Verrückte Szenen beim 4:3-SiegJonathan Ang – oder wenn ein Klotener freiwillig zur Strafbank fährt
Ein Penaltyschütze, der nicht hätte antreten dürfen. Ein Tor, das immer wieder aus der Verankerung fällt. Und ein Kloten, das nie aufgibt. Das Duell mit Lugano bot so einiges.
Das Fazit eines neutralen Beobachters in Kloten hätte nach zwei Dritteln vernichtender kaum sein können. Das Spiel? Es plätschert vor sich hin. Das Niveau? Bescheiden. Emotionen? Kaum vorhanden. Überhaupt, so der Mann, dauere es ja noch fünf Monate, bis es wirklich ernst gelte. Was er ausblendet? Für Kloten geht es schon jetzt um jeden Punkt. Und was am Samstag scheinbar zaghaft begann, mündete in einem Spektakel.
Für Diskussionsstoff sorgte etwa Lugano-Keeper Mikko Koskinen, der im letzten Abschnitt immer wieder den Unmut des Publikums auf sich zog. Nach einer Topchance Dominik Diems verlor der Finne seinen Stock, musste 20 Sekunden lang ohne diesen auskommen und verschob schliesslich sein Gehäuse mit der Hand. Die Schiedsrichter taxierten die Aktion mit zwei Strafminuten. Koskinen protestierte, führte vor, wie leicht sich das Tor verschieben lässt. Doch erst 22 Sekunden später und nachdem das Tor ein drittes Mal aus der Verankerung gefallen war, wurde der Eismeister herbeigerufen. Danach hielt das Gehäuse. Zumindest bis Kloten 13 Sekunden vor Ende der regulären Spielzeit abermals gefährlich vor Koskinen erschien.
«Es kann passieren, dass das Tor aus der Verankerung fällt, wenn man mit vollem Körpergewicht vom einen zum anderen Pfosten verschiebt. Das wäre keine Strafe. Es ist für die Schiedsrichter nicht leicht zu erkennen», gibt sich Klotens Captain Steve Kellenberger diplomatisch, sagt aber auch: «Unserem Torhüter ist es auf dieser Seite des Feldes kein einziges Mal passiert.»
Entscheidenden Charakter hatten die Aktionen nicht. Kloten verpasste es, die Überzahl auszunutzen, und geriet, kaum war Lugano komplett, in Rückstand. Es schien, als hätten die Zürcher Unterländer, die bei Spielhälfte noch 2:0 in Führung lagen, den Sieg endgültig aus der Hand gegeben. Doch es passte, dass das Duell abermals eine Wendung nahm.
Der erst 20-jährige Mischa Ramel glich nach einer feinen Einzelleistung Diems aus. Kloten überstand zum Ende der normalen Spielzeit eine doppelte Unterzahl, musste jedoch auch in der Verlängerung mit einem Mann weniger auskommen. Dieses Mal traf es Jonathan Ang. Weshalb, wusste der Kanadier, der einen Gegenstoss zu unterbinden versuchte, nicht. Dennoch fuhr er brav zur Strafbank und schaute sich von dort aus die Szene auf dem Videowürfel noch einmal an. Plötzlich zeigte der sonst so besonnene Ang Emotionen. Er hämmerte mit den Fäusten gegen das Plexiglas und fluchte: «Bullshit!»
«Der Schiedsrichter meinte, er hätte Ang gar nicht rausgestellt. Er sei selbst zur Strafbank gefahren.»
Es war Teamkollege Lucas Ekestahl-Jonsson, der für einen Stockschlag hätte belangt werden müssen. Weil die Strafe gegen Ang nach Ende der Verlängerung noch nicht abgelaufen war, durfte der Stürmer dann auch nicht zum Penaltyschiessen antreten. Captain Kellenberger suchte das Gespräch mit den Unparteiischen und hätte sich dabei fast einen Restauschluss eingehandelt. Kellenberger: «Der Schiedsrichter meinte, er hätte Ang gar nicht rausgestellt. Er sei selbst zur Strafbank gefahren. Man kann doch keine Strafzeiten aussprechen, wenn man nicht weiss, was geschehen ist.»
Marchon wegen Vergehen an Schiedsrichter gesperrt
Ironie des Schicksals? Ekestahl-Jonsson, der nicht mehr auf dem Eis hätte stehen dürfen, trat als erster Klotener Penaltyschütze an – und verwertete prompt. Dabei nahm der sich in einer Formkrise befindende Schwede zuvor bloss die Rolle des siebten Verteidigers ein. Er kam zu etwas mehr als zehn Minuten Eiszeit. Eine erstaunliche Massnahme des neuen Trainers Gerry Fleming.
Letztlich war es Tyler Morley, der das Spiel zugunsten Klotens entschied. Der EHC zeigte eine Reaktion auf die 1:5-Derby-Niederlage gegen den ZSC und weist nun vier Punkte mehr auf als zum selben Zeitpunkt vor einem Jahr. Trotzdem besteht Steigerungspotenzial, insbesondere im Spiel in der eigenen Zone. Da machen es die Unterländer den Gegnern nach wie vor zu leicht. «Nur zwei oder drei Tore entstanden nach groben Fehlern. Alle anderen, weil der Gegner ungehindert nachsetzen konnte. Das ist nicht akzeptabel», kritisiert Kellenberger.
Steigerungspotenzial, und das hat die Partie gegen Lugano ebenfalls gezeigt, haben auch die Männer in den schwarz-weiss gestreiften Shirts. Nicholas Steiner wurde für seinen Crosscheck an Calle Andersson auf Antrag des Player Safety Officers nachträglich mit einer Spieldauerdisziplinarstrafe belegt. Marc Marchon, der nach einem Faustkampf mit ZSC-Stürmer Justin Sigrist unter der Dusche landete, soll im Derby einen Schiedsrichter angegangen haben. Er wurde vorsorglich gesperrt und wird mindestens die Partie am Dienstag in Genf verpassen.
Positiv dafür? David Reinbacher wird von Montreal definitiv für die Saison an Kloten ausgeliehen und soll bereits am Freitag in Biel im Einsatz stehen.
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