Kolumne «Ertappt»Unbescholtener Lenker wird zum Verkehrsrowdy
Ein Autolenker tickt aus, weil ihm ein anderer den Vortritt genommen hat. Am Prozess am Bezirksgericht Horgen redet er seine Wut klein.
Er hupt, betätigt die Lichthupe, bremst aus, lässt den anderen nicht vorbeifahren, steigt aus dem Auto und stellt den Kontrahenten zur Rede. Zur Krönung gibts einen Tritt gegen die Stossstange. So passiert im August 2019 in der Nähe der SOB-Station Samstagern. Der Grund: Der andere Lenker hatte dem 57-Jährigen den Vortritt genommen.
Der Fall kommt ans Bezirksgericht Horgen, weil der Beschuldigte mit dem Strafbefehl nicht einverstanden war. Wegen der beschädigten Stossstange wird er nicht belangt, trotz Schaden von über 2200 Franken. Die Besitzerin des Autos hatte keine Strafanzeige gestellt.
So geht es noch um das Nicht-überholen-Lassen und das Nicht-wegfahren-Lassen. Der Beschuldigte, der keine einschlägigen Vorstrafen aufweist, ist sich keiner Schuld bewusst. Er habe nicht gemerkt, dass der andere überholen wolle, weil er auf den Strassenrand geschaut habe. Schliesslich sei es dort sehr unübersichtlich. Blöd für ihn: Es gibt ein Video, das laut dem Richter zeigt, dass er beschleunigt hatte, als der Kontrahent vorbei wollte.
Den Weg versperrt habe er danach sicher nicht, betont der 57-Jährige. Er sei erschrocken wegen des Verhaltens des anderen. Darüber habe er reden wollen. Der andere Lenker habe problemlos wegfahren können. Auch das ist auf Video zu sehen, der Richter hält die Version des Beschuldigten für plausibel, auch wenn der 57-Jährige mit dem anderen Lenker wohl nicht ganz normal gesprochen habe.
«Ein automobilistischer Schlagabtausch» zwischen den Kontrahenten sei das gewesen, findet der Richter. Der Beschuldigte kassiert eine bedingte Geldstrafe von 75 mal 90 Franken, weil er den anderen nicht vorbeigelassen hat. Weil er seinen Wagen auf der Strasse «parkiert» hat, setzt es für den Beschuldigten zudem eine Busse von 700 Franken ab.
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