Italien weitet Zertifikatspflicht ausUnd nun der Super Green Pass
3-G gilt in Italien auch im öffentlichen Nahverkehr. Und fast alles Schöne bleibt denen vorbehalten, die geimpft oder genesen sind. Ganz unkompliziert sind die neuen Massnahmen allerdings nicht.
Mailand, Turin, Bologna, Florenz, Rom, Neapel – und wieder von vorn. Es war ein bisschen wie bei diesen Konferenzschaltungen im Fussball. Die italienischen Fernsehsender haben ihre Reporter in alle grossen Städte des Landes geschickt, damit sie von der lange erwarteten Einführung des Super Green Pass berichten, wie die Italiener das Zertifikat nur für Geimpfte und Genesene nennen, und über die Kontrollen für 3-G im öffentlichen Nahverkehr. Der Nachrichtensender Sky TG 24 schickte einen Journalisten an den Piazzale Roma in Venedig, jenen Platz in der Lagunenstadt, an dem die Pendler vom Vaporetto auf den Bus wechseln oder umgekehrt, wohl eines der romantischsten Verkehrskreuze dieser Welt.
Und überall stellte sich dieselbe Frage: Wie überprüft man Millionen in Bewegung – das Morgenvolk auf dem Weg zur Arbeit, zur Schule, an die Universität?
Hohe Impfquote, kein Alarm in den Spitälern
Italiens Regierung weitet die Zertifikatspflicht noch einmal massiv aus, um so die Gefahr abzuwehren, dass das Land bei steigenden Infektionszahlen wieder in den Lockdown muss. Die Aussicht, dass das gelingen könnte, ist gut – noch jedenfalls. Die Impfquote der über 12-Jährigen liegt bei fast 88 Prozent, jeden Tag werden zudem etwa eine halbe Million Booster-Impfungen verabreicht. Die Intensivstationen sind mit 736 Covid-Patienten belegt, der Wert liegt deutlich unter der Alarmstufe.
Wenn es nach Premier Mario Draghi geht, soll für Geimpfte und Genesene Weihnachten möglichst alle gewohnten Freuden bereithalten, die das Fest mit sich bringt. Im Notfall würde man die Freiheiten der Ungeimpften noch etwas weiter einschränken. Viel mehr ist allerdings nicht mehr möglich.
Seit Montag und mindestens bis 15. Januar darf also nur noch Bus, Metro, Tram und Zug fahren, wer mindestens einen frischen Negativtest vorweisen kann. Bei Regelbruch drohen Strafen von 400 bis 1000 Euro. Die Verkehrsbetriebe haben Extrapersonal für die Kontrollen entsandt, in Rom begann die erste Schicht schon um 5 Uhr früh. Verstärkt wurde das Aufgebot von Carabinieri und Stadtpolizisten, die bei den Haltestellen die aussteigenden Passagiere stichprobenweise kontrollierten.
Südtirol ist zum Teil rot, das Trentino noch immer weiss
Bisher hatte in Italien die Zertifikatspflicht lediglich für überregionale Transportmittel gegolten. Als Zertifikatsverweigerer kann man sich nun nur noch zu Fuss, auf dem Velo, dem Motorrad oder im eigenen Auto fortbewegen – und Letzteres auch nur, solange die Heimregion im geltenden Ampelsystem nicht als orange oder rot eingestuft wird.
Im Moment sind ausser zwei Regionen alle weiss, niedrigste Risikostufe: Das nordöstliche Friuli Venezia Giulia und die autonome Provinz Südtirol sind gelb. In Südtirol, wo es besonders viele Impfskeptiker gibt, sind sogar 26 Gemeinde zu «roten Zonen» erklärt worden – und das zum Start der Wintersaison. Das nachbarschaftliche Trentino wiederum zählt zu den impffreudigsten Provinzen Italiens und bleibt weiss.
Den Skipass erhält in Italien nur, wer mindestens den alten Green Pass besitzt, 3-G also. Zum Essen in die Skihütte dürfen aber nur die mit dem Super Green Pass – oder wie er offiziell heisst: rafforzato, verstärkt. Die aktuelle Version der App Verifica C19 zeigt beim Einlesen des QR-Codes sofort an, ob der grüne Pass nun «super» ist oder nur «basic». Super braucht es neu fürs Innere von Restaurants, für Kinos, Theater, Sportstadien, Diskotheken. Etwas kurios: DJs und Köche brauchen nur 3-G, weil am Arbeitsplatz schliesslich überall 3-G reicht. Und in Museen, Archiven, Bibliotheken.
Masken im Freien – und alle sind einverstanden
Die meisten Grossstädte haben freiwillig beschlossen, in ihren Fussgängerzonen wieder Maskenpflicht im Freien einzuführen. Wer keine Maske trägt, wird auch mal von einem Polizisten dazu angehalten. Viel Überzeugungsarbeit ist allerdings nicht nötig, überhaupt ist die Akzeptanz für die Massnahmen überwältigend gross. Man will die einigermassen gute, im europäischen Vergleich recht positive Ausgangslage nicht aufs Spiel setzen.
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