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Quer-Fahrer am Mont Ventoux
Das Sackmesser-Supertalent klettert am legendärsten Tour-Berg allen davon

Wout van Aert fliegt den Mont Ventoux hoch.
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Nach aussen machen sie seit eineinhalb Wochen gute Miene zum bösen Spiel. Aber wie gut die allabendliche Stimmung beim Nachtessen der Jumbo-Visma-Fahrer wohl war? Praktisch jeden Tag konnte ein anderer Kandidat seine Wunden zeigen, die er unterwegs erlitten hatte.

Da war Tony Martin, der auf der Startetappe der bemitleidenswerte Fahrer war, der ins in die Strasse ragende Fanplakat hineinstürzte. Da war Robert Gesink, der zwei Tage später mit einer Handgelenksverletzung ausschied. Da war am selben Tag Primoz Roglic, der Leader der niederländischen Equipe und der erste Herausforderer von Tour-Titelverteidiger Tadej Pogacar.

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Der Slowene war schon bei den Massenstürzen am ersten Tag gestürzt, damals hatte er noch gescherzt («Damit habe ich das auch hinter mir»). Zu Sprüchen war er beim zweiten Mal nicht mehr aufgelegt: Das Foto von den grossflächigen Bandagen reichte. Nach der ersten Alpenetappe am Samstag quittierte er den Dienst – ohne Chancen, die Besten zu fordern.

Auf der Mont-Ventoux-Etappe geht es ähnlich weiter: Kurz nach dem Start stürzt Martin erneut, danach wackeln mehrere Zähne, er gibt auf. Die Tour und Martin, innige Liebe schaut anders aus: Bei 13 Starts erreichte er Paris nur gerade 7-mal. Blasen sie deswegen Trübsal bei Jumbo-Visma? Nein: Denn sie sind das individuell stärkste Team im Peloton. Und so zeigen die verbliebenen gelb-schwarzen Fahrer eben auf der grössten Bühne ihre Talente, also am Tag, an dem es zweimal über den Mont Ventoux geht.

Der doppelte Ventoux als Ziel

Wout van Aert hat schon am Vortag entschieden, sein Glück auf diesem Monster von einer Etappe mit mehr als 4500 Höhenmetern zu versuchen. Er schmuggelt sich in die Fluchtgruppe, wo er beim zweiten Ventoux-Aufstieg Ernst macht. Die Sonne brennt erbarmungslos nieder, am Fuss des Berges messen sie 35 Grad. Das hindert Van Aert nicht daran, sich nach und nach seiner Konkurrenten zu entledigen – und 14 Kilometer vor dem Gipfel den letzten Begleiter stehen zu lassen.

14 Kilometer sind eine Ewigkeit. Van Aerts Blick wird unterwegs so leer, wie es zu diesem kahlen Berg passt, auf dem nie etwas wachsen wird. Es ist die Definition des Tunnelblicks, die der Belgier da vorführt. Doch so leer sein Blick, so rund ist sein Pedaltritt: Er baut seinen Vorsprung Meter für Meter aus, in der Abfahrt hinunter zum Ziel muss er nicht mehr alles riskieren, um seine erste Tour-Bergetappe zu gewinnen.

Stehend über die Ziellinie: Etappensieger Wout van Aert.

Es ist der erwartete Sieg, nur dass dieser mit einer Woche Verspätung kommt. Van Aert hatte gehofft, im Zeitfahren zu brillieren – und Gelb zu übernehmen. Von Mathieu van der Poel, seinem Erz- und ewigen Rivalen. Die beiden bewegen sich gemeinsam in einsamen Velosphären. Sie duellierten sich im Radquer bis an die Weltspitze, nun folgt dasselbe auf der Strasse. Während Van der Poel das Vielseitigkeitsspielchen über die verschiedenen Disziplinen betreibt und im Quer, auf der Strasse und auch auf dem Mountainbike siegt – in Tokio peilt er in letzterer Disziplin Olympiagold an –, sticht bei Van Aert seine Vielseitigkeit auf der Strasse heraus.

Er ist damit ein unmöglich geglaubter Anachronismus. An der Tour gewann er 2020 drei Sprintetappen und war zeitweise auf Bergetappen Roglics wichtigster Helfer. An der Rad-WM holte er Silber im Strassenrennen und im Zeitfahren. Diese Saison gewann er im Frühling die Klassiker Mailand–Sanremo und Amstel Gold Race. An der Tour war er Vierter im Zeitfahren und am Tag vor seinem Ventoux-Coup Zweiter im Massensprint, nur ganz knapp bezwungen von Mark Cavendish. Zum Vergleich: Der Brite brauchte für den doppelten Mont Ventoux 40 Minuten länger als Van Aert. Der ist damit das Sackmesser unter den Supertalenten – mit seiner Vielseitigkeit kann selbst Maillot-jaune-Pogacar nicht mithalten.

Pogacars kleine Schwäche

Apropos: Der gibt seinen Konkurrenten völlig überraschend eine Portion Hoffnung. Nicht wegen des Teams Ineos-Grenadiers, das die ganze Etappe über Tempo machte, als habe es den Leader in seinen Reihen. Sondern wegen Jonas Vingegaard. Der 24-jährige Däne – genau: von Jumbo-Visma – attackiert zwei Kilometer vor dem Gipfel. Pogacar geht mit. Doch bei Vingegaards zweitem Antritt ist es um den Slowenen geschehen, er kann das Forcing nicht mitgehen. Bis zuoberst macht der Däne 40 Sekunden Vorsprung aus dieser allerersten kleinen Schwäche Pogacars.

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Dass dieser in der schnellen Abfahrt zusammen mit den nächsten Verfolgern den Rückstand wieder wettmacht, ist letztlich gar nicht so entscheidend. Denn die Botschaft an die bislang komplett unterlegene Konkurrenz ist abgeschickt: Ja, da ist noch eine kleine Chance. 5 Minuten Vorsprung hin oder her.

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