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Gesuch des UNO-Hochkommissariats
Schweiz soll mehr Flüchtlinge aus Afghanistan aufnehmen

Sie haben es geschafft: 41 afghanische Flüchtlinge können von Athen nach Portugal fliegen. (28. September 2021)
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Als die Taliban in Afghanistan die Macht übernahmen, wurden Forderungen nach der Aufnahme von Flüchtlingsgruppen laut. Justizministerin Karin Keller-Sutter wies diese zurück und erklärte, es lägen noch keine entsprechenden Gesuche vor. Das hat sich in der Zwischenzeit geändert: Wie das UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR auf Anfrage bestätigt, hat es die Schweiz – wie andere Staaten – nun offiziell um die Aufnahme von afghanischen Flüchtlingen ersucht. Ein entsprechendes Schreiben sandte Filippo Grandi, der UNO-Hochkommissar für Flüchtlinge, an Aussenminister Ignazio Cassis. Das Aussendepartement bestätigte den Eingang des Schreibens.

UNO-Flüchtlingshochkommissar Filippo Grandi bittet mehrere Staaten um die Aufnahme afghanischer Flüchtlinge – auch die Schweiz. Ein entsprechendes Schreiben ging an Aussenminister Ignazio Cassis. 

Justizministerin Karin Keller-Sutter dürfte am Donnerstag im Nationalrat darauf angesprochen werden: Der Rat führt an diesem Tag eine Sonderdebatte zu Afghanistan. Bereits einsehbar sind die schriftlichen Stellungnahmen des Bundesrats zu den dringlichen Interpellationen, die in der Debatte behandelt werden. Darin zeigt sich die Regierung zurückhaltend. Allerdings schliesst sie nicht aus, das Resettlement-Kontingent zu erhöhen, also zusätzliche Flüchtlingsgruppen aufzunehmen. Resettlement – die Neuansiedlung – ermöglicht besonders verletzlichen anerkannten Flüchtlingen, aus einem Erstzufluchtsland in ein Drittland zu reisen.

Nur international koordiniert

Eine allfällige Erhöhung des Kontingents müsste Teil einer international koordinierten Aufnahmeaktion sein, schreibt der Bundesrat. Um solche Aktionen geht es an einer von der EU-Kommission organisierten Resettlement-Konferenz am 7. Oktober, an der auch die Schweiz teilnimmt. Der Bundesrat schreibt, er werde an der Konferenz die vorgebrachten Ersuche des UNHCR prüfen. Massgebend für den Entscheid sei der dringende humanitäre Bedarf, der sich aus der aktuellen Situation ergebe.

Die Schweiz würde das Kontingent also allenfalls für Flüchtlinge erhöhen, die Afghanistan neu verlassen, aber eher nicht für die Übernahme von Flüchtlingen, die sich schon seit Jahren in den Nachbarländern Afghanistans aufhalten. Seit der Machtübernahme der Taliban gab es bisher keine grösseren Fluchtbewegungen aus Afghanistan. In den Nachbarländern warten jedoch mehr als 100’000 afghanische Flüchtlinge auf einen Resettlement-Platz.

Für die Jahre 2022/23 hat der Bundesrat im Frühling ein Kontingent von 1600 Flüchtlingen beschlossen. Bereits im aktuellen Resettlement-Programm nahm die Schweiz afghanische Flüchtlinge aus der Türkei auf; in den kommenden Jahren will der Bundesrat einen Fokus auf diese Gruppe legen. Weitere prioritäre Erstasylländer sind Ägypten und Libanon.

Mehr Geld für humanitäre Hilfe

Der Bundesrat weist in seinen Stellungnahmen auch auf die zusätzlichen Beiträge in der Höhe von 33 Millionen Franken hin, die er Anfang September beschlossen hat. Bis Ende 2022 sind insgesamt rund 60 Millionen Franken für die humanitäre Hilfe in Afghanistan und in der Region vorgesehen.

Nicht infrage kommen Visa-Erleichterungen für Familienangehörige von Afghaninnen und Afghanen in der Schweiz, wie es sie während der Syrien-Krise gab. Würde man dieselben Kriterien anwenden wie damals, könnten rund 11’000 Personen in der Schweiz Visa-Erleichterungen für Angehörige in Anspruch nehmen, schreibt der Bundesrat. In der Syrien-Krise waren es 2700 Personen.

Der Bundesrat beantwortet ferner die Frage, was mit Afghaninnen und Afghanen geschieht, die sich in der Schweiz befinden, aber einen Wegweisungsbeschluss erhalten haben. In bereits abgeschlossenen Verfahren finde keine Neubeurteilung von Amtes wegen statt, hält er fest. Rechtskräftig weggewiesene Personen hätten jedoch die Möglichkeit, ein Folgegesuch zu stellen. Bei dessen Prüfung trage das Staatssekretariat für Migration den veränderten Umständen Rechnung.

Die Zahl der Asylgesuche von afghanischen Staatsangehörigen ist 2021 leicht angestiegen und könnte laut dem Bundesrat mittel- und längerfristig weiter steigen. Aktuell gebe es jedoch keine Anzeichen für eine Migrationskrise ähnlich wie jene von 2015. Der Bundesrat sieht auch keinen Anlass, wegen der Entwicklungen in Afghanistan das Asylgesetz beziehungsweise die Asylpolitik anzupassen. Der Nationalrat wird debattieren, aber keine Entscheide fällen.

In einer ersten Version des Artikel hiess es, das Aussendepartement könne den Eingang des Schreibens vorerst nicht bestätigen. Am Donnerstag hat das EDA den Eingang nun bestätigt.