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Beschimpft nach Nationenwechsel
Und in Kitzbühel schrien sie «Judas»

In Österreich aussortiert, für Deutschland so erfolgreich wie lange nicht: Romed Baumann. 
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Die Giftpfeile treffen Romed Baumann. «Judas» schreien sie, «Verräter», als er vor der Abfahrt 2020 in Kitzbühel auf dem Weg ist von der Besichtigung Richtung Gondel.

Hier in Tirol ist er aufgewachsen, auf dem Ganslernhang neben der berüchtigten Streif hat er seine ersten Kinder- und Schülerrennen gefahren. Und dann wird er ausgerechnet hier angefeindet, wird der einfache Gang zur Gondel zum Spiessrutenlauf.

In den sozialen Medien bekommt er «Nachrichten unter der Gürtellinie», ihm wird das Schlechteste gewünscht. Dabei ging es ihm doch nur um eines: Romed Baumann wollte seine Skikarriere retten.

«Mehr Deutsch geht nicht»

Vor 17 Jahren gibt der gebürtige Österreicher sein Debüt im Weltcup, wenige Tage zuvor ist er Junioren-Weltmeister in der Abfahrt geworden. Er reift auf der grössten Bühne zum Podestfahrer, fährt in Kombinationen, Super-G und vier Abfahrten in die Top 3, holt 2013 WM-Bronze in der Kombination. Doch es geht nicht so weiter, wie es angelaufen war. Baumann: im Kriechgang.

Im Winter 2018/19 holt er nur viermal Punkte, am Ende der Saison eröffnet ihm der österreichische Cheftrainer Andreas Puelacher, dass für ihn kein Platz mehr ist im Kader. Baumann will nicht kampflos aufgeben, nach der Heirat mit seiner langjährigen deutschen Freundin nimmt er die deutsche Staatsbürgerschaft an, stellt den Antrag, vom ÖSV in den DSV wechseln zu können.

Der Weltverband FIS und der österreichische Verband willigen ein, er darf seine Punkte behalten, verliert keine Startplätze, neben seinem Namen prangt jetzt die deutsche Flagge. Baumann sagt: «Meine Frau ist eine Deutsche, meine beiden Töchter sind in Deutschland geboren, wir haben ein Haus im bayrischen Kiefersfelden – also mehr Deutsch geht nicht.»

Als Deutscher der beste Österreicher

Doch für einige in der alten Heimat war das Grund genug, ihn derb zu beschimpfen. «Zu Beginn ging mir das nah», sagt Baumann, «mittlerweile ist es mir wurst, stehe ich drüber. Ich kann es nicht jedem recht machen. Und meine Ergebnisse bestätigen ja auch, dass mein Weg der richtige war.»

Baumann blüht auf, Siebter, Achter, Neunter ist er schon geworden in diesem Winter. In der Abfahrt von Gröden lag er mit dem 8. Platz vor allen Österreichern. Auf Seitenhiebe verzichtete er, «aber geschmunzelt habe ich schon».

Bei Baumann ist die Lockerheit zurück, der Nationenwechsel war eine «Befreiung», so sagt er es. Die ständige Drucksituation im österreichischen Team machte ihm zu schaffen. «Schnell einmal muss man sich seinen Startplatz in der Qualifikation verdienen, und fährt man da nicht top, schaut man zu. Am Ende ging es um meine Karriere.»

Seine ehemaligen Teamkollegen reagierten positiv auf den Wechsel, «sie haben ja nun auch einen weniger, der ihnen einen Platz wegnehmen kann», sagt er und schmunzelt.

Hannes Reichelt steht im Zielraum von Kitzbühel, dieser ewige Abfahrer, 40 ist er geworden im letzten Sommer, seit 20 Jahren fährt er im Weltcup, viele Jahre an der Seite von Baumann. Er sagt: «Ich freue mich wahnsinnig für ihn, dass er diese Chance bekommen hat und sie auch nutzt.» Neckereien habe es zu Beginn zwar gegeben, «aber nachdem er in Gröden besser war als wir alle, wurden wir sehr ruhig».

«Bei den Österreichern verstanden wir uns auch gut, aber sobald die Rennen näher kamen, war der Teamkollege vor allem noch Gegner auf der Piste.»

Romed Baumann

Baumann sagt, im deutschen Team habe «eine andere Grundstimmung» geherrscht. «Es war nicht die Schärfe drin, dass ich irgendwem den Platz streitig machen würde, sondern sie waren froh, dass ich da bin und mit ihnen meine Erfahrungen teilen kann. Bei den Österreichern verstanden wir uns auch gut, aber sobald die Rennen näher kamen, war der Teamkollege vor allem noch Gegner auf der Piste.»

Nun gehört er zu einer Mannschaft, die nach Jahren der Niederlagen und öffentlichen Schelten zur Weltspitze gehört – obwohl Teamleader Thomas Dressen wieder einmal verletzt ist. Das liegt an Baumann, aber auch an Andreas Sander, Dominik Schwaiger oder Josef Ferstl. «Romed hat sich sehr gut integriert», sagt Ferstl, «er ist ja ohnehin mehr Deutscher als Österreicher: so ordentlich und pünktlich. Und er bringt die Leistung, hat Erfolge und sich diese mit harter Arbeit auch verdient.»

Baumann, der als deutscher Spitzensportler davon profitiert, von der Bundeswehr angestellt zu sein, sagt: «Beim ÖSV war nicht alles schlecht, es war einfach anders. Für mich hat sich vieles verbessert.»

Das will er auch am Freitag in der ersten Abfahrt auf der Streif nutzen (ab 11.30 Uhr im Liveticker). Schmährufe braucht er keine zu befürchten. Zuschauer sind nicht zugelassen.

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