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Wegen Angriffen und Drohungen
Slowakische Präsidentin will keine weitere Amtszeit

Die slowakische Präsidentin Zuzana Caputova während einer Pressekonferenz nach einem Treffen mit dem französischen Präsidenten in Bratislava im Mai 2023.
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Für viele Slowaken ist es wohl ein Schock, als ihre Präsidentin am Dienstagnachmittag im Palast in Bratislava verkündet, sie werde sich nicht um eine zweite Amtszeit bewerben. Zuzana Caputova gilt als die beliebteste und vertrauenswürdigste Politikerin des Landes, seit ihrem Amtsantritt im Sommer 2019 führt sie die Umfragen regelmässig an. Ein Wahlsieg im Frühjahr 2024 galt ihr als sicher. Für ihre Anhänger ist sie ein Anker in der seit Jahren chaotischen, von Feindseligkeit und Aggression geprägten Landespolitik.

Die Gründe, die sie nun vorbringt, sagen viel über den Zustand des Landes aus. Sie treffe diese Entscheidung auch «mit Rücksicht auf meine Familie». Caputova, die an diesem Mittwoch 50 Jahre alt wird, hat zwei Töchter im jungen Erwachsenenalter. Die Präsidentin erhielt Morddrohungen gegen sich selbst und ihre Familie. Sie hatte schon früher darüber gesprochen und Anzeigen erstattet. Hinzu kommen seit Jahren Angriffe und Verleumdungen aus dem prorussischen und rechtsextremen Lager der Opposition, vor allem von Ex-Premier Robert Fico. Der möchte am 30. September mit seiner Partei Smer – SD erneut die Parlamentswahlen gewinnen.

«Nach ehrlicher Abwägung weiss ich heute, dass meine Kraft für ein weiteres Mandat nicht mehr ausreicht», erklärte Caputova nun. «Es tut mir leid, dass ich diejenigen enttäusche, die eine zweite Kandidatur erwartet haben.» Caputova will ihre Amtszeit, die noch ein Jahr dauert, zu Ende bringen. Doch die potenziell darauffolgenden fünf Jahre würden sicher um nichts leichter sein als die vergangenen vier, sagte sie.

Bekannt war die Juristin, weil sie in ihrer Heimatstadt Pezinok einen Umweltskandal aufgedeckt hatte.

Caputova hatte bis zu ihrem Amtsantritt 2019 noch kein politisches Amt innegehabt. Bekannt war die Juristin einigen wenigen Menschen, weil sie in ihrer Heimatstadt Pezinok einen Umweltskandal aufgedeckt hatte und erfolgreich gegen die Verursacher vorgegangen war. In den USA wurde sie dafür ausgezeichnet. In Reaktion auf den Doppelmord an dem Journalisten Ján Kuciak und dessen Freundin im Februar 2018 begann Caputova, sich in der neu gegründeten Partei Progresivne Slovensko zu engagieren. Im März 2019 gewann sie dann mit sehr eindeutigem Ergebnis die Präsidentschaftswahl gegen ihren Herausforderer, den Europapolitiker Maros Sefcovic, den die Smer – SD aufgestellt hatte.

In den vier Jahren ihrer bisherigen Amtszeit hat sie vier Regierungen erlebt, drei Ministerpräsidenten ernannt, im Herbst nun folgt die fünfte Regierung. Derzeit wird die Slowakei von einer Expertenregierung geführt, die allerdings nicht das Vertrauen des Parlaments geniesst.

Mehrfach ausgezeichnet

Für den slowakischen Politikwissenschaftler Milan Nic ist die Entscheidung der Präsidentin, nicht erneut zu kandidieren, alarmierend: «Es zeigt, dass solche Hass- und Schmutzkampagnen wie die von Robert Fico wirken», sagt er am Telefon. Das sei ein schlechtes Zeichen für die anstehenden Parlamentswahlen in der Slowakei. Auch Politiker in anderen Ländern, etwa Polen, wo im Herbst ebenfalls gewählt wird, könnten sich davon angestachelt fühlen, sagt Nic, der für die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik arbeitet.

Auch im Ausland ist Caputova als Präsidentin äusserst angesehen. Im Nachbarland Tschechien hatte sie schon in ihrem Wahlkampf viele Sympathien gewonnen. Einige ihrer früheren Berater verhalfen dort im Januar Petr Pavel zum Sieg in der Präsidentschaftswahl gegen den Populisten Andrej Babiš. Bald nach Pavels Vereidigung reisten Pavel und Caputova gemeinsam nach Kiew, um dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski ihre Unterstützung zu versichern. In ihrem Heimatland wird die Präsidentin für ihren Einsatz für die Ukraine aus dem Fico-Lager immer wieder als «amerikanische Agentin» beschimpft.

«Nehmen Sie bitte meine Entscheidung, nicht mehr zu kandidieren, nicht als Beweis dafür, dass Anstand nicht gewinnen kann.»

Zuzana Caputova

In Deutschland wurde Caputova mehrfach ausgezeichnet. So ehrte sie im Januar die Schwarzkopf-Stiftung Junges Europa «für ihren Mut, sich gegen das organisierte Verbrechen, für Minderheitenrechte – insbesondere für Roma – und für eine ökologisch nachhaltige Zukunft einzusetzen». Zuvor hatte sie im vergangenen November den Freiheitspreis der Friedrich-Naumann-Stiftung in der Frankfurter Paulskirche bekommen.

Die Geschicke des Landes hingen nicht von ihr allein ab, sagte Caputova zum Abschluss ihrer Ankündigung. «Nehmen Sie bitte meine Entscheidung, nicht mehr zu kandidieren, nicht als Beweis dafür, dass Anstand nicht gewinnen kann.» Eine anständige und wertebasierte Politik werde nur zu Fall gebracht, wenn niemand mehr an sie glaube. «Ich glaube noch an sie.»

Anlass zu solcher Zuversicht geben der Präsidentin aktuelle Umfragen. Zwar liegt weiterhin Robert Ficos Smer – SD mit knapp 20 Prozent Wählerzustimmung vorn. Doch Caputovas frühere Partei, die liberale, europafreundliche Progresivne Slovensko, holt auf und liegt derzeit auf Platz zwei.