Schweizer hilft Grönland gegen Trump«Dänemark soll Kalifornien kaufen»: So kämpft ein Genfer gegen Trumps «obszöne» Eroberungsfantasien
Als Ausdruck von Solidarität startete Xavier Dutoit eine satirische Onlinepetition. Inzwischen haben schon 267’000 Menschen den Gegen-Kaufplan unterschrieben.

267’000 Menschen haben sich bereits in der Onlinepetition eingeschrieben, seit sie im Februar ins Leben gerufen wurde. «Denmarkification» (die Dänifizierung) titelt sie und hat ein hehres Ziel: «Måke Califørnia Great Ægain». Will sagen: Dänemark soll Kalifornien kaufen, und allen wäre gedient. Die Idee für diese Petition hatte ein Westschweizer, Xavier Dutoit. Ursprünglich wars ein Netzspässle und sollte Ausdruck von Dutoits Solidarität mit dem kleinen Völkchen in der Arktis sein, das von dem Polit-Bully Donald Trump gerade in Bedrängnis gebracht wird. Tell-geprägte Schweizer können da mitfühlen.
2019, in seiner ersten Amtszeit, hatte der US-Präsident erstmals das Begehren geäussert, Grönland mir nichts, dir nichts von Dänemark abzukaufen. Und er war «not amused», als Dänemark ihm dies mit klaren Worten abschlug und darauf verwies, dass die Grönländerinnen und Grönländer ein (fast) autonomes Volk sind, das selbst über ihr Schicksal entscheidet.
Überfallartige Besuche, unanständige Forderungen
Seit Amtsantritt im Januar drängelt Trump nun wieder regelmässig, er hat selbst die militärische Eroberung des Nato-Alliierten dezidiert nicht ausgeschlossen. Jüngst kam es zum Skandal, als die Second Lady der USA, Usha Vance, die Insel als eine Art emotionale Eisbrecherin besuchen sollte; in letzter Minute hatte sich ihr Mann, Vizepräsident J. D. Vance, anschliessen wollen. Daraufhin verschlossen sich dem Paar alle Türen auf der Insel, schon gebuchte Tripveranstalter sagten ab, und von höchster Stelle beschwerte man sich über den überfallartigen Besuch zur Unzeit. Man habe keine Einladung ausgesprochen.

Als Xavier Dutoit auf den Philippinen in den Ferien war, musste er sich genau diese Visionen anhören: Ein amerikanischer Tourist vertrat lauthals und voller Überzeugung Trumps Standpunkte in Sachen Grönland. Also dachte sich der gebürtige Genfer, Ingenieur mit abgebrochenem Politikstudium, einen fröhlichen Gegen-Kaufplan aus. «Dieser Amerikaner schien nicht zu begreifen, wie gestört und absurd es für einen Landespräsidenten – egal welchen Landes – ist, anzubieten oder gar anzudrohen, das Territorium eines anderen souveränen Landes einfach zu übernehmen», sagte er der Associated Press.
Noch am selben Abend setzte Dutoit sich hin, um, als satirisches Pendant zu Trumps Ansinnen, eben die «Denmarkification» zu entwerfen – um so die «neokolonialistische Obszönität» der amerikanischen Forderung vorzuführen. Eine multinationale Freundesgruppe tat mit, im Lead der Kopenhagener Forscher und Campaigner Kenneth Haar, der, wie Dutoit, beruflich die Macht der Unternehmen im Sinne der Zivilbevölkerung zu zügeln versucht. Haar hat am 28. März auf Bluesky in einem humoresken Post bekannt gegeben, nun sei eine dänische Delegation nach Kalifornien unterwegs, um «als nächsten Schritt» die gegenseitigen Verbindungen zu stärken.
Dementsprechend persifliert der Text auf der Website die Begründungen der Trump-Administration, etwa «Los Angeles doesn’t feel as secure as Løs Ångeles!» («Los Angeles fühlt sich nicht so sicher an wie Løs Ångeles!»).

Man freue sich auf Neu-Dänemark, überhaupt: Dänemark bekäme von Kalifornien Sonne, Palmen, Rollschuhe sowie Tech Bros und Avocado-Toast. Und was kriegen die Kalifornier? Das gemütliche Hygge-Lebensgefühl, Velostreifen in den Beverly Hills, Bio-Smørrebrød, auch Rechtsstaatlichkeit, faktenbasierte Politik und, nicht zuletzt, die allgemeine Krankenversicherung für alle. Und Trump? Der wäre froh, den widerspenstigen, angeblich linksversifften Bundesstaat endlich loszusein, spekulieren die Petitionäre. Kaliforniens Gouverneur beschimpft er stets als Gavin New-Scum (Abschaum; Newsom wäre der richtige Name).
Die USA bekämen dafür rund 1 Billion Dollar, gecrowdfunded via Onlinepetition; 1848 war das Gebiet mit dem Vertrag von Guadalupe Hidalgo Mexiko für viel weniger Geld abgezwungen worden. Die Petition läuft weiter.
Im Knotenpunkt von Technologie und Demokratie
Erstellt wurde sie übrigens mit der Software Proca, die Xavier Dutoit extra für Kampagnen entwickelt hat. Das Sammeln von Onlineunterschriften und E-Mails an Politiker ist sein Spezialgebiet; als Chief Technology Officer und Innovationsdirektor von Wemove Europe half er dabei mit, dass Millionen von Europäern aktiv an der europäischen Demokratie mitwirken konnten. 2019 war er Mitgründer der Plattform Fix the Status Quo, die ebenfalls den zivilgesellschaftlichen Einfluss auf die Politik stärken möchte und NGOs dafür Onlinetools zur Verfügung stellt: die Opensource-Software Proca.
Der selbst erklärte Aktivist und Unternehmer, der die Schweiz mit 20 Jahren verliess und seither ohne fixen Anker auf der ganzen Welt unterwegs ist, verortet sich selbst im Knotenpunkt von Technologie und Demokratie. Die Energie tankt er, wie er auf unsere Anfrage antwortet, aus der Zusammenarbeit mit vielen talentierten Mit-Campaignern – und von seinem «blinden Glauben daran, dass Technologie die Probleme der Gesellschaft lösen kann, trotz den überwältigenden Beweisen fürs Gegenteil». Eins ist jedenfalls gewiss: Xavier Dutoit schiebt sich nicht ins Rampenlicht, es geht ihm um die Sache der Demokratie – und Humor hat er auch.
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