Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Ryan Gosling als Barbie Ken
Vorfreude herrscht

Platinblonde Haare und noch fitter als in «Crazy, Stupid, Love»: Ryan Gosling als Ken.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Für einen kurzen Moment in der vergangenen Woche waren sich alle einig. Die Nörgler, die Besserwisser, die Zyniker: alle brachen im Netz spontan in Jubel aus. Der Grund? Ein Foto. Beziehungsweise, um es dem Aufruhr entsprechend zu sagen: DAS FOTO!!!

Es zeigt Ryan Gosling in seiner neuesten Rolle: Er spielt Ken, den Freund von Barbie. Er lehnt auf dem Foto lässig an einer pinkfarbenen Säule und blinzelt in die Sonne. Die Haare sind platinblond, noch etwa vier Schattierungen heller als in «The Place Beyond the Pines». Arme und Sixpack sind wie aus Knetmasse modelliert, noch praller als in «Crazy, Stupid, Love». Über diesem haarlosen, brathähnchenfarbenen Body trägt er etwas, das noch lächerlicher aussieht als die Satin-Jacke mit dem eingestickten Skorpion aus «Drive»: eine Weste aus Stonewashed-Denim. Es ist, als parodiere sich Gosling selbst.

Der Aufruhr ist dennoch beachtlich. Nicht zuletzt, weil der Film nicht gerade übermorgen anläuft – sondern in einem Jahr. Und viel weiss man darüber bisher nicht.

Das wenige hat es allerdings in sich. Das Drehbuch hat Greta Gerwig mit ihrem Mann geschrieben, die beiden sind bekannt für oscarnominierte Indie-Hits wie «Lady Bird» oder «Marriage Story». Margot Robbie produziert den Film, sie spielt auch Barbie selbst (was auf den wenigen Fotos, die es bisher gibt, ebenfalls wie die absolute Perfektion wirkt).

Die Outfits in seinen Filmen gestaltet er oft selbst

Ansonsten kennt man nur Gerüchte von diversen Filmfestivals: Es wird offenbar mehrere Barbies und Kens geben. Also nicht nur die platinblonde Version von Robbie und Gosling. Der restliche Cast ist so divers und prominent, wie man ihn sich 2022 nur wünschen kann: Der chinesischstämmige Actionstar Simu Liu ist dabei, die berühmte Transfrau Hari Nef, ausserdem Ncuti Gatwa aus «Sex Education». Barbie, das Tussi-Spielzeug schlechthin, wird also inszeniert von und mit den aktuell gefragtesten Talenten des anspruchsvollen Hollywoodkinos.

Das erklärt zumindest einen Teil des Jubels um DAS FOTO. Den anderen Teil erklärt vielleicht nur der Phänomen und Meme gewordene Schauspieler Ryan Gosling.

Er macht ja eher wenige Filme (der letzte war «First Man» und kam 2018 raus). Dafür ist fast jeder davon stilistisch bis ins kleinste Detail durchdacht. Die Outfits in seinen Filmen gestaltet er oft selbst, und jeder, der den Film gesehen hat, erinnert sich auch zehn Jahre später noch an die rote Bikerjacke in «The Place Beyond the Pines» oder die Skorpionjacke aus «Drive» (die angeblich 20-mal umgeschneidert werden musste, bis sie ihm gefiel).

Mix aus stählernem Body und femininen Gesichtszügen

Ein Magazin schrieb übrigens mal, Gosling sei «für Jacken das, was Jack Nicholson für Sonnenbrillen ist». Also eine Art Proto-Träger, für den das Produkt quasi erfunden wurde. Insofern dürften Stonewashed-Westen schon bald ausverkauft sein.

Der eigenartige Sonderstatus des Mannes rührt vielleicht auch daher, dass er fast genauso viele schrullige Indie-Filme gemacht hat wie fürchterliche Mainstream-Schmonzetten («Lars und die Frauen», «Crazy, Stupid, Love»). Er hat Filme wie «Bladerunner 2049» in der Vita, aber eben auch «Young Hercules». Er weiss also offenbar, was gut ist – drückt aber auch mal ein Auge zu. Sind wir nicht alle ein bisschen wie er?

Der Gosling-Mix aus stählernem Body und femininen Gesichtszügen korrespondiert dabei wunderbar mit den kaputten Typen mit gutem Herz, die er meist spielt, und die – Achtung, noch ein Sympathie-Booster! – am Ende auffallend selten das bekommen, was sie 90 Minuten lang wollten (meistens die Frau, das Geld oder beides).

Damit passt Gosling eigentlich ganz gut zu Barbie. Auch die Puppe changiert zwischen Trash und Zeitgeist. Obwohl sie unter Bildungsbürgern bald als Tussi-Accessoire galt, war sie ursprünglich mal als Gegenbild zur gängigen Babypuppe gedacht. Barbie war von Anfang an berufstätig, immer unverheiratet und lebt bis heute allein. Der gute Ansatz wurde dann freilich dem Körper- und Konsumkult geopfert, heute ist Barbie für viele der Inbegriff eines veralteten Frauenbilds – und mitschuldig an Essstörungen und der pinken Einrichtung von Millionen Kinderzimmern.

Kurz gesagt: Wer heute «Barbie» hört, denkt an das Schlimmste, wer «Ryan Gosling» hört, an das Beste. Wer mit diesem Kontrast im Kopf dann noch DAS FOTO sah, fühlte unweigerlich, was wir in diesem Sommer alle mal wieder fühlen sollten: Vorfreude.