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Kolumne «Heute vor»
Vor 65 Jahren bescherte sich Horgen die erste Kläranlage zu Weihnachten

Ein Weihnachtsgeschenk der Extraklasse – die Horgner Kläranlage, die auch hier im Jahr 2020 noch genutzt wurde.

In Zeiten von Amazon, Zalando und Tausenden anderen Onlinehändlern lässt sich das Weihnachtsgeschenk für die Tante, die man ohnehin nur an diesem einen Tag im Jahr sieht, auch locker noch am 23. Dezember per Express bestellen. Nicht so im Jahr 1957, als die Geschenke noch persönlich gekauft – oder noch besser – in aufwendiger Handarbeit selbst gemacht wurden.

So wurden bereits Mitte November sechs Kinder in einer Umfrage des damaligen «Kinder-Magazins» der rechtsufrigen «Zürichsee-Zeitung» gefragt, was sie denn «auf Weihnachten schenken». «Nicht alle wollten ihre Pläne ausplaudern», schreibt die Autorin, doch einige verrieten, was sie bereits seit Wochen insgeheim planten.

Der 9-jährige Niklaus zum Beispiel erzählte: «Ich habe schon lange mit den Weihnachtsarbeiten angefangen. Ich würde sonst nicht fertig damit.» Dieses Jahr backe er Guetzli für die Verwandten, die er dann in «Trucke» abfüllen möchte. Ausserdem habe er bereits im Sommer Steine im Bach gesammelt, mit denen er dann die Guetzli-Dosen noch auffüllen möchte. Renée hingegen strickte Kleiderbügel, die Geschwister Trudi und Hansli klebten Papierservietten für das «Muetti». Der 12-jährige Hans-Peter war sich dagegen sicher, mit seinem «glatten Geschenk», einer selbst gebastelten Kartothek für die Rezepte der Mutter, zu überzeugen.

Ganz andere Probleme hatte indes die Gemeinde Horgen. Entgegen aller Festlichkeit stimmte diese nämlich vor 65 Jahren genau einen Monat vor Heiligabend über die erste Kläranlage des linken Seeufers ab. «Die Abwasserreinigung ist ein dringendes Gebot der Zeit, weil sonst katastrophale Verhältnisse bezüglich der Bevölkerung eintreten könnten», schreibt der Autor, der auf einer ganzen Seite über das Vorhaben «Kläranlage Horgen-Oberrieden» orientierte. 

Seit der Einführung des Spülklosetts und der parallel steigenden Nachfrage an Trinkwasser aus dem See sei der Wasserbedarf 25 Mal höher geworden. «Die Selbstreinigung durch unsere öffentlichen Gewässer ist erschöpft», erklärt er weiter. Es werde schon lange nicht mehr alles Dreckwasser in Richtung Zürich weggespült. 

Auch der Präsident der Gesundheitsbehörde Horgen kommt im Artikel zu Wort. Neben problematischen Fäkalien warnte dieser auch inständig vor Industrieabwasser, welches dem linken Seeufer vor 65 Jahren noch immer Schwefel, Ammoniak, Säuren und Teer beimischte. «Wir sehen daraus, welch furchtbaren Missbrauch der Mensch mit seinem Wasser getrieben hat», sagt er. Über das 3 Millionen teure Weihnachtsgeschenk wurde in diesem November jedoch erst beschlossen. Mit dem Bau der geplanten Kläranlage könne frühestens im Jahr 1959 begonnen werden.