Urs Fischer im Schlamassel«Wie viele Schläge kann man noch einstecken?»
Fünf Jahre lang ging es mit dem Schweizer Trainer und Union Berlin aufwärts. Jetzt hat das Team sechsmal in Folge verloren.

Jahrelang ist fast alles für ihn gelaufen. Für ihn und für sein Team.
2018 wurde Urs Fischer Trainer bei Union Berlin. Im ersten Jahr stieg er mit dem Club in die Bundesliga auf. Und dort arbeitete sich sein Team dann vorwärts, bis es auf Rang 4 und in der Champions League ankam.
«Das waren fünf Jahre auf der Überholspur», sagt der 57-jährige Fischer. Doch jetzt ist fast alles anders. Im September hat sein Team von fünf Spielen fünf verloren und dabei nur einen Treffer erzielt. Nun unterlag es am Dienstag den Portugiesen aus Braga 2:3. Union hatte 2:0 geführt. Das entscheidende Gegentor fiel wie schon zwei Wochen vorher beim 0:1 bei Real Madrid tief in der Nachspielzeit. Und Fischer fragte nach Spielschluss: «Wie viele Schläge kann man noch einstecken?»
Sechsmal in Folge, so häufig hat Union unter ihm noch nie verloren. In der Bundesliga gab es zuletzt ein 0:1 gegen Aufsteiger Heidenheim, dank zwei Siegen zum Saisonstart liegen die Ostberliner gleichwohl noch auf Rang 11. In der Champions League wartet nach zwei Partien ohne Punkte Napoli als nächster Gegner.
Es hapert bei der Chancenauswertung
Union hat im Sommer zum ersten Mal in der Clubgeschichte grössere Namen eingekauft. Von Champions-League-Finalist Inter Mailand kam der deutsche Nationalspieler Robin Gosens. Von Juventus wechselte der italienische Europameister und neunfache Meister Leonardo Bonucci, von Monaco der frühere deutsche Nationalspieler Kevin Volland.
Dass es trotzdem abwärts geht, ist nicht immer mit den spielerischen Leistungen erklärbar. Wiederholt ist Union gar nicht so schlecht aufgetreten und hat am Ende trotzdem verloren. Weil Fehler im Moment fast schon automatisch zu Gegentreffern führen. Und weil die Chancenauswertung ungenügend ist. Wie am Dienstag im mit fast 75’000 Zuschauern ausverkauften Berliner Olympiastadion.
Nach dem Braga-Match redete Mittelfeldspieler Janick Haberer von Möglichkeiten für «sicherlich vier oder fünf Tore» und sagte auch: «Eigentlich lassen wir gegen uns gar nicht viel zu, aber wir kriegen aus gefühlt jedem Schuss, der auf unser Tor kommt, ein Gegentor.» Gosens fragte: «Haben wir etwas falsch gemacht? Haben wir den Fussball-Gott beleidigt, dass wir aktuell so behandelt werden?». Und Fischer zählte «drei hundertprozentige Möglichkeiten», um nach dem 2:2 wieder in Führung zu gehen. Am Ende bilanziert er: «Ich kann nicht wütend sein, wenn ich sehe, was die Mannschaft heute wieder geleistet hat.»
Das Problem im Fussball ist: Es hat schon viele Mannschaften gegeben, die glaubten, gar nicht so schlecht zu spielen – und trotzdem immer tiefer in die Krise rutschen. Fischer weiss das. Und er weiss auch, wie schwierig es ist, die Wende zu schaffen. Gerade bei Aufgaben wie diesen: Am Samstag spielt Union bei Borussia Dortmund.
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