Kommentar zur Migration in die USABiden lässt sich von den Republikanern treiben – er kennt die Umfragen
Der US-Präsident setzt ein willkürliches Limit für die unkontrollierte Immigration aus dem Süden. Eine Lösung ist das nicht.
Noch fünf Monate bis zur US-Wahl, da widmet sich Joe Biden nun also Amerikas Streitfall Grenze. Ab sofort sollen dort im Wochenschnitt maximal 2500 Menschen pro Tag ohne Papiere das Land betreten dürfen und die meisten anderen Einwanderer dieser Art abgewiesen werden. Schon diese eigentümliche Zahl zeigt, dass dieses Präsidentendekret kaum funktionieren kann.
Wer soll das kontrollieren, wenn doch seit Jahren das Personal fehlt und die Regeln eh keiner so richtig kapiert? Muss der jeweils 2501. Ankömmling in Arizonas Wüste umdrehen? Werden Geflüchtete aus Venezuela oder Haiti zurückkehren, nachdem sie den Urwald zwischen Kolumbien und Panama durchquert oder den Bandenkrieg in Port-au-Prince hinter sich gelassen haben?
Nimmt ihre Heimat sie wieder auf, lässt Mexiko einen Rückstau abgewiesener Grenzgänger zu? Beides wohl nur zu einem hohen Preis und kaum auf Dauer. Ab wann ist ein Fluchtgrund so glaubhaft, dass der Wunsch trotz des gerade eingeführten Limits akzeptiert wird, zum Beispiel bei Familien mit Kindern?
Mal schnell eine Obergrenze
Da wurde im Weissen Haus mal schnell eine Obergrenze eingezogen, mitten im Wahlkampf. Biden steht vor einem Dilemma. Einerseits hatte der Demokrat versprochen, liberaler mit dem Dauerstreitthema Migration umzugehen. Die Vereinigten Staaten sind ein Einwanderungsland. Sie brauchen Zuwanderung, und kaum jemand fragt Bauarbeiter, Kellner, Köche, Gärtner oder Tellerwäscher nach der Aufenthaltsgenehmigung. Hauptsache, der Job wird erledigt und die Steuern werden gezahlt.
Andererseits hat sich die Stimmung spürbar verändert, das weiss Biden, und das gefährdet seine Wiederwahl. Denn der Zustrom nahm in den vergangenen Jahren erheblich zu, vor allem entlang der 3200 Kilometer langen Grenze, welche die USA von Mexiko trennt. Ursachen sind die Kriege und Konflikte, darunter übrigens die Schlacht gegen die Drogenmafia im Süden, die den Norden trotzdem mit Stoff flutet.
Die Kartelle verdienen auch mit ihren Schleppern ein Vermögen, gleichzeitig hat sich an der US-Grenze eine Art Gewohnheitsrecht entwickelt. Wer trotz fehlender Erlaubnis über Zäune und Mauer klettert oder es durch den Grenzfluss schafft, der darf einen Asylantrag stellen, der irgendwann bearbeitet wird, oft erst nach Jahren. Viele Antragsteller verlieren sich derweil im Riesenreich USA.
Die Mehrheit will einfach arbeiten
Etwa 2,5 Millionen Menschen erreichten 2023 auf diese Weise ihr Ziel im Norden. Das belastet selbst tolerante Metropolen wie New York, demokratische Bürgermeister klagen. Donald Trump wiederum schwadroniert von Invasion und Terroristen, obwohl die Grenze nie wirklich offen war und die grosse Mehrheit dieser Immigranten einfach nur leben und arbeiten will.
Die Hetze funktioniert, nach der Inflation ist die Migration das beherrschende Thema in den USA. Es macht die Rechtspopulisten stark, wie in Europa, obwohl niemand eine Lösung für die globale Flüchtlingskrise vorlegen kann. Biden lässt sich von den Republikanern in dieser Sache zunehmend treiben, er kennt die Umfragen.
Der Präsident tut nun so, als schliesse er die Grenze. Das wird nicht gehen, auch vor Gerichten könnte sein Befehl mit dem Asylrecht kollidieren. Die USA brauchen endlich eine überparteiliche und klare Reform ihrer Einwanderungsgesetze, aber selbst ein historisch scharfer Entwurf scheiterte im Kongress. Biden wollte die Initiative durchsetzen, Trump liess sie von seinen Republikanern stoppen.
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