Neuer britischer TennisstarEr vermisst die stinkenden Schuhe von Andy Murray
Jack Draper ist am US Open ohne Satzverlust in den Halbfinal gestürmt. Der 22-Jährige kann so richtig Party machen und hat Humor. Nur singen kann er nicht.
Jack Draper ist ein exzellenter junger britischer Tennisspieler. Aber so richtig bekannt wurde er der internationalen Öffentlichkeit wohl erst durch dieses Video. Andy Murray veröffentlichte im September 2023 einen 19-sekündigen Clip, wie er seinen jungen Kollegen nach dem Davis-Cup in Manchester spätabends zurück nach London chauffierte. Draper hatte schon ein paar Bier zu viel gehabt, trank noch ein weiteres und sang im Auto grölend mit zum ikonischen Hit «I’m Gonna Be (500 Miles)» der schottischen Band The Proclaimers. Murrays Reaktion: Er streckte den Mittelfinger in die Kamera.
«Die Jungen heutzutage», schrieb der Doyen des britischen Tennis augenzwinkernd dazu, «dreieinhalb Stunden davon auf dem Weg nach Hause.» Der Clip stellt Draper nicht gerade vorteilhaft dar, wie er betrunken mit seinem Schlapphut singt und die Töne kaum mehr trifft. Doch er nahm es Murray nicht übel, dass er das Video veröffentlichte. Im Gegenteil. «Andy ist mein Idol. Ich wäre ausser mir gewesen vor Freude, wenn ich mit zehn gewusst hätte, dass ich einmal mit ihm mitfahren würde.»
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Und Draper war wichtig zu betonen: Seine Musikauswahl habe dem wählerischen Schotten gefallen. Er glaube, Murray würde ihm 7,5 von 10 Punkten geben. Nur sein Gesang habe ihn wohl etwas irritiert.
Murrays tränenreicher Abschied
In Wimbledon gab Murray mit 37 seinen tränenreichen Abschied von der Grand-Slam-Bühne. Sein Rücken liess keinen Einsatz mehr im Einzel zu, im Doppel scheiterte er mit seinem Bruder Jamie in der ersten Runde und wurde in einer bewegenden Zeremonie gefeiert. Draper stand damals am Platzrand des Centre Court und applaudierte, zusammen mit Tennisgrössen wie John McEnroe, Martina Navratilova oder Novak Djokovic. Nun hat der 22-Jährige aus Sutton im Süden Londons den Stab übernommen.
Am US Open ist Draper (ATP 25) ohne Satzverlust in den Halbfinal gegen Jannik Sinner (1) gestürmt. Auch der flinke Australier Alex de Minaur (10) war seinem wuchtigen Spiel nicht gewachsen. Draper scheint sich in New York wohlzufühlen, er spielte sich hier bereits 2023 in den Achtelfinal, den er dann gegen den Russen Andrei Rublew verlor. Ansonsten überstand der Linkshänder an Grand Slams zuvor nie die zweite Runde. So gesehen ist sein Sturmlauf in den Halbfinal schon eine Überraschung.
Sein Sieg über Alcaraz weckte Hoffnungen
Geplagt von Verletzungen und auch noch nicht ganz austrainiert, brauchte der kräftige 1,93-Meter-Hüne seine Zeit, um sich auf der Profitour nach vorne zu spielen. 2018 erreichte er mit 16 den Final des Juniorenturniers in Wimbledon, 2022 schaffte er seinen Durchbruch auf der Profitour, in diesem Sommer gewann er das Rasenturnier in Stuttgart und schlug im Queen’s Club Carlos Alcaraz. Nun verblüfft er am US Open und erinnert an die Britin Emma Raducanu, die hier 2021 auf dem Weg zum Titel keinen Satz abgab.
Raducanu konnte seitdem nie mehr an diesen Erfolg anknüpfen und spaltet die britische Öffentlichkeit. In Wimbledon liess sie das Mixed mit Murray kurzfristig platzen, in New York stiess sie einige vor den Kopf, als sie sagte, sie vermisse den Schotten nicht auf der Tour. «Es fühlt sich ohne ihn überhaupt nicht anders an. Tennis ist in dieser Hinsicht gnadenlos. Egal, wer man ist, es geht einfach weiter. Natürlich sah ich, wie er einst dieses Turnier gewann. Aber alles ist so schnelllebig. Am nächsten Tag ist das schon wieder Schnee von gestern.» So wie Raducanus Erstrundenniederlage in New York.
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Draper gab sich empathischer als Raducanu: «Natürlich vermisse ich Andy», sagte er. «Ein Hoch auf ihn. Was für eine unglaubliche Karriere er gehabt hat. Ich vermisse ihn in der Garderobe. Ich vermisse es, neben seinen stinkenden Schuhen und all seinen stinkenden Kleidern zu sitzen. Andy ist eine Legende. Wenn ich nur eine halb so gute Karriere habe wie er, dann bin ich ein glücklicher Mann.»
Schon das ist eine ambitionierte Vorgabe. Murray gewann drei Grand-Slam-Titel, zweimal Olympiagold im Einzel und war 41 Wochen die Nummer 1. Am US Open hat sich Draper nun darangemacht, in die Fussstapfen des Schotten mit den stinkenden Schuhen zu treten.
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