Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

US-Vorwahlen der Demokraten
Joe Biden schwänzt die Vorwahlen – und gewinnt

From left to right, US First Lady Jill Biden, President Joe Biden, Vice President Kamala Harris and her husband Doug Emhoff wave following a campaign rally to Restore Roe at Hylton Performing Arts Center in Manassas, Virginia, on January 23, 2024. Protesters chanting slogans against Israel's offensive in Gaza repeatedly interrupted US President Joe Biden on Tuesday during an election campaign event to promote abortion rights. (Photo by SAUL LOEB / AFP)
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Doch, auch Joe Biden hat bei den Vorwahlen in New Hampshire mitgemacht. Er könnte bei den Demokraten dort sogar der Sieger sein, noch deutlicher womöglich als Donald Trump bei den Republikanern. Er war anders als Trump allerdings am Wahltag gar nicht im amerikanischen Nordosten. Er stand nicht mal auf den Wahlzetteln, also nicht richtig. «Write-in», stand da statt seines Namens auf vielen dieser Papiere, «schreiben». Wer mochte, der konnte Joe Biden draufschreiben oder einfach nur Biden.

Wie viele Wählerinnen und Wähler es am Ende genau waren, die exakt das taten, wird man sehen, wenn die Stimmen ausgezählt sind. Jedenfalls zeichnete sich schnell ab, dass eine Mehrheit die Option «write-in» bevorzugte und dabei vorneweg Biden. Warum es zu dieser ungewöhnlichen Variante der Zustimmung kam, liegt an dem betont eigenwilligen Wahlkalender seiner Partei.

Die Demokraten haben diesmal nicht nur den Caucus in Iowa geschwänzt, den traditionellen Start ins Wahljahr. Ihr einzig wirklich bedeutender Kandidat liess im Prinzip auch die Fortsetzung in New Hampshire sausen. Die Entscheidung fiel im Streit zwischen den Parteizentralen, dem Democratic National Comittee und ebendiesem Bundesstaat. Aus dieser Region werden diesmal dann auch keine Delegierten dabei sein, wenn die entsandten Delegierten aus anderen Gegenden beim Parteikonvent im August in Chicago den Bewerber der Democratic Party für die Präsidentschaftswahl am 5. November nominieren – mit grosser Wahrscheinlichkeit den Präsidenten Biden.

Biden steigt erst in South Carolina ein

Offiziell wird Biden erst bei den Vorwahlen Anfang Februar in South Carolina einsteigen, in Erinnerung an die Wende vor vier Jahren. Im Süden begann damals sein Weg ins Weisse Haus so richtig, mit seinem ersten Sieg gegen seine demokratischen Rivalen wie Bernie Sanders, Elizabeth Warren oder Pete Buttigieg. Zuvor hatte er 2020 in Iowa gegen alle drei verloren.

Doch seine Anhänger organisierten nun diese offenbar recht erfolgreiche Kampagne «write-in» in New Hampshire. Sie stellten eine Website «WriteInBiden» ins Netz und begrüssten die Wählerschaft mit Schildern, auf denen «Write-in Joe Biden» stand. Zahlreiche Interessenten nahmen die Offerte an. Das kam ihnen dann doch attraktiver und zielführender vor als das übrige Angebot.

21 Alternativen waren vorgedruckt auf den Formularen zu finden, vorneweg Dean Phillips und Marianne Williamson. Der Abgeordnete Philipps sitzt für Minnesota im Repräsentantenhaus. Die Autorin Williamson war früher Pastorin der Unity Church und schrieb spirituelle Bestseller wie «A Return to Love», die sich millionenfach verkauften. Sie trat schon 2020 an, ehe sie Sanders unterstützte. Philipps bekam jetzt gut 20 Prozent, Williamson gut 5 Prozent. Sie sind die einzigen Demokraten, die zumindest Insidern bekannt sind und ohne den Hauch einer Chance gegen Biden antreten.

Ansonsten hatte die Partei bei ihrem inoffiziellen Durchgang in New Hampshire noch so lustige Aspiranten wie Vermin Supreme, Paperboy Prince, President Boddie und Star Locke zu bieten. Der Lebenskünstler Vermin Supreme zum Beispiel, Anfang sechzig und Träger eines langen, grauen Bartes, zeichnet sich dadurch aus, dass er einen umgedrehten Gummistiefel als Hut trägt und häufig eine grosse Zahnbürste dabeihat. Er möchte im Falle seines Wahlsieges ein Zahnputzgesetz einführen und jeden Amerikaner mit einem kostenlosen Pony belohnen.

Übersteht Biden vier weitere Jahre?

Sein Einzug ins Oval Office gilt als unwahrscheinlich, der Witzbold fand in New Hampshire ein paar Hundert Verehrer. Bei Joe Biden sind es Zehntausende Stimmen, obwohl es den Kandidaten Biden ja gar nicht wirklich gab.

Joe Biden hat bei den Demokraten bisher keine ernst zu nehmenden Widersacher, zumindest nicht bei seiner Bewerbung für eine zweite Amtszeit. Nach gegenwärtigem Stand wird sich das in den kommenden Monaten auch nicht mehr ändern.

Dabei haben auch einige Parteifreunde Zweifel, ob er mit 81 und dann 82 noch der richtige Mann ist. Sie fragen sich, wie er die Schlammschlacht mit Trump und danach im besten Fall vier weitere Jahre im Weissen Haus überstehen wird. Laut Erhebungen ist mehr als die Hälfte seiner Landsleute unzufrieden mit ihm und seiner Bilanz, da steht selbst der insgesamt ebenfalls unpopuläre Trump etwas besser da. In den Umfragen, die ein direktes Duell voraussetzen, führt ansonsten mal der frühere und mal der aktuelle Präsident.

Er zeigt sich nun öfter mit Vize Kamala Harris

Während der frühere Präsident seine Gegnerin Nikki Haley in New Hampshire besiegte, hatte Biden als Kontrastprogramm einen Auftritt in Virginia, «Die Person, die am meisten dafür verantwortlich ist, Amerika die Freiheit zu nehmen, ist Donald Trump», sagte er dort. Es ging vor allem um das 2022 vom Obersten Gerichtshof der USA gekippte Bundesrecht auf Abtreibung, Trump hatte mit von ihm während seiner Ära ernannten Richtern für die konservative Wende im Supreme Court gesorgt.

Begleitet wurde Biden unter anderem von seiner Vize Kamala Harris, mit der er sich nun öfter zeigt. Sie soll ja seine Stellvertreterin bleiben, wenn er gewinnt. Das Publikum war unterschiedlich gestimmt. Die einen riefen nach Waffenstillstand im Nahen Osten und nannten ihn «Genocide Joe» – der US-Beistand für Israel geht besonders linken oder arabischstämmigen Demokraten angesichts der Zustände in Gaza zu weit. Andere riefen «Four more years!», sie wünschen sich Biden bis Januar 2029 auf dem Posten.

Zwei seiner wichtigsten Berater will Biden nun aus Washington in sein Wahlkampf-Hauptquartier nach Wilmington in Delaware verlegen, sein Team soll zupackender werden. Seine Taktiker vertrauen ausserdem darauf, dass die Erholung der amerikanischen Wirtschaft und sein Einsatz für die freie Entscheidung bei Schwangerschaftsabbrüchen seine Sympathiewerte steigen lassen.

Denn jetzt beginnt der voraussichtlich sehr hässliche Wettstreit mit seinem Herausforderer aus Mar-a-Lago, Florida. Donald Trump, sagt Bidens Strategin Julie Chavez Rodriguez, steuere geradewegs auf eine Wahl zu, «indem er auf die einzige Person treffen wird, die ihn jemals an der Wahlurne geschlagen hat: Joe Biden».