Johnny Depp und Amber HeardUnd dann verliert er überraschend den Prozess
Die «Sun», das britische Boulevardblatt, darf vom Schauspieler Johnny Depp weiterhin behaupten, er habe seine Frau geschlagen. Der aber zieht das Urteil weiter.
«Vergiss nicht», sagte Charlie Chaplin einmal, «dass man dir alle deine Filme wieder vorspielen wird.» Der Komiker, der wegen angeblich kommunistischer Neigungen von den McCarthy-Spitzeln diffamiert wurde und wegen Frauengeschichten immer wieder in die Schlagzeilen geriet, verstand den Satz metaphorisch. Alle Fehler, alle Peinlichkeiten, alle Verluste, alle Diffamierungen holen dich wieder ein, wenn du ein Star bist.
Der amerikanische Schauspieler Johnny Depp versteht heute besonders gut, was Chaplin damals meinte. Depps Privatleben, seine Millionenausgaben, seine multiplen Beziehungen und Abstürze, seine Aggressionen werden seit Jahren rapportiert. Als Reaktion darauf hat er gegen die «Sun» geklagt, das britische Boulevardblatt, das die homophobe, reaktionäre Fertigmacherprosa zu einer olympischen Disziplin entwickelte.
Aber diesmal hat die Zeitung gewonnen, wie dem Richterentscheid vom Montag nach vierwöchigem Prozess zu entnehmen ist. Die britische Zeitung darf bis zum Entscheid der nächsten Instanz – Depp und seine Anwälte ziehen den Fall weiter – behaupten, der Schauspieler habe seine Frau Amber Heard geschlagen. Dass sie zurückgeschlagen hat, wie Depp aussagte, war nicht Gegenstand des Londoner Prozesses.
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Johnny Depp, der als Scheidungskind in zwanzig verschiedenen Orten aufwuchs, hat sich auf das Darstellen von Sensiblen spezialisiert. Der schöne Kindsmann, der sich gerne als Opfer inszenierte, sieht sich jetzt als Täter markiert. Und die «Sun» darf den Sieg über einen Prominenten feiern.
Dieser fällt umso bemerkenswerter aus, als die Boulevardzeitung die Wahrheit immer als Option unter vielen interpretiert hat. Und wer das Geld und die Geduld hatte, gegen die Zeitung zu klagen, bekam meistens recht. Elton John zum Beispiel, über den das Blatt groteske Behauptungen in Serie aufstellte, hat jede einzelne seiner Klagen gegen die «Sun» gewonnen. «Sorry, Elton» titelte diese schliesslich, als ihr nichts anderes mehr übrig blieb.
Umso bedrückender muss sich Johnny Depps Niederlage anfühlen. Denn im nächsten Jahr kommt es in derselben Sache in den USA ebenfalls zum Prozess. Wenn Depp in England auch in der zweiten Instanz verliert, könnte ihm das in der amerikanischen Heimat schaden.
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Fest steht: Johnny Depp ist systematisch abgestürzt. Die Pressekommentare der letzten Jahre thematisierten immer wieder den Schock darüber, was für ein Wrack aus dem so feinfühligen Mann geworden ist, der mit jeder neuen Version von «Pirates of the Caribbean» tiefer im Fortsetzungssumpf versank. Dem so umgänglichen und empfindsamen Schauspieler wurden Kokain- und Alkoholexzesse sowie erratisches Verhalten nachgesagt; er sei launisch, unzuverlässig und ausfällig geworden, klagten Kollegen auf dem Set. Johnny Depps grösstes Vorbild ist Keith Richards. Nur fehlt dem Schauspieler sowohl die Konstitution wie auch die stoische Selbstironie des Musikers, zwei starke Überlebenshilfen.
Übrigens zeigt man nicht allen ihre Filme nochmals. Als der schottische Schauspieler Sean Connery am Samstag mit 90 Jahren starb, überboten sich die Nachrufe in der Feier seiner feinen, britischen Art: Agent 007 als Gentlemen-Killer. Dass Connery sich früher dafür ausgesprochen hatte, Frauen zu schlagen, gab damals zu reden, jetzt ist es vergessen. Immerhin hatte er sich selber von seinen Aussagen distanziert. Vielleicht fehlt Johnny Depp am meisten das: ein bitzeli Distanz zu sich selber.
Die Presse thematisiert den Schock darüber, was für ein Wrack aus dem so feinfühligen Schauspieler geworden ist.
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