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Velorennen auf der Skipiste
Wie ein fast 70-jähriger Schweizer an der WM talwärts rast

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Claude Gex wird in diesem Jahr 70. Und er ist ein bisschen verrückt, wenn es um Geschwindigkeiten geht. Im Sommer stürzt er sich mit dem Mountainbike Downhill-Strecken hinunter. Im Winter flitzt er über Skipisten. Und nun nimmt er an diesem Wochenende auch noch an der Snowbike-Weltmeisterschaft teil. Er findet: «Dafür ist man nie zu alt.»

Bei der Snowbike-WM im französischen Châtel fahren insgesamt 50 Athletinnen und Athleten auf dem Mountainbike eine Skipiste hinunter. Der Wettbewerb, organisiert vom internationalen Radsportverband UCI, ist eine Premiere. Und als die Startliste öffentlich wird, herrscht in der Szene Aufregung. «Wie kommt ein 63-Jähriger auf die Startliste? Was zur Hölle ist da los?», fragt jemand in einem der grössten Mountainbikeforen. Und ein anderer doppelt nach: «Da ist noch ein 70-Jähriger!»

Denn nach Frankreich reist Gex nicht allein, sondern als Teil eines Walliser Trios. Mit ihm ist Benoit Fellay – demnächst 63. Und Jonathan Moret, im Vergleich schon fast jugendliche 41 Jahre alt. 

Speedskifahrer Jonathan Moret (oben links) erreichte in dieser Disziplin an der WM 2023 eine Geschwindigkeit von mehr als 250 km/h. Claude Gex (rechts oben) wird im September 70 Jahre alt. Er gewann 2023 in seiner Altersklasse die Silbermedaille an der Downhill-WM in Argentinien. Benoit Fellay (unten) hat seit 2010 bei den Masters sechs Downhill-Weltmeistertitel gewonnen. Hinzu kommen drei Silber- und drei Bronzemedaillen.

Die drei haben sich einst beim Skifahren kennen gelernt und wagen seither ihre Abenteuer gemeinsam. Auf dem Motorrad, auf und neben der Skipiste, auf dem (Downhill-)Bike und nun eben am Wochenende.

Zwei Tage dauert die WM, in zwei Disziplinen müssen die Fahrerinnen und Fahrer antreten. Am Samstag steht ein Super-G an. Die knapp zwei Kilometer lange Piste hat einen Höhenunterschied von 600 Metern. Ähnlich wie bei den Skirennen beträgt der Abstand zwischen den Toren mindestens 25 Meter, die Teilnehmer werden so richtig in Fahrt kommen.

Nach dem Super-G folgt am Sonntag der Parallelslalom. Bei diesem Wettbewerb messen sich zwei Fahrer nebeneinander in zwei Läufen, mit einer Pistenlänge von 510 Metern ist die Strecke deutlich kürzer als am Samstag. In die nächste Runde kommt der Fahrer mit der schnelleren Gesamtzeit – bis der Sieger feststeht.

Die drei Walliser Claude Gex, Benoit Fellay und Jonathan Moret haben an der französischen Meisterschaft in Les Gets gemeinsam Wettkampfluft geschnuppert.

Dass ihre Kontrahenten weitaus jünger sind, beeindruckt die drei Walliser nicht sonderlich: «Wir haben keine Angst vor ihnen – und sie wohl vor uns auch nicht», scherzt Gex. Wobei ihm die Abenteuerlust ins Gesicht geschrieben steht, aber auch die Gelassenheit des Alters. Schliesslich sind er und Fellay abseits des Schnees Downhill-Routiniers. Seit Jahren stehen sie regelmässig auf dem WM-Podest. Zuletzt 2023 in Argentinien, wo beide Silber in ihrer Altersklasse gewannen.

Jonathan Moret ist nicht nur der «Jungspund» des waghalsigen Trios. Er ist auch der Novize auf dem Velo. «Ich fahre manchmal E-Bike wegen meiner beiden Kumpel, bin aber eher auf dem Motorrad unterwegs», sagt er. Und geht es um Tempo auf dem Schnee, hat Moret als Speed-Skifahrer eindeutig die Nase vorn: 2023 erreichte er an der Weltmeisterschaft eine Geschwindigkeit von mehr als 250 km/h.

Mit einem solchen Velo donnern die Snowbiker die Piste hinunter.

Das Regelwerk für die jüngste Disziplin des Radsportverbandes ist im Vergleich zu den traditionellen Sportarten überschaubar. So ist beispielsweise nicht vorgeschrieben, mit welcher Art Bike die Athletinnen an den Start treten müssen. Nur so viel: Es muss für beide Rennen dasselbe sein. Etwas konkreter ist das Reglement punkto Pneus: Erlaubt sind Spikereifen, wobei deren Nägel höchstens sechs Millimeter lang sein dürfen.

Die Konkurrenz der drei Walliser stammt mehrheitlich aus der Downhillszene. 43 Männer und sieben Frauen stehen auf der Startliste, darunter etliche Profis. Zu den Spitzenfahrerinnen gehört auch Lisa Baumann aus Neuenburg. Sie ist von Haus aus Downhillerin und hat 2023 EM-Bronze gewonnen. In den vergangenen Wochen hat sie einige Schneetrainings absolviert und sagt: «Da ist eine ganz andere Technik gefragt als auf den Trails. Besonders die Kurven sind bei diesem hohen Tempo extrem rutschig.»

Lisa Baumann ist von Haus aus Downhillerin. Nun wagt sie sich an der Snowbike-WM auf neues Terrain.

Auch wenn die neuen Rennen für Baumann nur ihrer Vorbereitung auf die anstehende Saison dienen, hat sie in Châtel ein klares Ziel: den Weltmeistertitel. Wie ihre Chancen stehen, vermag sie jedoch nur schwer einzuschätzen: «Wir wissen alle nicht genau, was uns erwartet.» Schliesslich ist die Weltmeisterschaft das allererste Snowbike-Rennen im Kalender des internationalen Radverbandes überhaupt. Dennoch winken den Fahrerinnen und Fahrern Weltcuppunkte, die sie in die Downhillsaison mitnehmen können – und Preisgelder in ähnlicher Höhe wie bei einer herkömmlichen WM.

Sowohl die Punkte als auch das Preisgeld sind für das Walliser Trio zweitrangig. Gex, Fellay und Moret geht es vor allem um Spass, ein weiteres Abenteuer – «und um eine Ladung Adrenalin».

Die Snowbike-WM in Châtel ist auf dem französischen Sender 8 Mont Blanc zu sehen.