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Missglückter Feuerlauf am Zürichsee
Auch der Chef hat sich die Füsse verbrannt

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Das haben sich die Verantwortlichen der Werbe­vermarktungs­firma Goldbach Group anders vorgestellt. Nach der langen Corona-Homeoffice-Zeit freute man sich am Firmenhauptsitz in Küsnacht, endlich wieder einmal alle Verkäuferinnen und Verkäufer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz physisch zusammenzuführen. Ausgewählt haben sie sich für das Treffen den idyllisch gelegenen Landgasthof auf der Halbinsel Au am gegenüberliegenden Seeufer.

Weil sich die meisten der rund 150 Angestellten seit zwei Jahren nicht mehr getroffen hatten, sollte der Teambildungsevent auch etwas Spezielles bieten. Und man engagierte einen Veranstalter für sogenanntes Feuerlaufen. Dabei wird mit Holz ein Feuer gemacht. Wenn nur noch Glut übrig ist, werden die Reste der verkohlten Scheite zu einem Teppich ausgebreitet. Dann gehen die Menschen barfuss über die glühende Asche.

Die Motivation, das zu tun, ist meist die Überwindung von Ängsten, die Stärkung des Selbstvertrauens, die Überwindung von persönlichen Grenzen. Auch wenn nicht klar ist, weshalb: Im Normalfall überstehen die Feuerläuferinnen und -läufer den Gang über die heisse Kohle ohne Verbrennungen.

Riesiges Notfallaufgebot

Am Dienstagabend auf der Halbinsel Au kam es anders. Etwa die Hälfte der anwesenden Angestellten entschied sich, beim freiwilligen Feuerlaufen mitzumachen. Ein schlechter Entscheid, denn am Ende erlitten etwa 30 von ihnen zum Teil schwere Verbrennungen. 13 Personen mussten ins Spital gebracht werden.

Grosseinsatz am Dienstagabend: Die Einsatzkräfte von Schutz & Rettung Zürich mussten bei der Halbinsel Au 30 Personen mit Verbrennungen verarzten.

Gegenüber «20 Minuten» äusserte sich eine Teilnehmerin. Nachdem sie über die glühenden Kohlen gegangen sei, habe sie ihre Füsse wie alle anderen im Wasser gekühlt. Doch dann habe sie festgestellt, dass die Schmerzen nicht kleiner, sondern sogar noch stärker wurden. «Die Betroffenen hatten grosse Blasen an den Füssen», sagt sie.

Firmensprecherin Iris Blättler bestätigte den Vorfall: «Wir können derzeit sagen, dass es keine Schwerverletzten gab.» Zudem habe am Mittwochnachmittag die letzte verletzte Person das Spital wieder verlassen können. Über den Veranstalter, der den Feuerlauf durchgeführt hat, machte sie keine Angaben.

«Als wir merkten, dass etwas nicht stimmt, riefen wir sofort Polizei und Sanität.»

Michi Frank, CEO Goldbach Group

Michi Frank, CEO der Goldbach Group, die wie diese Zeitung zur TX Group gehört, bedauert den Vorfall: «Es tut mir furchtbar leid für alle Betroffenen, und ich hoffe, dass sich bald alle wieder erholen werden.» Er und seine Mitarbeitenden seien seit dem Vorfall im engen Austausch mit allen Betroffenen.

Frank ist selber auch über die glühenden Kohlen gegangen und hat später ebenfalls Blasen an den Füssen bekommen, wie er bestätigt. «Als wir merkten, dass etwas nicht stimmt, riefen wir sofort Polizei und Sanität.»

Nur noch ein Haufen Kohle: Die Glut des Feuerlaufs vom Dienstagabend ist auch am Mittwochmorgen noch zu spüren.

Angesichts der vielen Verletzten rückten neben der Kantonspolizei Zürich auch zehn Rettungswagen, ein Grossraumrettungsfahrzeug, zwei Notarztequipen und ein Pikettoffizier von Schutz & Rettung Zürich, die Rettungsdienste Lachen, Zug, Männedorf und Regio 144 und eine gemischte Patrouille der Stadtpolizei Wädenswil und der Gemeindepolizei Horgen aus auf die Halbinsel Au.

Gemäss Medienmitteilung haben Spezialisten der Kantonspolizei nun Ermittlungen aufgenommen.

«So etwas darf nicht passieren»

Otto Gerber aus Wädenswil führt schon seit 36 Jahren Feuerläufe durch. Nicht aber diesen vom Dienstagabend, wie er auf Anfrage betont. «So etwas darf nicht passieren», sagt er. Verbrennungen dürften nicht einmal bei einer einzigen Person vorkommen – geschweige denn bei 30.

Bei einem Feuerlauf müsse der Coach als Erster über die Kohlen laufen, und das mindestens zweimal, erklärt Gerber den Ablauf. «Dann kann er erst abschätzen, ob die 700 Grad heisse Glut schadlos überquert werden kann.»

«Es liegt in der Verantwortung des Coachs, den richtigen Moment zu bestimmen. Geht man zu früh los, kann so etwas passieren.»

Otto Gerber, Feuerlauf-Coach

Auch die Gruppendynamik müsse stimmen, bevor es losgehe. «In den letzten 20 Minuten darf nicht mehr geredet werden. Das würde die Konzentration schwächen», sagt Gerber. Damit dies gelinge, gebe es Vorbereitungsübungen. «Es liegt in der Verantwortung des Coachs, den richtigen Moment zu bestimmen. Geht man zu früh los, kann so etwas passieren.»

Ein Feuerlauf helfe den Teilnehmenden, sich auf den Moment zu konzentrieren und die Kraft der Angst positiv zu nutzen, sagt Gerber. «Sie soll uns nicht lähmen, sondern uns die Energie geben, etwas trotzdem zu wagen. Abgesehen davon ist ein Feuerlauf einfach auch etwas Schönes. Ein einmaliges Erlebnis.»

So geht es weiter

Bei der Goldbach Group waren die Erfahrungen gegenteilig. Zu den Gründen, weshalb das Feuerlaufen auf der Au schiefgegangen ist, und dazu, ob Goldbach juristisch gegen den Veranstalter vorgeht, nahm die Firma noch keine Stellung.

Firmensprecherin Iris Blättler teilte lediglich mit: «Unser primärer Fokus liegt auf der Betreuung der Mitarbeitenden. In einem nächsten Schritt eruieren wir die Umstände und werden dann über das weitere Vorgehen entscheiden.»

Das letzte Feuerlaufunglück in der Schweiz geschah in Winterthur an einem «Team-Motivations-Weekend» eines Frauen-Unihockeyteams im Jahr 2003. Die Red Ants mussten danach auf eine Verteidigerin verzichten, die sich dabei verletzte.

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