Max Küng will sich ändernBedingungsloses Grundlächeln und andere Vorsätze
Unser Kolumnist hat sich für das mittlerweile nicht mehr so neue Jahr exakt 2024 Vorsätze genommen. Hier seine nüchterne Zwischenbilanz.
Letzten Endes nahm auch ich mir am Ende des letzten Jahres wieder Vorsätze für das neue Jahr, wie so oft zuvor und wie viele andere Menschen wohl auch. Neujahrsvorsätze machen durchaus Sinn, denn: Wer enttäuscht sich nicht gerne selbst? An den eigenen Ansprüchen zu scheitern führt einem die eigene Schwäche vor Augen – und damit so etwas wie Menschlichkeit. Vor sich selbst zu versagen hat etwas Bewegendes, Rührendes, eine ganz eigene Schönheit. Es lehrt den Menschen, sich selbst zu verzeihen.
Doch ich habe einen Weg gefunden, dass nicht alle Vorsätze scheitern, denn für dieses Jahr habe ich mir nicht einfach einen oder zwei Vorsätze genommen, sondern der Jahreszahl entsprechend 2024 Stück davon. Das ist eine stattliche Anzahl, ich weiss, doch sind es angesichts des Verbesserungspotenzials, welches ich und auch andere in mir sehen, doch relativ wenige. Zudem bietet mir die hohe Anzahl von Vorsätzen die Möglichkeit, ein paar davon wirklich umzusetzen.
Und nun, da bereits mehr als ein Monat des neuen Jahres vergangen ist, kommt die Zeit, die Entwicklung der Dinge ein erstes Mal zu überprüfen, den Stand der Selbstverbesserung etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.
Manche meiner gefassten Vorsätze sind einfach zu realisieren, andere schwieriger. Zu den einfacheren gehört etwa Vorsatz N° 267, an hundert aufeinanderfolgenden Tagen gänzlich auf alkoholische Getränke zu verzichten. Andere ins Auge gefasste Ziele sind da weitaus schwerer erreichbar, etwa Vorsatz N° 37, bei der Altglassammelstelle die Blechdeckel von den leeren Konfitüregläsern zu entfernen und in den dafür vorgesehenen Altblech-Sammelbehälter zu schmeissen, bevor das alte Glas seiner neuen Bestimmung zugeführt wird.
Mittlerweile habe ich jedoch eine Einwurftechnik entwickelt, die auch streng beobachtende Mitbürger und -innen nicht erkennen lässt, ob der Deckel noch drauf ist oder nicht, wenn das Glas durch das Loch fällt.
Auch nicht so einfach ist die Umsetzung des Vorsatzes N° 1087, im Alltag mehr zu lächeln – eventuell gar so, dass man dabei meine Zähne sehen kann. Was so einfach klingt (es sind ja bloss ein paar Muskeln, die bewegt werden wollen), stellt sich im gern harschen zürcherischen Miteinander als nicht immer ganz unproblematisch heraus, vor allem bei gesellschaftlichen Verpflichtungen in Kombination mit Vorsatz N° 267.
Alkoholverzicht und Blechdeckelseparierung bei Altglasentsorgung sowie bedingungsloses Grundlächeln sind bloss drei der insgesamt 2024 Vorsätze für das laufende Jahr.
Folglich sind da noch 2021 andere. Mit dem Rauchen aufhören gehört dazu (Vorsatz N° 953, easy, da ich seit zwanzig Jahren nicht mehr rauche); oder Vorsatz N° 72 (bei der einen Cordhose endlich den Sack zu flicken, damit mir im Tram nicht mehr polternd das Handy durchs Hosenbein unten rausfällt); oder das Ausprobieren einer neuen Sportart (N° 1986), dabei würde mich Ear pull reizen, eine Art Tauziehen, einfach ohne Tau und Hände, sondern mit Ohren und einem handelsüblichen Gummiband. Ear pull ist übrigens eine der offiziellen Disziplinen der alljährlich in Alaska stattfindenden World Eskimo-Indian Olympics, nebst Seal skinning (Robbenhäuten) oder Four man carry (dabei geht es darum, vier Menschen nach Wahl über eine möglichst lange Distanz zu tragen).
Und dann wäre da noch Vorsatz N° 327: die Abstellung von Social Media auf meinen mobilen Geräten, allumfassend und unwiederbringlich und für immer und ewig – wohl eine der allergrössten Herausforderungen unserer Zeit. (Fortsetzung folgt)
Max Küng ist Reporter bei «Das Magazin».
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