Kolumne «Heute vor»Verfluchte Flachdächer und Vorsicht beim Baden
Ein Pfarrer aus Zumikon malt in den 60er-Jahren wegen Flachdachhäusern den Teufel an die Wand. Derweil versucht man, Italienerinnen und Italiener vor dem Badetod zu bewahren.
«Das Bodenständige, Charakteristische, Originale wird mehr und mehr verdrängt», schreibt der Zumiker Gemeindepfarrer in der rechtsufrigen «Zürichsee-Zeitung» im Juni 1962. Seine Empörung richtet sich dabei gegen den damaligen Gestaltungsplan von Zumikon, der für die bauliche Erweiterung des Dorfes zeitgemässe Flachdachhäuser vorsieht. Diese fremdartigen Neubauten hätten nichts Heimatliches an sich und seien ohne Seele, ohne Gemüt auf Nützlichkeit und Nutzbarkeit eingestellt, schreibt der Pfarrer. Die neuartige Architektur wolle aber nicht nur praktisch sein, sondern im Falle von Zumikon auch die bauliche Tradition der Steildächer zerstören.
Der Verfasser des Gastartikels sieht die künftigen Zuzüger aus Zürich in der Schuld, denn die Gestalt eines Hauses reflektiere irgendwie auch den Charakter der Bewohner. Wer in einem Flachdachhaus lebe, lebe im Dorf in einem städtischen Haus, bringe die Stadt ins Dorf. «Und das haben wir eigentlich in Zumikon nicht nötig», hält der Autor fest. Ländlicher Vorort und Vorstadtquartier seien zweierlei. Die Flachdächer besässen auch einen eminent psychologischen Charakter, sodass das Nebeneinander der beiden Stile, der beiden Lebensformen den Graben zwischen der Bevölkerung nur erweitern würde. Heute finden sich in Zumikon trotz der Warnungen viele Flachdächer, gegen die Erwartung des Pfarrers hat der Zusammenhalt der Bevölkerung den Wandel aber problemlos überstanden.
Am linken Seeufer ist man derweil nicht um Flachdächer, sondern um Menschenleben besorgt. Auch im Sommer 1962 suchen viele die Abkühlung im See. Über die Jahre haben sich aber zahlreiche Badeunfälle ereignet, wie am linken Ufer der «Allgemeine Anzeiger vom Zürichsee» berichtet. Dabei seien die Opfer vermehrt Italienerinnen und Italiener gewesen, die sich der Gefahren des Badens in unseren Regionen nicht bewusst seien. Allein über das vorige Wochenende seien erneut drei Italiener beim Baden ertrunken.
Die Unfälle seien meistens auf Verletzung der elementarsten Vorsichtsregeln zurückzuführen, weshalb der «Anzeiger» im Namen der Schweizerischen Beratungsstelle für Unfallverhütung dazu aufruft, italienische Mitbürgerinnen und Mitbürger auf diese hinzuweisen. So sollte man nie mit vollem Magen ins Wasser steigen und nach jeder Hauptmahlzeit etwa zwei Stunden warten. Zudem darf man die Temperatur nicht überschätzen und sollte langsam ins Wasser steigen. Auch sollten Nichtschwimmer ausschliesslich im Nichtschwimmerbecken baden, da Seen auch am Ufer plötzlich tief absacken können. Diese Regeln sind wohl auch in diesem Sommer 60 Jahre später noch genauso gültig – und natürlich nicht nur für Italiener.
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