Berichte über gezielte ErschiessungenBeobachter: Fast 90 Tote bei Protesten in Burma
Dutzende Menschen haben bei Demonstrationen am offiziellen Gedenktag des Militärs ihr Leben verloren. Lokale Medien berichten von scharfer Munition und gezielten Kopfschüssen gegen unbewaffnete Zivilisten.
Bei Protesten gegen die Militärherrschaft in Burma haben die Sicherheitskräfte nach Angaben von Beobachtern am Samstag landesweit fast 90 Menschen getötet. «Mindestens 89 Menschen wurden bis zum frühen Abend getötet», erklärte die örtliche Organisation für politische Gefangene (AAPP). Es handelt sich um den bislang blutigsten Tag der Proteste, die kurz nach dem Putsch der Armee am 1. Februar begannen.
Am offiziellen Gedenktag der Armee kam es in weiten Teilen des Landes, wie in der Handelsmetropole Yangon, in der nördlichen Region Mandalay und im südlichen Bago zu Protesten gegen die Machtübernahme. Dabei sollen Militärangehörige und Polizisten mit scharfer Munition und gezielten Kopfschüssen gegen unbewaffnete Zivilisten vorgegangen sein.
Diplomatische Vertreter reagierten mit Entsetzen. Die Europäische Union sprach in den sozialen Medien von einem Tag des «Terrors und der Ehrlosigkeit». Das Töten unbewaffneter Zivilisten und Kinder sei unentschuldbar. Auch der US-Botschafter verurteilte das Vorgehen des Militärs: «Das Blutvergiessen ist grauenvoll,» schrieb Thomas Vajda auf Twitter. Das Militär Burmas habe Schande über sich gebracht, indem es auf «unbewaffnete Zivilisten» geschossen habe, schrieb der britische Botschafter Dan Chugg auf Twitter.
Internationale Militärchefs verurteilen Gewalt
Die Militärchefs von einer Reihe westlicher Staaten haben in einer gemeinsamen Erklärung die Gewalt gegen friedliche Demonstranten in Burma scharf verurteilt. Gleichzeitig forderten sie die Militärjunta in dem in der Nacht zum Sonntag veröffentlichten Schreiben auf, internationale Standards der militärischen Professionalität anzuwenden. «Ein professionelles Militär hält sich an internationale Verhaltensstandards und ist dafür verantwortlich, die Menschen, denen es dient, zu beschützen, und nicht, ihnen zu schaden.»
Die Militärchefs forderte die Streitkräfte Burma auf, die Gewaltanwendung einzustellen und daran zu arbeiten, «den Respekt und die Glaubwürdigkeit, die sie durch ihre Aktionen verloren haben, bei den Menschen in Myanmar wiederherzustellen». Die Erklärung wurde von Mark Milley, dem Vorsitzenden der Vereinigten Stabschefs der USA, und seinen Kollegen aus Australien, Kanada, Deutschland, Griechenland, Italien, Japan, Dänemark, den Niederlanden, Neuseeland, Südkorea und Grossbritannien unterzeichnet.
Annäherung zu Russland
An der Parade nahm auch der russische Vize-Verteidigungsminister Alexander Fomin laut Staatsagentur Tass teil. Demnach wollen Russland und Burma ihre Beziehungen verstärken. Beide Staaten wollten eine militärische und militär-technische Zusammenarbeit ausbauen, so Tass. Fomin nannte Burma demnach einen «zuverlässigen Verbündeten und strategischen Partner in Südostasien und pazifischen Raum». Burmas Oberbefehlshaber, Min Aung Hlaing, sagte laut der britischen BBC, dass Russland ein «wahrer Freund» sei.
Russische Medien berichteten, dass neben Russland auch Länder wie China, Indien, Pakistan, Vietnam und Thailand Vertreter entsandt hätten. Die Einladung Russlands sei eine Reaktion auf die Teilnahme Burmas an der Militärparade in Russland im vergangenen Sommer gewesen. Russland ist den Berichten zufolge nach China der zweitgrösste Waffenlieferant Burmas. Die USA, die Europäische Union und Grossbritannien hatten nach dem Militärputsch vom 1. Februar Sanktionen verhängt.
Tausende Menschen festgenommen
Unter den Opfern in Yangon soll ein 21-jähriger Zivilist namens Chit Bo Nyein sein. Nyein habe in dem Teeladen seiner Familie ausgeholfen, als er erschossen worden sei, sagte ein Familienangehöriger der Deutschen Presse-Agentur. Nach Schätzungen der Gefangenenhilfsorganisation AAPP wurden bislang knapp 3070 Menschen festgenommen. Mindestens 328 wurden laut AAPP getötet.
Das Militär hatte Anfang Februar gegen die faktische Regierungschefin Aung San Suu Kyi geputscht. Die 75-Jährige sitzt seither im Hausarrest und wird von der Justiz verschiedener Vergehen beschuldigt. Die Demonstranten fordern eine Wiedereinsetzung von Suu Kyis ziviler Regierung.
In einer Ansprache in der Hauptstadt Naypidaw verteidigte der Oberbefehlshaber der Streitkräfte, Min Aung Hlaing, die Machtübernahme durch das Militär als «unvermeidlich», weil die Regierung von Suu Kyi und ihre Partei in «ungesetzliche Handlungen» verwickelt gewesen seien. Er gab an, die Demokratie schützen zu wollen, und versprach erneut, Wahlen abzuhalten, ohne aber ein Datum zu nennen.
SDA
Fehler gefunden?Jetzt melden.