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Corona-Lockerungen
Und was ist mit den Vereinen?

Die Schweiz, Land der Chöre. Doch proben dürfen diese bis auf weiteres nicht. Eine Gruppe Appenzeller singen ihre Volkslieder im appenzellischen Urnaesch.
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Gestern lockerte der Bundesrat überraschend viele Corona-Massnahmen. Zum Beispiel dürfen ab dem 11. Mai im Breitensport wieder Trainings in Kleingruppen mit maximal fünf Personen, ohne Körperkontakt und unter Einhaltung der Hygiene- und Distanzregeln, stattfinden.

Schätzungsweise 100’000 Vereine gibt es in der Schweiz. Viele davon, die sich nicht dem Sport verschrieben haben, fragen sich, was die Lockerungen für sie bedeuten. Bei den Chören und Musikgesellschaften etwa besteht Verunsicherung darüber, ab wann der Probenbetrieb wieder aufgenommen werden darf – und unter welchen Bedingungen. «Klar interpretierbare Aussagen fehlen», findet Christof Ehrismann, Sänger und Vorstandsmitglied in verschiedenen Chören.

Einige der knapp 1500 Schweizer Chöre führen freiwillige Proben in Kleingruppen – vier Sänger und Sängerinnen und eine Dirigentin – durch, einige Ensembles pausieren für bestimmte Zeit ganz, einige sind unsicher, ob sie für im Herbst angesagte Konzerte proben sollen, andere haben gleich alles auf das nächste Jahr verschoben, so berichtet Christof Ehrismann aus seinem Umfeld. Einige Chöre reagieren auch mit kreativen Videos, in denen die einzelnen Stimmen virtuell zu einem Lied montiert werden.

Die Regelung des BAG

Anna Fintelmann von der Schweizerischen Chorvereinigung sagt, dass «jeder Vereinsvorstand gefordert sei, sich so umfassend wie nötig zu informieren». Tatsächlich aber fehlen Regelungen betreffend Vereine auf den Websites des Bundes, auch auf den Auflistungen, die nach der gestrigen Bundesrats-Medienkonferenz kursieren, fehlen solche.

Klarheit herrscht nach einem Anruf beim Bundesamt für Gesundheit. «Gemäss Artikel 6 Absatz 1 Covid-19-Verordnung sind öffentliche oder private Veranstaltungen, einschliesslich der Vereinsaktivitäten nach wie vor verboten», heisst es bei der Medienstelle: «Eine Lockerung der Massnahmen in Bezug auf Vereinsaktivitäten wurde nun einzig für den Sport vorgesehen.»

Eine allfällige Änderung könnte ein Bundesratsentscheid am 27. Mai bringen, welcher die Entwicklung der Corona-Fallzahlen zu berücksichtigen hat. Tanzgruppen können laut BAG übrigens dem Sport zugerechnet werden und dürfen mit Vorliegen der notwendigen Schutzkonzepte proben.

Wann dürfen sie wieder proben? Im Bild der Verein Kulturschock.

Unter Chorleiterinnen und Musikern aus seinem Umfeld gelte der 8. Juni als Stichtag, sagt Fabian Auchter, Dirigent und Musiklehrer an einem Gymnasium. «Viele gehen davon aus, dass sie ab dann wieder proben können», spätestens nach den Sommerferien. Anna Fintelmann vermutet, dass die meisten Chöre ihre Aktivitäten erst im Herbst wieder aufnehmen werden.

Wie diese Proben aussehen könnten – eventuell bereits vor dem Herbst –, darüber werde in verschiedenen Chören bereits diskutiert, weiss Christof Ehrismann. Etwa darüber, wie ein Hamburger Chor vorgehen möchte: begrenzte Teilnehmeranzahl, Mund- und Nasenschutzpflicht, Abstand von fünf Metern, Anwesenheitsprotokolle.

«Ob auf der Bühne ein Abstand von zwei Metern eingehalten werden muss und man das dann vielleicht kreativ umsetzt: Dazu können wir noch keine Angaben machen.»

Eva Kirchberg, Satellit-Festival für junge Theaterbegeisterte in Bern

Auch für die Laientheater ist die Situation vertrackt. Wie viel Lockerung ist zu viel, und was verträgt es? Wie sind die Regelungen umzusetzen?

Selbst an den professionellen Theatern herrscht da Unsicherheit. Derzeit erarbeitet eine Taskforce beim Schweizerischen Bühnenverband, in der etwa, neben Arbeitshygienikern und anderen Experten, der Technische Direktor des Schauspielhauses Zürich sitzt, wie eine Öffnung aussehen könnte. Wie kann die Maskenbildnerin arbeiten bei einem Zwei-Meter-Abstand-Gebot? Wie der Kostümbildner? Einlass und Kasse, Technik und Probengestaltung, alles muss quasi ins Ungefähre neu erfunden werden. Ob es sich am Ende auch im Rahmen eines angemessenen Aufwandes realisieren lasse, stehe, so Philine Erni, Pressesprecherin des Schauspielhauses Zürich, auf Anfrage, in den Sternen. Dass alle in Schutzanzügen das Theater beträten, sei jedenfalls undenkbar.

Für die kleinen, informellen Gruppen, die nicht etliche Varianten ausprobieren und technisch aufrüsten können – das Schauspielhaus Zürich hat für Juni bereits mehrere Spielplanvarianten in der Schublade –, ist die Lage noch unübersichtlicher. «Wir sind schon froh, wenn mit bis zu fünf Personen wieder geprobt werden darf», sagt Eva Kirchberg von der Jungen Bühne Bern, welche auch im Jahr 2020 das Satellit-Festival für theaterbegeisterte Erwachsene zwischen 15 und 25 Jahren ausrichtet. Es findet Ende August in einem 100-Plätze-Haus statt. Keine der sechs ausgewählten Gruppen aus verschiedenen Ecken der Schweiz sei grösser als fünf Personen.

«Ob nur 50 Besucher eingelassen werden dürfen und ob auf der Bühne zwischen den Personen ein Abstand von zwei Metern eingehalten werden muss – und man das dann vielleicht kreativ umsetzt: Zu alledem können wir noch keine Angaben machen», erklärt Kirchberg. Die Festivalteilnehmer haben freilich noch Zeit. Die Aufführungen der jungen Leute dagegen, die in den diversen Spielclubs des Schauspielhauses Zürich mittun, sind gestrichen: Selbst bei baldiger Öffnung verbliebe zu wenig Probenzeit bis Saisonende. Man trifft sich aber weiterhin zu den Probeterminen – über Zoom, zum lockeren Chat. Einer der Spielclubs hat sich gar zur digitalen Remote-Produktion eines Hörspiels entschieden. Kreativität ist gefragt – und vorhanden.