Raus aus dem Beizen-LockdownViel Kritik der Kantone am Lockerungsplan des Bundesrats
Aussenbereiche aufmachen und Gastronomiebetriebe trotzdem entschädigen – folgt der Bundesrat am Mittwoch der Mehrheit der Kantone, müssen Wirtinnen und Wirte nicht mehr allzu lange warten.
Vergangenen Mittwoch hat der Bundesrat seinen Plan für den Ausstieg aus dem Lockdown bekannt gemacht. Bis Sonntagabend hatten die Kantone Zeit, ihre Meinung dazu dem Bundesrat mitzuteilen: Sie wollen forschere Öffnungsschritte, wie sich nun aufgrund dieser Vernehmlassungsantworten zeigt.
Die Konferenz der Gesundheitsdirektoren (GDK) hat die Antworten aller Kantonsregierungen anonymisiert zusammengefasst. Laut der GDK sind zwar 14 Kantone «ganz oder teilweise einverstanden» mit der Strategie des Bundesrats. Bei der Gastronomie jedoch, dem umstrittensten Teil des Konzepts, verlangt die Mehrzahl ein forscheres Vorgehen. Dies betrifft insbesondere die Aussenbereiche der Restaurants. Wie die GDK schreibt, spricht sich eine «knappe Mehrheit» der Kantone für eine Öffnung per 1. März aus. Der Bundesrat wollte frühestens auf Anfang April einen entsprechenden Schritt ins Auge fassen.
Interessant: Die Berner wollen, entgegen ihrem Ruf, rascher vorwärtsgehen als etwa die Zürcher. Aus Berner Regierungskreisen war zu hören, dass die Terrassen und Vorplätze von Restaurants per 1. März öffnen sollen. Der Zürcher Regierungsrat gehört derweil zur Minderheit jener Kantone, die sich hinter den langsameren Öffnungsfahrplan des Bundesrats stellen. Während Basel-Stadt seine Haltung vorerst nicht kommuniziert, beantragt die Baselbieter Regierung dem Bund, die Aussenbereiche von Restaurants mit Bedienung bereits im ersten Öffnungsschritt, also ab 1. März, zu erlauben.
Damit steht der Bundesrat vor der heiklen Frage, ob er am Mittwoch den Stellungnahmen der Kantonsmehrheit nachkommen will – oder ob er an seinem Plan für eine behutsamere Öffnung festhalten will. Letzteres dürfte ihm deshalb schwerfallen, weil neben den Kantonen auch die Wirtschaftsverbände eine schnellere Schrittkadenz beim Marsch aus dem Beizen-Lockdown anschlagen wollen.
Für eine rasche Öffnung der Beizenvorplätze spricht gemäss diversen Kantonen auch die Beilegung des sogenannten Terrassenstreits. Einige Berg- und Tourismuskantone erlauben es bereits heute, Terrassen offen zu halten, obwohl der Bund dies offiziell verbietet. Die GDK schreibt zum derzeit schwelenden Konflikt zwischen Bund und einem Teil der Kantone nüchtern, «die Problematik der Terrassengastronomie in den Skigebieten» würde mit einer Lockerung per 1. März gelöst.
Berechtigte Hoffnungen?
Der Ausgang der Bundesratssitzung vom Mittwoch ist noch offen. Und trotzdem dürfen Gastrobranche und Gäste aufgrund der Stellungnahmen der Kantonsregierungen sowie des Gewerbes und der Wirtschaft darauf hoffen, dass der Bundesrat die Aussenbereiche der Restaurants bereits auf den 1. März hin öffnen wird statt erst am 1. April.
Uneinheitlich ist derweil die Meinung unter den Kantonen, wie rasch und nach welchen Kriterien weitere Lockerungsschritte erfolgen sollen. Eine knappe Mehrheit der Kantonsregierungen ist der Meinung, dass der Bundesrat nicht stur an 4-Wochen-Intervallen festhalten soll. Die Rede ist gemäss Mitteilung der GDK von «elastischeren Zeitintervallen». Eine Minderheit der Kantone will sogar Öffnungsschritte alle zwei Wochen.
Totalöffnung ab 1. April?
Keine Illusionen machen sich die Kantonsregierungen offenbar über die finanziellen Verhältnisse vieler Gastronomiebetriebe. So schreibt die GDK dem Bundesrat, er solle aufgrund der Forderung diverser Kantone klären, ob Gastronomiebetriebe, die ihre Aussenbereiche öffnen, weiterhin in den Genuss von Härtefallmassnahmen kommen können. Es sei nicht davon auszugehen, dass allein mit Terrassen ein rentabler Betrieb möglich sei. Die Frage, ob Restaurants auch nach einer Teilöffnung noch Anrecht auf Entschädigung haben, ist aus Sicht der Kantone nicht abschliessend geklärt.
Wie viele Kantone für eine generelle Öffnung der Restaurants ab dem 1. April sind, bleibt aufgrund der GDK-Mitteilung unklar. Ihr zufolge findet eine «Mehrheit der Kantone, die sich im März ausschliesslich für die Öffnung der Aussenbereiche von Restaurants aussprechen», dass spätestens im April eine vollständige Öffnung «eine Option darstellen» müsse. Hinzu gesellen sich aber auch noch Kantone wie Aargau oder Tessin, die die Terrassen im März noch geschlossen halten wollen, im April aber eine vollständige Gastroöffnung fordern. Auf sie geht die GDK in ihrem Bericht nicht ein.
Schutzkonzepte sollen weiter gelten
In einem Punkt scheinen sich die Kantone einig: Die Infektionszahlen sollen landesweit so tief wie möglich gehalten werden. Nötig seien dazu Schutzkonzepte, wie sie heute gelten oder bereits vor dem Lockdown in Restaurants zur Anwendung kamen. Verhindert werden solle damit ein Jo-Jo-Effekt, also das Verhängen neuer Einschränkungen, nachdem soeben erst gelockert worden sei. Nötig sei dafür ein «landesweit abgestimmtes Vorgehen ohne kantonale Differenzierungen».
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