Streit um Zürichs BegrünungVerein Stadtgrün hält an Initiative fest
Die Stadt Zürich will 130 Millionen Franken für Begrünungsprojekte aufwenden. Darüber, wer das Geld verteilen soll, gehen die Meinungen auseinander – entscheiden wird das Stimmvolk.
Eigentlich verfolgen alle Beteiligten das gleiche Ziel. Die Stadt Zürich soll grüner und kühler werden. Denn die Hitze und die mangelnde Luftqualität sind eine Bedrohung für die Menschen, und gegen den Klimawandel muss etwas unternommen werden.
Die Stadt Zürich hat verschiedene Ziele in die Gemeindeordnung geschrieben und einige Projekte angestossen. Doch dem Verein Stadtgrün geht das zu wenig schnell. Vor zwei Jahren reichte er eine Volksinitiative ein, quasi als Nachhilfe. Ein Prozent der jährlichen Steuereinnahmen (rund 30 Millionen Franken) sollen an eine Stiftung ausbezahlt werden. Diese soll mit Privaten und der Stadt Umweltprojekte planen, unterstützen und ausführen.
Die Ziele fand der Stadtrat gut, das Vorgehen nicht: Steuergelder könne man nicht an einen fixen Zweck binden. Und es sei besser, dass sich eine Abteilung mit 17,4 Vollzeitstellen innerhalb der städtischen Verwaltung um die Umweltprojekte kümmere. Dafür hat der Stadtrat einerseits einen direkten Gegenvorschlag ausgearbeitet, der vorsieht, weitere Umweltziele in der Gemeindeordnung aufzunehmen. Andererseits will der Stadtrat mit einem indirekten Gegenvorschlag bis 2035 Geld einplanen, um vier Programme umzusetzen:
Hitzemindernde Massnahmen auf öffentlichen Grünflächen und Strassen.
Beratung von Privaten, um hitzemindernde Massnahmen zu fördern.
Hitzemindernde Massnahmen bei Liegenschaften der Stadt.
Forschungs- und Pilotprojekte für hitzemindernde Massnahmen.
Der Gemeinderat schlug sich mit klarer Mehrheit auf die Seite des Stadtrats, erhöhte aber das eingeplante Geld von 83 auf 130 Millionen Franken. Viele gingen davon aus, dass auch der Verein Stadtgrün mit dieser Lösung leben kann und die Initiative zurückzieht. So hätte das Stimmvolk über die beiden Gegenvorschläge befinden müssen.
Der Verein Stadtgrün hält an Initiative fest
Doch nun teilt der Verein mit, man anerkenne zwar die vom Gemeinderat beschlossenen Verbesserungen, aber: «Wir halten an der Initiative fest.» Aus der am Freitag publizierten Mitteilung geht hervor, dass sich der Verein daran stört, dass innerhalb der Stadtverwaltung eine neue Abteilung geschaffen werden soll. «Ein externes Kompetenzzentrum würde sehr viel effizienter arbeiten», ist der Co-Präsident des Initiativkomitees, Beni Schwarzenbach, überzeugt. Bei einer neuen Abteilung innerhalb der Verwaltung mit 17,4 Vollzeitstellen gehe ein Drittel des Geldes auf die Personalkosten. «Eine Stiftung könnte sehr viel schlanker aufgestellt werden», sagt Schwarzenbach.
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Der wichtigste Grund sei aber, dass es einen niederschwelligen Zugang zu den zuständigen Stellen brauche, damit Gebäudebegrünungen nicht nur bei öffentlichen Bauten entstünden, sondern auch bei privaten Projekten. «Die Niederschwelligkeit ist der springende Punkt, den ein externes Kompetenzzentrum viel besser umsetzen kann als eine Behörde.»
Solche Stiftungen gibt es heute bereits, etwa die Stiftung Alterswohnungen oder die PWG. Juristisch handelt es sich bei den Mitarbeitenden dieser Stiftungen allerdings auch um städtische Angestellte.
Trotzdem ist man beim Verein Stadtgrün der Meinung, dass sich die städtischen Abteilungen zu stark miteinander konkurrenzieren würden. So sei etwa die Abteilung Grün Stadt Zürich zwar motiviert, Projekte zu planen und umzusetzen, werde aber regelmässig von Tief- und Hochbauamt ausgebremst. Diese Erfahrung habe auch der Co-Präsident des Vereins, Ernst Tschannen, gemacht, der 13 Jahre lang Direktor von Grün Stadt Zürich war, sagt Schwarzenbach. Ausserdem könne eine solche Stiftung auch Drittmittel generieren.
Komplizierte Ausgangslage für das Stimmvolk
So ergibt sich für das Stimmvolk im kommenden September eine etwas komplizierte Abstimmung. Es wird nicht nur über einen direkten (Ziele in der Gemeindeordnung) und einen indirekten Gegenvorschlag (130 Millionen Franken und 17,4 Vollzeitstellen), sondern auch über die ursprüngliche Initiative befinden müssen. Die Volksinitiative und der direkte Gegenvorschlag stehen dabei in direkter Konkurrenz. Werden beide angenommen, muss eine Stichfrage darüber entscheiden, was umgesetzt wird. Und nur wenn die Volksinitiative nicht umgesetzt wird, könnte der direkte Gegenvorschlag umgesetzt werden – sofern er denn eine Mehrheit findet.
Kommt die Volksinitiative nicht durch, will der Verein Stadtgrün weitere Optionen prüfen, wie man dennoch ein privates Kompetenzzentrum schaffen könnte. Denn für Beni Schwarzenbach ist klar: «Es muss sich schnell etwas ändern. Und das geschieht nicht, wenn sich nur eine Abteilung der Stadtverwaltung darum kümmert.»
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