Repräsentative UmfrageHälfte der Schweizer will Kampfjets kaufen – noch vor Abstimmung
49 Prozent der Teilnehmenden wünschen, dass der Bundesrat den Vertrag für die F-35 rasch unterschreibt, auch wenn dagegen noch Unterschriften gesammelt werden.
Der Kaufvertrag für 36 neue Kampfflugzeuge ist fertig ausgehandelt. Verteidigungsministerin Viola Amherd hätte ihn längst unterzeichnen können. Aber noch sammelt die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) Unterschriften gegen die F-35. Der Bundesrat hat deshalb mit dem Okay für das 6-Milliarden-Geschäft zugewartet – bis am 24. Februar der Krieg in der Ukraine ausbrach. Seither macht Amherd Druck: Sie rief das Initiativkomitee auf, die Unterschriftensammlung abzubrechen.
Nun zeigt eine repräsentative Online-Umfrage von «20 Minuten» und Tamedia, dass die Frage heiss umstritten ist: 49 Prozent wünschen sich einen Kauf, ohne die Initiative abzuwarten. 47 Prozent sind dagegen.
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Die Anhängerschaft von SVP, FDP und Mitte ist dabei klar für eine Beschleunigung des Kampfjetkaufs. SP und Grüne noch klarer dagegen. Bei den Grünliberalen ist das Verhältnis annähernd ausgeglichen, mit leichten Vorteilen für die Gegner.
Für den SVP-Sicherheitspolitiker Mauro Tuena steht ohnehin fest, dass der Kauf der F-35 unabhängig von der Initiative demokratisch legitimiert ist: «Die Beschaffung und der Kostenrahmen wurden 2020 vom Volk in einer Referendumsabstimmung angenommen.»
Der Präsident der nationalrätlichen Sicherheitskommission will deshalb vorwärtsmachen: Der Ständerat soll im Rahmen der Armeebotschaft die Kaufermächtigung in der Sommersession erteilen, der Nationalrat in der Herbstsession. «Frau Amherd wird am 30. September 2022 nach dem Mittagessen den Kaufvertrag unterschreiben können.»
GSoA-Sekretärin Anja Gada widerspricht: «Die Unterschriftensammlung läuft gut: Trotz Corona-Pandemie werden wir die Initiative in den Sommermonaten einreichen können – nach nur einem Jahr.» Damit sei eine Abstimmung vor dem Ablauftermin der F-35-Offerte im März 2023 durchaus noch möglich: «Bundesrat und Parlament können zeigen, dass ihnen die demokratischen Rechte wichtig sind, indem sie den Prozess rasch vorantreiben.»
Klare Mehrheit gegen Waffenlieferungen
Bei der Frage, ob die Schweiz Waffen in die Ukraine schicken soll, ist für die Schweizerinnen und Schweizer der Fall klar: Direkte Lieferungen kommen für drei Viertel nicht infrage. In keiner der grossen Parteien findet sich für die Forderung eine Mehrheit.
Differenzierter fällt die Antwort aus, wenn gefragt wird, ob Deutschland Schweizer Munition in die Ukraine liefern können soll. Das ist heute mit der Neutralität nicht vereinbar. Aber Mitte-Präsident Gerhard Pfister hat als Erster öffentlich gefordert, dass die Gesetze entsprechend angepasst werden sollen. Zwar sprechen sich 50 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer in der Tamedia-Umfrage dagegen aus. Aber eine grosse Minderheit von 45 Prozent ist für solche indirekten Lieferungen von Kriegsmaterial.
Gerhard Pfisters Vorpreschen deckt sich dabei mit der Haltung der Basis seiner Partei: 54 Prozent der Mitte-Anhänger sprechen sich für eine entsprechende Lockerung der Gesetze aus. Deutlich dagegen sind aber die Sympathisantinnen und Sympathisanten der SVP.
Am meisten Unterstützung erzielt das Anliegen bei der Basis der Grünliberalen: Hier sprechen sich 57 Prozent dafür aus. GLP-Fraktionspräsidentin Tiana Angelina Moser sieht sich durch die Umfrage darin bestätigt, dass die Bevölkerung die Frage umtreibt, wie die Schweiz Neutralität künftig auslegen soll. «Für uns zählt dazu auch der Export von Rüstungsgütern unter strengen Rahmenbedingungen an Demokratien, die sich verteidigen.» Dabei hätten Schutzwesten oder Helme sowie die Exportbewilligungen für Drittstaaten Priorität.
Sogar bei den Grünen hält eine hauchdünne Mehrheit indirekte Waffenlieferungen für sinnvoll. Für die grüne Sicherheitspolitikerin Marionna Schlatter sind die Umfragewerte Ausdruck davon, dass die Bevölkerung und auch die Basis ihrer Partei mit der Ukraine solidarisch sind. Aber: «Die Debatte über Waffenlieferungen ist ein durchsichtiges Ablenkungsmanöver, um die Geschäfte mit Russland zu schonen.»
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