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Video zu Waffengewalt
Ein US-Youtuber findet in der Schweiz den amerikanischen Traum

Ergründet die Schweizer Waffenkultur: US-Videojournalist Johnny Harris.
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Der eine oder andere AdA (wer das nicht versteht, wird sich auch nicht angesprochen fühlen) kennt das Gefühl: ein gewisses Unwohlsein im engen Schiessstand, Dutzende junge Männer, Dutzende mehr oder weniger belastete Geister, die die Dutzende Zeigefinger steuern, welche die Dutzende durchgeladenen Serienfeuerwaffen betätigen. Wer in der Schweiz Armeedienst leistet, hat eine Waffe zu Hause, an die 200’000 Männer und Frauen sind das zurzeit.

Und trotzdem, so beschwört es der amerikanische Journalist Johnny Harris in seinem neuesten Video, sei die Schweiz ja ein friedlicher Ort. Die Reise von Harris, die ihn durch Schiesskeller und Schützenhäuser von Tuggen SZ über Buochs NW bis nach Zürich führt, stösst auf Youtube auf reges Interesse: Über eine Million Views sammelte das Video in nur zwei Tagen.

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Youtuber Harris hat auf den sozialen Medien mehrere Millionen Follower und ergründet für sein Publikum sowohl Eigenheiten im eigenen Land (warum das amerikanische Brot so ungeniessbar sei) als auch geopolitische Zusammenhänge (der Krieg um Mikrochips, Putins Gründe für die Invasion in der Ukraine).

Den Ausflug in die Schweiz nutzte Harris für eine Reportage über die hiesige Bunkerlandschaft, vor allem aber für die Recherche zu seinem Waffenvideo, in dem er eine etwas eng gefasste Gegenüberstellung von zwei Waffenkulturen zeichnet: jene in der Schweiz, die auf Verteidigung und Notwendigkeit beruhe, gegenüber jener aus den USA, die mehr auf Angriff und Fetisch gründe. Er fördert darin aber auch Erstaunliches zutage, wie etwa die topografische Eigenheit von vielen Schweizer Schiessständen, in denen man über einen Feldweg oder eine Strasse hinweg schiesst – wer des Öfteren Velo fährt, wird das mulmige Gefühl flirrender Kugeln in der Luft womöglich kennen.

Waffe als Pflicht, nicht als Recht: So war das auch mal in den USA gedacht

Vor allem aber referiert Harris zügig und verständlich über das Schweizer Milizsystem, die Bewaffnung der Masse aus dem Gedanken der Landesverteidigung, Waffenbesitz mehr als Pflicht denn als Recht.

So war das, wie Harris weiter ausführt, ursprünglich auch mal in den USA gedacht: das Auflehnen gegen die britische Krone, der amerikanische Unabhängigkeitskrieg mit wehrhaften Milizen, die erste Verfassung der Vereinigten Staaten. Da wird – wie so oft, wenn Geschichte auf Youtube vermittelt wird – schnell und kurzweilig erzählt, ohne Zeit mit Details zu verschwenden.

Es ist ja tatsächlich so: Obwohl die Schweiz mit rund 45 Waffen pro 100 Einwohner zu den am schärfsten gerüsteten Ländern der Welt zählt, gibt es verhältnismässig wenig Zwischenfälle. 2021 waren es 173 Todesfälle durch Schusswaffen, in den USA sind es jedes Jahr mehr als 20’000 – Suizide ausgeklammert. Dass auch in der Schweiz ein Grossteil der Unfälle mit Schusswaffen Selbsttötungen sind und diese mit restriktiverem Zugang womöglich reduziert werden könnten, spricht Harris in seinem Video nicht an.

Die Idee, in der Schweiz Lösungsansätze für die ausser Kontrolle geratene Waffengewalt in den USA zu suchen, ist nicht neu. 2018 trug ein Reporter von «The Daily Show» ähnliche Fakten zusammen. Als ihm dort die eben abgewählte Grünen-Ständerätin Lisa Mazzone erklärte, man habe auf die hohe Selbsttötungsrate mit Armeegewehren reagiert und das Waffengesetz angepasst, sagte der Reporter nur zynisch: «Moment, ihr habt von einem Fehler gelernt und im Gesetz nachgebessert? Das ist so europäisch.»

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Auf seiner Reise kommt Harris zu ähnlichen Schlüssen: dass man halt auch in den USA Gesetze anpassen, Richtlinien verschärfen, Munition beschränken müsste, wenn man wirklich etwas ändern möchte. Angefangen beim berühmt-berüchtigten «Second Amendment» in der amerikanischen Verfassung, auf das sich Waffenfreunde immer gern berufen und in dem unter anderem geschrieben steht: «Das Recht der Leute, eine Waffe zu besitzen, soll nicht verletzt werden.»

Genau diesen Unterschied zwischen Pflicht und Recht, der Schweiz und den USA, der Waffe als sorgfältigem Gebot des Kollektivs und der Waffe als rechtmässigem Wunsch des Individuums schält Harris auch als Konklusion heraus. Und formuliert dabei zwischen den Zeilen auch den wahren amerikanischen Traum: Alle leben in Frieden – aber alle können ihre Waffen behalten.