Vierter Fall in der Schweiz gemeldetWHO: Affenpocken-Fälle könnten nur «Spitze des Eisbergs» sein
Bisher betrafen die meisten Fälle Männer, die Sex mit Männern haben. Die Aids-Hilfe Schweiz und Pink Cross haben nun eine Präventionskampagne in der Schweiz gestartet.
Mittlerweile sind vier Affenpocken-Fälle in der Schweiz bekannt. Den vierten Schweizer Fall vermeldete das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) am Freitagabend. Zur Person machte das EDI in der Mitteilung keine Angaben.
Davor hatte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) am Donnerstagabend den letzten Fall bestätigt. Der Betroffene ist ein 42-jähriger Mann aus dem Kanton Zürich, der sich wahrscheinlich im Ausland mit dem Virus angesteckt hat, wie die Zürcher Gesundheitsdirektion am Freitag auf Twitter mitteilte.
Auch bei den anderen Fällen aus Bern und Genf handelt es sich um Männer, die sich mutmasslich im Ausland mit dem Virus ansteckten.
Laut EU-Gesundheitsbehörden sind unterdessen mehr als 200 Fälle von Affenpocken ausserhalb Afrikas bestätigt worden. Insgesamt 19 Länder, in denen die Krankheit normalerweise nicht vorkommt, hätten mindestens einen Fall bestätigt.
Bisher betrafen die meisten Fälle Männer, die Sex mit Männern haben, wie das Europäische Zentrum für die Prävention und die Krontrolle von Krankheiten (ECDC) am Mittwochabend mitteilte.
Präventionskampagne gestartet
Das BAG hat deshalb die Aids-Hilfe Schweiz mit der Durchführung einer Präventionskampagne betraut, die eine Stigmatisierung von schwulen und bisexuellen Männern verhindern soll, wie aus einer gemeinsamen Mitteilung der Aids-Hilfe und von Pink Cross hervorging.
Bereits habe man die mit der Aids-Hilfe verbundenen Gesundheitszentren und Checkpoints informiert, sagt Andreas Lehner, Geschäftsleiter der Aids-Hilfe Schweiz, auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Zudem versuche man Männer, die Sex mit Männern haben, gezielt online wie auch an einschlägigen Treffpunkten zu informieren.
Ein spezielles Augenmerk richte man bei der Kampagne darauf, dass Schwule und Bisexuelle nicht stigmatisiert werden, so Lehner weiter. Im Zuge der Aids-Krise sei es zu solchen Stigmatisierungen gekommen. Das gelte es zu verhindern. Zudem könne es nach dem aktuellen Stand des Wissens auch reiner Zufall sein, dass sich bisher vor allem Männer infizierten, die Sex mit Männern haben.
WHO: Affenpocken-Fälle könnten nur «Spitze des Eisbergs» sein
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat derweil am Freitag davor gewarnt, dass die Verbreitung der Affenpocken erst begonnen haben könnte. «Wir wissen nicht, ob wir gerade nur die Spitze des Eisbergs sehen», sagte Sylvie Briand, Direktorin der WHO-Abteilung zur Vorbereitung auf Infektionsgefahren, am Freitag bei der Weltgesundheitsversammlung in Genf. Briand äusserte aber die Hoffnung, dass die Verbreitung bald gestoppt werden könnte.
Die derzeitige Ausbreitung des Affenpocken-Virus sei «ungewöhnlich», sagte Briand. Seit Grossbritannien am 7. Mai die erste Affenpocken-Ansteckung meldete, wurden der WHO 200 Fälle aus Ländern gemeldet, in denen sich das Virus üblicherweise nicht verbreitet.
Die Verbreitung sei «immer noch ganz am Anfang», sagte Briand am Freitag. «Wir wissen, dass es in den kommenden Tagen weitere Fälle geben wird», sagte sie weiter – ergänzte aber, es gebe keinen Grund zur Panik. Die breite Bevölkerung müsse «keine Angst haben». Weiter sagte sie: «Es ist nicht Covid-19 oder eine andere Krankheit, die sich schnell verbreitet.»
Experten versuchen demnach weiter herauszufinden, was die derzeitige ungewöhnliche Verbreitung verursacht habe. Die ersten Untersuchungen hätten aber keine Hinweise auf eine Veränderung oder Mutation des Virus geliefert. «Wir haben eine gute Chance, die Übertragung jetzt zu stoppen», sagte Briand weiter. «Wenn wir jetzt die richtigen Massnahmen ergreifen, können wir das auf einfache Weise eindämmen.»
Affenpocken sind verwandt mit den Pocken, an denen jahrhundertelang jährlich Millionen Menschen starben, bis die Krankheit 1980 ausgerottet wurde. Die Affenpocken sind aber erheblich weniger gefährlich. Die meisten Erkrankten erholen sich innerhalb weniger Wochen wieder, ein tödlicher Verlauf ist selten.
SDA/oli
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