Viktor Orban plant VerfassungsänderungUngarn will Rechte Homosexueller einschränken
Viktor Orban wird mit seinen Plänen zu Änderungen in der Verfassung, die auf Familien und die LGBTQ-Community zielen, viel Aufregung verursachen.
Die rechtskonservative ungarische Regierung hat überraschend eine Reihe von Verfassungsänderungen und Gesetzen eingebracht, die Opposition und Zivilgesellschaft in Atem halten und auch in Brüssel Irritation auslösen dürften. So soll das von der Regierungspartei Fidesz mit Zweidrittelmehrheit dominierte Parlament in den nächsten Tagen zwei Paragrafen zustimmen, in denen die Definition von Familie und die Rechte von Kindern umformuliert wurden.
Im Gegensatz zur jetzt gültigen Fassung soll künftig herausgestrichen werden, dass «die Mutter eine Frau und der Vater ein Mann» sei. Damit wird die Ablehnung des Zusammenlebens von gleichgeschlechtlichen Paaren als Familie noch einmal verschärft. Mit Blick auf die Rechte von Kindern soll in die Verfassung geschrieben werden, dass diese einen «Anspruch auf die geschlechtliche Identität haben, mit der sie geboren sind», was, nach einem Gesetz zum Verbot der Geschlechtsänderung in Geburtsurkunden, das im Mai beschlossen wurde, die Debatte um Genderfragen noch verschärft. Adoptionen durch gleichgeschlechtliche Paare sollen unterbunden werden.
«Das Überleben der Nation»
Viktor Orban dürfte mit seinen Plänen zu Änderungen in der Verfassung, die auf Familien und die LGBTQ-Community zielen, viel Aufregung verursachen. Teilweise geht es um sprachliche Anpassungen, die verschärfen, was jetzt schon drinsteht: Der traditionelle Familienbegriff wird staatlich geschützt, Homosexuelle sollten besser keine Kinder haben.
In der Begründung für die Verfassungsänderungen wird angegeben, «moderne Ideen, die traditionelle Werte» relativierten, seien Anlass zur Sorge. «Zeitlose Konzepte, die aus der Schöpfungsgeschichte» rührten, seien bedroht. Die Verfassung, die damit zum neunten Mal seit 2011 geändert würde, betont «christliche Werte und das Überleben der Nation» als Grundlagen des Zusammenlebens.
Verändert werden soll auch die Definition von «öffentlichen Geldern», die künftig nur noch als «Einkommen, Ausgaben und Forderungen des Staates» definiert sein sollen. Diese Regelung soll dazu dienen, die «Transparenz der Ausgaben staatlicher Gelder» zu erhöhen; sie könnte aber, etwa in der Korruptionsbekämpfung, das Gegenteil bewirken, weil Mittel staatsnaher Institutionen und staatsnaher Stiftungen öffentlicher Kontrolle entzogen würden.
Wahlrechtsreform nützt vor allem dem Fidesz
Eine weitere Gesetzesänderung wurde laut Parlamentswebsite am Dienstag kurz vor Mitternacht hinterlegt; sie betrifft das Wahlrecht. Die Opposition plant, bei den 2022 anstehenden Parlamentswahlen in Wahlbezirken, wo sie gute Chancen auf einen Sieg über den Fidesz hat, mit gemeinsamen Kandidaten anzutreten, zugleich wollen die kooperierenden Parteien mit eigenen Landeslisten antreten. Das würde mit der Reform erschwert, weil Landeslisten nur erlaubt sein sollen, wenn eine Partei in fast der Hälfte aller Wahlkreise auch eigene Kandidaten aufstellt.
Eine – aus EU-Sicht – positive Gesetzesänderung sieht die Regierung auch vor: So soll das Parlament künftig ein Mitspracherecht bei der Befristung des Ausnahmezustandes haben, die die Regierung bisher nach Gutdünken ausdehnen konnte. Dagegen hatte sich in Brüssel Widerstand geregt. Ungarns Regierung hatte jüngst mit Verweis auf die Covid-Pandemie zum zweiten Mal den «Gefahrenzustand» ausgerufen.
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