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Wirbel um Engadiner-Siegerin
«Das ist klarer Betrug, der auch noch unterstützt wird»

The later disqualified Maelle Veyre of France celebrates in the finish area during the 54th annual Engadin skiing marathon, on Sunday, March 10, 2024, in Silvaplana, Switzerland. The start was in Silvaplana instead of Maloja due to snow and temperatures. The first placed Maelle Veyre of France was later disqualified because of the use of forbidden fluor wax. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)
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Trotz garstigen Bedingungen, viel Gegenwind und Schneefall war die 54. Austragung des Engadin-Skimarathon wie gewohnt ein Volksfest der besonderen Art. Doch neben dem Wetter, dem unermüdlichen Einsatz der freiwilligen Helfer und dem sportlichen Abschneiden der Profis gab vor allem auch die Disqualifikation der Siegerin Maëlle Veyre zu reden.

Die Ski der Französin wurden im Ziel kontrolliert und wiesen zu hohe Fluorrückstände auf. Da die Benützung von giftigen Fluorwachsen seit dieser Saison vom Weltverband FIS untersagt ist, wurde Veyre disqualifiziert. Die Schweizer Vorjahresgewinnerin Giuliana Werro erbte den Sieg sowie die 10’000 Franken Preisgeld.

Neben Veyre wurden weitere elf Athleten disqualifiziert, darunter auch Breitensportler, für die das Verbot ebenfalls gilt. Bereits am Engadin-Frauenlauf eine Woche zuvor war es zu vier Ausschlüssen gekommen. Alle Disqualifizierten dürfen in den kommenden zwei Jahren nicht an Rennen im Rahmen des Engadin-Skimarathons teilnehmen.

Adriano Iseppi, sind Sie überrascht, dass Sie so viele Betrüger erwischt haben?

Nein, leider nicht. Und wir konnten ja bei weitem nicht alle testen und haben darum sicher auch nicht alle erwischt. Was mich ein wenig überrascht, ist, dass wir die Läufer nicht mehr abschrecken konnten, auf Fluor zu verzichten. Wir hatten bereits beim Frauenlauf breit getestet und in den Medien kommuniziert, dass wir beim Marathon hart durchgreifen. Trotzdem kam es zu Disqualifikationen.

Sind Sie enttäuscht?

Enttäuscht bin ich, dass es tatsächlich zu Situationen gekommen ist, dass Athleten bei der Abnahme der Ski im Zielraum gesagt haben: «Ah, jetzt habt ihr mich erwischt. Ihr könnt euch das Testen sparen, ich habe Fluor auf den Ski.» Das zeigt mir, dass es Athleten gab, die das Risiko bewusst in Kauf genommen haben, disqualifiziert zu werden, nur damit sie ein paar Ränge weiter vorne klassiert sind. Ebenfalls finde ich es nicht in Ordnung, dass angeblich gewisse Sportgeschäfte ausserhalb des Engadins trotz des Verbots einen Wachsservice mit Fluor angeboten haben. Die Athleten mussten lediglich eine Erklärung unterschreiben, dass sie damit einverstanden sind und die Verantwortung dafür übernehmen. Das ist klarer Betrug, der auch noch unterstützt wird.

Second placed Dario Cologna of Switzerland reacts beside race director Adriano Iseppi on the podium after the 52. annual Engadin skiing marathon, on Sunday, March 13, 2022, in S-Chanf, Switzerland. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)

Schlagzeilen machte die Disqualifikation der Marathonsiegerin Maëlle Veyre aus Frankreich. Sie verlor ihren Titel und 10’000 Franken Preisgeld.

Ja, das ist auch für den Ruf des Laufs nicht gut, da die Rangliste und das Podest durcheinandergewirbelt wurden. Die Enttäuschung bei ihr im Ziel nach der Kontrolle war gross, vor allem, weil sie ihre Ski vermutlich nicht selber präpariert hatte, sondern ihr Serviceteam. Darum tut es mir leid für sie.

Dennoch: Veyre startet auch im Weltcup, wo Fluor seit Anfang Saison verboten ist. Sie und ihr Team wussten also, was die Konsequenzen sind – und dennoch flogen sie auf. Ist Fluornutzung für Sie gleichzusetzen mit Doping, da es ja einen klaren Leistungsvorteil bringt?

Es ist ganz klar ein Vorteil, wenn man Fluor auf den Ski hat, gerade bei Bedingungen wie am Sonntag beim Marathon, als es eher mild und feucht war. Aber der Vergleich mit dem Doping geht mir zu weit. Es ist eher so, wie wenn jemand auf der Autobahn mal ein wenig zu schnell fährt. Dort hält man sich ja dann auch nicht an die Regeln und hofft, dass man nicht erwischt wird. Aber ich möchte es auch nicht schönreden. Diese Grauzone auszunutzen, ist nicht fair, Punkt.

Nicht nur Eliteläuferinnen wurden kontrolliert, sondern auch Breitensportler fernab der Toprangierungen. Was war deren Reaktion?

Die meisten haben es gutgeheissen, und mir ist wichtig, zu sagen, dass ein Grossteil der Läuferinnen die Tests ja bestanden hat. Aber es gab halt leider auch Fälle von Breitensportlern, die die Kontrollen und die Resultate nicht akzeptiert haben. Der Ablauf der FIS war jedoch ganz klar, darum habe ich kein Verständnis, wenn jemand im Ziel ein Theater gemacht hat.

The pack of skiers is on its way from Silvaplana to S-Chanf as they participate in the 54th annual Engadin skiing marathon, on Sunday, March 10, 2024, in Silvaplana, Switzerland. The start was in Silvaplana instead of Maloja due to snow and temperatures. (KEYSTONE/Gian Ehrenzeller)

Waren Sie überrascht, wie strikt die FIS durchgegriffen hat?

Moment! Wir vom Engadin-Skimarathon waren es ja, die die Sache richtig durchziehen wollten und auch in gewissen Abfahrten der Strecke kontrolliert haben, ob Athletinnen einen deutlich schnelleren Ski haben als andere. Aber natürlich sind wir froh um die Hilfe der FIS-Leute, weil der Aufwand dieser Kontrollen immens ist.

Fluor ist schädlich für Mensch und Natur, doch gerade Breitensportler argumentieren, dass es ökologisch sinnlos sei, aufgrund des Verbots die giftigen Wachse in die Mülltone zu werfen und sich extra neue Ski zu kaufen, damit man auf der sicheren Seite sei.

Das ist für mich absoluter Blödsinn! Auch zuvor mit Fluor eingewachste Ski können einfach gereinigt werden, wir haben vor dem Marathon sogar eine Anleitung dazu veröffentlicht, und ich habe die Reinigung selber getestet, das funktioniert einwandfrei. Das Einzige, was der Hobbysportler wohl neu kaufen müsste, ist eine Bürste, um den Ski zu pflegen – aber die sollte man sowieso regelmässig ersetzen.

Werden beim Engadiner auch in Zukunft Fluorkontrollen durchgeführt?

Ich kann das so noch nicht klar sagen, da alles ein riesiger Aufwand ist und wir auf die Mithilfe der FIS angewiesen sind. Wir hoffen aber, dass wir mit dieser Austragung immerhin schon mal ein Signal an die Hobbysportler, aber auch die Sportgeschäfte senden konnten, dass wir es ernst meinen. Denn noch mal: Fluor ist schädlich, und wir unterstützen es nicht, wenn sich Athleten einen Vorteil verschaffen wollen. Darum machen wir ja auch Dopingkontrollen beim Engadiner. Nicht weil wir es müssen, sondern weil wir eine saubere Siegerin auf dem Podest haben wollen.