwei Wochen stillschweigen. So stellt sich Robert Fico die Slowakei nach seinem Sieg vor. Schliesslich müsse dann erst einmal in Ruhe verhandelt werden. Kompromisse allerdings seien nicht gut für das Land, einer müsse eine klare Linie vorgeben und das ist natürlich er, Fico. Robert Fico hat schon insgesamt zehn Jahre als Premier regiert, 2020 verlor seine Partei die Wahl, seither ist er Oppositionsführer. Nun will er zurück an die Macht. Und er hat Grund, sich Chancen auszurechnen.

Am 30. September finden in der Slowakei vorgezogene Parlamentswahlen statt, deshalb gibt es auch während der Schulferien Wahlkampf. Nicht nur mit Folkloretanz, Limo und Gulasch. Auch mit Festnahmen, Korruptionsermittlungen und einem Machtkampf innerhalb der Sicherheitsbehörden.

Fünf Wochen vor der Wahl hat die geschäftsführende Expertenregierung den Chef des Inlandsgeheimdienstes SIS abgesetzt. Er war zuvor von der auf Korruptionsermittlungen spezialisierten Behörde Naka festgenommen worden. Ihm wird vorgeworfen, an einer kriminellen Verschwörung beteiligt zu sein, die polizeiliche Untersuchungen behindern sollte.

Den früheren Polizeipräsidenten festgenommen

Bei Razzien hatte die Naka-Behörde weitere Geheimdienstmitarbeiter festgenommen und verhört. Eine Woche zuvor war bereits der frühere Polizeipräsident Tibor Gaspar vorläufig festgenommen worden – nicht zum ersten Mal.

Robert Fico wütete gegen Präsidentin Zuzana Caputova und die von ihr eingesetzte Expertenregierung, sprach von Machtmissbrauch, Umsturzversuchen und verglich Präsidentin und Premier mit dem brutalen chilenischen Militärjunta-Chef Augusto Pinochet. Auch gegen die Staatsanwaltschaft unter Spezialstrafverfolger Daniel Lipsic richtete sich die Wut von Fico und seiner Anhängerschaft.

Es sind seit Jahren dieselben Lager, die hier gegeneinander kämpfen. Robert Fico und Tibor Gaspar kennen sich gut. Sie waren beide 2018 von ihren Ämtern zurückgetreten – auf erheblichen Druck aus der Bevölkerung. Nach der Ermordung des jungen Journalisten Jan Kuciak und dessen Freundin im Februar 2018 hatten in der Slowakei so viele Menschen wochenlang gegen ihre Regierung demonstriert wie seit 1989 nicht mehr. Daniel Lipsic, heute Staatsanwalt, hatte ebenso wie Kuciak Morddrohungen erhalten, war ausspioniert worden – von denselben Leuten, die Kuciak verfolgt hatten. Als Anwalt der Nebenklage vertrat er später im Prozess die Eltern Kuciaks.

Kehrt Fico zurück?

Fünf Jahre später sieht es so aus, als könnten Fico und seine Leute zurückkehren. Die Ermittlungen der vergangenen Jahre und die aktuellen Razzien zeigen immerhin, dass Fico zu Recht Angst hat, irgendwann noch strafrechtlich belangt zu werden. Auch die Spuren im Mordfall Kuciak führten letztlich bis zu ihm, bewiesen wurde ihm bisher nichts. Im Frühjahr 2022 war Fico selbst kurzzeitig in Haft gewesen, wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Der frühere Polizeipräsident Gaspar jedenfalls kandidiert auf Platz neun der Wahlliste von Ficos Partei Smer-SD.

«Stabilität, Ordnung, soziale Sicherheit» verspricht die Smer-SD, die sozialdemokratisch sein soll, aber von Fico in den vergangenen Jahren zu einer rechtspopulistischen, russlandfreundlichen Partei umgeformt wurde. Fico hatte lautstark Proteste gegen Corona-Massnahmen angeführt und kritisiert nun EU, Nato und die eigene Regierung für Waffenlieferungen an die Ukraine.

Chaotische Verhältnisse

Turnusgemäss wäre der nächste Wahltermin erst im Frühjahr 2024 gewesen. Doch allein seit 2020 sah das Land drei verschiedene Premierminister, Präsidentin Zuzana Caputova entliess und ernannte eine unübersichtliche Anzahl an Ministern und Ministerinnen. Schliesslich setzte sie in diesem Frühling eine Expertenregierung ein.

Streit, Scheitern, Versagen – das beschreibt die Arbeitsweise der wechselnden Regierungskabinette seit 2020 schon recht gut. Wenn Fico all das immer wiederholt, hat er nicht unrecht – und er profitiert davon. Denn seit Monaten führt seine Partei die Umfragen an, allerdings mit gerade mal 20 Prozent. Für einen, der alles selbst bestimmen will, reicht das nicht aus.

Optimisten verweisen deshalb auf das Lager derer, die zumindest laut den Umfragen demokratische Parteien wählen wollen. Doch so viele sind das auch wieder nicht. Und ins Parlament schaffen es vermutlich auch erneut Rechtsextreme sowie weitere rechtspopulistische Parteien.

Aufhorchen lässt aber vor allem die Haltung von Ficos Amtsnachfolger Peter Pellegrini. Dieser war bis 2020 Ministerpräsident und Mitglied in Ficos Partei. Dann löste er sich von ihm und gründete seine eigene, ebenfalls sozialdemokratisch ausgerichtete Partei Hlas (Stimme). In Umfragen fiel sie zuletzt auf Platz drei. Gegen Fico und Pellegrini tritt die Partei Progresivne Slovensko mit einem liberalen, EU-nahen Kurs an – sie legte zuletzt in den Umfragen zu und liegt nun auf Platz zwei.