Unser Team der EuropameisterschaftUnd im Tor steht der neue Bernhard Russi
Drei Italiener, zwei Engländer und sogar zwei Schweizer: Unser Team der Euro – natürlich ohne jeden Lokalpatriotismus ausgewählt.
![Die Meisterprüfung: Akanjis Auftritt im Viertelfinal gegen Spanien.](https://cdn.unitycms.io/images/BM0hLNkGKsO8NMGJE5J76W.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=kcrpDzdOOAQ)
Yann Sommer – der neue Bernhard Russi
Es gibt tatsächlich nur einen Goalie, der an dieser Europameisterschaft mehr Gegentore kassiert hat. Heorhij Buschtschan heisst der Mann, der bei der Ukraine zwischen den Pfosten stand und zehnmal bezwungen wurde. Aber das ist egal. Yann Sommer gehört in unser Team der EM.
Erstens, weil er diesen Penalty gegen Kylian Mbappé gehalten hat. Mit der linken Pranke, die genau im richtigen Moment in die Höhe schnellte. Mit der Millimeterarbeit auf der Linie, wo die Ferse des linken Fusses eben noch so den weissen Kalk gestreift hat. Zweitens, weil die Spanier noch drei Tage lang hätten schiessen können, ohne ihn aus dem Spiel heraus zu bezwingen.
Und drittens – haben wir den Penalty gegen Mbappé schon erwähnt? Für jenen Moment der kollektiven Ekstase verzeihen wir dem 32-Jährigen sogar, dass er fest gewillt scheint, Bernhard Russi als Schweizer Dauerwerbeberiesler zu ersetzen.
Denzel Dumfries – karibischer Lichtblick
Aus der Karibik zum niederländischen Spieler des Turniers – das muss Denzel Dumfries erst einmal nachgemacht werden: 2014 bestritt der explosive Rechtsverteidiger zwei Länderspiele für Aruba, die kleine Karibikinsel, von der sein Vater stammt. Zum Glück für die Niederlande waren es nur Testpartien, so war er 2018, als er sein Debüt für die Oranje gab, spielberechtigt.
Dumfries ist kein Senkrechtstarter, mit 18 spielte er noch im Amateurfussball. So passt es, brauchte der 25-Jährige des PSV Eindhoven auch im Nationalteam Zeit, um auf sich aufmerksam zu machen. Vor der EM galt er nicht als gesetzt, dann brauste er (Hup Holland Hup) in der Vorrunde über die Ukraine und Österreich hinweg, erzielte zwei Tore und bereitete eines vor. Der Lichtblick in einem biederen niederländischen Team.
![Zwei Tore erzielt, eines vorbereitet: Denzel Dumfries war der EM-Lichtblick im niederländischen Team.](https://cdn.unitycms.io/images/9i1l-9BRalzBGAzf4ulpAk.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=jC58T34Cy2s)
Manuel Akanji – Anführer in der Mache
Schaffte das Kunststück und spielte sogar beim 0:3 seiner Schweizer gegen Italien irgendwie ganz passabel. Ein wenig wie ein Kapitän in Gardeuniform, der stoisch am Steuer steht, während rund um ihn herum alles in Flammen aufgeht. Bringt zwar nix, nötigt einem aber zumindest Respekt ab.
Seine Meisterprüfung war aber das Spiel gegen Spanien, als er so viele Bälle ablief, antizipierte, wegköpfte und abgrätschte, bis ihn kein einziger Spieler des Turniers mehr überholen konnte, was Balleroberungen betrifft.
Mit seiner Leistung und seiner Ruhe war er damit bereits ein klarer Anführer in der Schweizer Mannschaft. Vermutlich wird der 26-Jährige das auch noch, was die Ansprache im Team und gegen aussen betrifft.
![Bereits ein klarer Anführer: Manuel Akanji (l.) ist für die Schweiz mehr als nur des Captains Assistent.](https://cdn.unitycms.io/images/82kAYcxEalX97XBjCnQZ-l.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=R8KEETT4XUQ)
Leonardo Bonucci – sogar Einbrecher haben Angst vor ihm
Müsste er sich noch irgendwo als Innenverteidiger bewerben, dann würde sich die Episode prächtig im Lebenslauf machen: Als Leonardo Bonucci einst von einem Einbrecher mit der Waffe bedroht wurde, schlug er ihn mit einem Fausthieb in die Flucht.
Furchtlos ist der 34-Jährige, das zeigte er bei den verwandelten Elfmetern gegen Spanien und England. Das ist schon mal eine gute Eigenschaft für einen Abwehrspieler. Aber Bonucci ist viel mehr, er ist nicht nur robust, sondern auch mit viel Ballgefühl und einer exquisiten Übersicht gesegnet. Im Final erzielte er das 1:1 für Italien.
Am Morgen danach postete er auf Instagram ein Foto, das ihn im Bett mit Trikot, Pokal und seinem Abwehrpartner Giorgio Chiellini zeigt. Auch Chiellini hätte die Wahl in die Mannschaft des Turniers verdient. Auch er könnte einen Räuber problemlos in die Flucht schlagen.
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Luke Shaw – der englische Carlos
18 war der Linksverteidiger 2014, als Manchester United 40 Millionen Euro für ihn bezahlte. Lange blieb Luke Shaw ein unerfülltes Versprechen, 2015 wurde er so böse gefoult, dass ihm nach einem doppelten Bruch beinahe das Bein amputiert werden musste.
Der 26-Jährige durchlebte dunkle Zeiten, es half nicht, nahm der englische Boulevard ein Ferienfoto von ihm zum Anlass, über sein Gewicht zu spotten. Jetzt sieht Shaw aus wie ein georgischer Gewichtheber. Er ist eine Wucht, und es passt zu diesen defensiven Engländern, dass ausgerechnet ein Verteidiger mit ihr torgefährlichster Spieler war, Treffer zum 1:0 im Final inklusive.
Die Teamkollegen nennen ihn nun «Shawberto», in Anlehnung an Roberto Carlos. Der legendäre brasilianische Linksverteidiger hatte einst nicht die Statur eines georgischen Gewichthebers, aber ganz bestimmt die Oberschenkel.
Pedri – der Mann mit dem Eigentor
Irgendwann, wenn diese EM nur noch in kürzesten Videoschnipseln weiterlebt, wird das Turnier von Pedri so aussehen: Er schlägt von Höhe des Anstosskreises einen Pass in Richtung seines Goalies. Der tritt unter dem Ball durch. Die Kugel holpert ins Netz. Klare Sache: Das ist das Eigentor der an Eigentoren nicht eben knappen Euro 2021.
Aber Pedri hat mit seinen erst 18 Jahren noch viel Zeit, um für ein paar andere Endrunden-Highlights zu sorgen. Wobei das Spektakuläre an seinem Spiel vor allem darin besteht, das Schwierige einfach aussehen zu lassen. Ein Nachwuchstrainer hat über ihn gesagt: «Je länger du ihm zuschaust, desto mehr neue und gute Dinge siehst du bei ihm.»
Pedri liest den Raum. Und er spielt Pässe, deren Qualität noch besser zur Geltung kämen, hätte Spanien so etwas wie einen ernst zu nehmenden Angriff.
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Jorginho – der neue Maestro
Die «Gazzetta dello Sport» hat ihn eben erst mit einem Unvergleichlichen verglichen: mit Andrea Pirlo, dem Weltmeister von 2006, dem eleganten Schleicher im zentralen Mittelfeld. Das passt, weil Jorginho den Takt des italienischen Nationalteams vorgeben kann. Und es ist irgendwie unpassend, weil der Mann aus Brasilien keiner für die raumgreifenden Spielverlagerungen eines Pirlo ist.
Jorginho spielt kurze Pässe. Aber die kann er auf so kleinem Raum an den eigenen Mann bringen, dass daraus eine fliessende Bewegung der gesamten Mannschaft entsteht. Im Final war er der Typ Spieler, der den Engländern so sehr fehlte im Mittelfeld.
Am Ende hätte er Rot sehen können, er vergab seinen Penalty. Aber er ist 2021 Europameister und Gewinner der Champions League geworden. Das ist kein Zufall.
![Hätten die Engländer mit ihm mehr erreicht? Italiens Herz Jorginho.](https://cdn.unitycms.io/images/Dc3WHFWu4UN80PHJcsV3NN.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=9eN2h3WyYEQ)
Federico Chiesa – der Aufsteiger
Eigentlich war für ihn nur eine Nebenrolle vorgesehen. Aber dann spielte Federico Chiesa einfach zu gut, um weiter auf der italienischen Bank zu sitzen. Gegen Österreich ging der Stern des 23-Jährigen auf, als er mit seiner feinen Technik das Tor zum Viertelfinal aufstiess. Ballannahme mit dem Kopf, kurze Verlagerung mit rechts, Torschuss mit links – ein kleines Gesamtkunstwerk.
Nach diesem Tor blieb Chiesa in der Mannschaft, für die er danach Öffnungen fand, wo andere geschlossene Abwehrreihen sahen. Wunderbar sein Tor gegen Spanien, schlicht grossartig sein Auftritt im EM-Final.
Schon sein Vater Enrico spielte einst für Italien, traf an der EM 1996 sogar wie jetzt sein Sohn im Wembley-Stadion. Spätestens am Sonntag hat der Sohn den Papa in der familieninternen Hierarchie überholt.
Mikkel Damsgaard – Lehrmaterial für Ronaldo
Vielleicht hat sogar Cristiano Ronaldo in den letzten Tagen Mikkel Damsgaard gegoogelt. Gegen England schoss der 21-jährige Offensivspieler Dänemarks einen Freistoss, wie das der portugiesische Superstar seit langem vergebens versucht: wuchtig, über die Mauer, mit einer unberechenbaren Flugbahn wie ein Luftheuler.
Der Führungstreffer im Halbfinal rundete Damsgaards grosse Darbietungen an dieser EM ab. Als Nobody gestartet, hat er sich mit seinen frechen und furchtlosen Auftritten in die Herzen der Dänen gespielt. Und in die Notizbücher grosser Vereine: Sein Club Sampdoria Genua soll schon einmal klargemacht haben, dass er 40 Millionen Euro für Damsgaard haben will. Mindestens.
![Ja, der hat genau gepasst: Damsgaard nach seinem Freistosstor im Halbfinal gegen England.](https://cdn.unitycms.io/images/DihRIl544si9tt17G5zFBL.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=IlVgqLNctiU)
Raheem Sterling – wären bloss die Schwalben nicht
Am Ende bleibt von ihm dieses Bild haften: dass er im Strafraum so kontaktfreudig ist wie ein Marktforscher. Mit einer Schwalbe gegen Dänemark führte Raheem Sterling England in den Final, gegen Italien versuchte er den Trick erneut. Und trotzdem wäre es ungerecht, den 26-jährigen Offensivspieler von Manchester City auf diese Eigenschaft zu reduzieren.
Sterling, in England lange verschmäht, war die überragende Figur im Team von Gareth Southgate. Drei Tore erzielte er, ein weiteres bereitete er vor. Und als bei den Engländern im Achtelfinal gegen Deutschland die Beine ob der Erwartungshaltung und des Drucks schwer geworden waren, tänzelte Sterling durch die Abwehrreihen und verlieh so seinem Team überhaupt erst den Glauben an den Titel.
![Foul oder nicht Foul? Sterling im Final gegen Italiens Cristante.](https://cdn.unitycms.io/images/CXaxBAk4qiHAIDy7WYRE2a.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=kfrmEbdoeds)
Patrik Schick – Seoane kann sich freuen
Vielleicht haben sich an Gerardo Seoanes Finger Blasen gebildet, weil sich der frühere YB-Trainer so oft die Hände gerieben hat, dass er bei Bayer Leverkusen auf Patrik Schick zählen kann. Der Tscheche gilt schon länger als ganz passabler Stürmer, aber er offenbarte einen nicht unerheblichen Mangel: den fehlenden Torinstinkt. Mehr als elf Ligatreffer sind ihm in einer Saison weder für die AS Roma, Leipzig noch Leverkusen gelungen.
Möglich, dass dieses Turnier einen Wendepunkt für Schick markiert: Mit fünf Toren führte er Tschechien in den Viertelfinal, darunter war auch das schönste des Turniers überhaupt gegen Schottland, als er den Goalie von der Mittellinie aus überlistete. Der 25-Jährige ist mit Ronaldo der beste Torschütze des Turniers, er brauchte dafür aber nur einen Elfmeter – und nicht drei wie der Portugiese.
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