Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Bomben auf Odessa
Russische Raketen töteten beinahe den griechischen Premier – war das Absicht?

This handout photograph taken and released by Ukrainian Presidential Press Service on March 6, 2024, shows Ukraine's President Volodymyr Zelensky (2ndL) and Greece's Prime Minister Kyriakos Mitsotakis (3rdL) walking in front of a residential building damaged as a result of a drone attack in Odesa. Explosions rang out in Ukraine's southern port city of Odesa on March 6, 2024, during a visit to the Black Sea hub by President Volodymyr Zelensky and Greek Prime Minister Kyriakos Mitsotakis. (Photo by Handout / UKRAINIAN PRESIDENTIAL PRESS SERVICE / AFP) / RESTRICTED TO EDITORIAL USE - MANDATORY CREDIT "AFP PHOTO / UKRAINIAN PRESIDENTIAL PRESS SERVICE" - NO MARKETING NO ADVERTISING CAMPAIGNS - DISTRIBUTED AS A SERVICE TO CLIENTS
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Odessa ist leidgeprüft, was Raketenangriffe durch die russische Armee betrifft. Die Stadt am Schwarzen Meer ist wegen ihres Hafens Ziel vieler Attacken gewesen – so auch an diesem Mittwoch. Das Aussergewöhnliche ist diesmal: Der Angriff auf den Hafen erfolgte, während dort der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski und der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis zu Besuch waren und der Ukrainer seinem Gast in der Nähe die Spuren und Folgen vorheriger Attacken zeigte. Nach ukrainischen Angaben starben fünf Menschen.

Zum Ende des Besuchs im Hafen habe man Sirenen und nahe Explosionen gehört, berichtete Mitsotakis: «Wir schafften es nicht, in einen Schutzraum zu gelangen.» Auch Luftalarm wurde in Odessa ausgelöst.

Ungewiss ist, ob der Raketenangriff, den auch das Verteidigungsministerium in Moskau bestätigt, mit dem Besuch der beiden Politiker zusammenhängt. In den zwei Jahren seit der russischen Invasion der Ukraine kam es immer wieder vor, dass ausländische Politiker-Besucher Schutz bei Luftalarm suchen mussten. Aber wohl noch nie war ein solcher Angriff derart heftig wie der in Odessa.

Wusste Russland vom Besuch des griechischen Premiers?

Das ist unklar – es gilt aber als wahrscheinlich. Wenn ausländische Politiker in die Ukraine reisen, wird das üblicherweise vorher nicht öffentlich mitgeteilt, sondern meist erst mit dem Eintreffen vor Ort. Auch wenn der ukrainische Präsident durchs Land fährt, erfährt das die Öffentlichkeit meist nicht. Im Fall der Reise von US-Präsident Joe Biden nach Kiew vor gut einem Jahr ist aber bekannt, dass Russland vorab in Kenntnis gesetzt wurde – genauso wie bei den bisher sechs Besuchen von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Die Vermutung liegt nahe, dass die Regierung in Moskau auch bei anderen Politikern vorab über diplomatische Kanäle informiert wird. Und selbst wenn nicht, spricht einiges dafür, dass die russischen Geheimdienste Wind davon bekommen, wenn ein hochrangiger Politiker in die Ukraine fährt. Das heisst aber nicht automatisch, dass diese Information auch bis zu denjenigen Soldaten durchdringen, die letztlich eine Rakete in Richtung Ukraine abfeuern.

Was sagt die Regierung in Moskau?

Das russische Verteidigungsministerium teilt mit, man habe durch einen «hochpräzisen Raketenangriff» im Hafen von Odessa eine Halle zerstört. In dieser seien Seedrohnen zum Einsatz vorbereitet worden. Ob das stimmt, ist völlig unklar. Sicher ist nur: Die Seedrohnen sind für die russische Schwarzmeerflotte seit Langem ein grosses Problem, deshalb hat sie immer wieder Schiffe von der Krim in weiter entfernte Häfen zurückgezogen. Erst am Dienstag hat die ukrainische Marine mit solchen unbemannten und ferngesteuerten Booten, die bis zu 200 Kilogramm Sprengstoff an Bord haben, vor der Krim das russische Patrouillenboot Sergej Kotow schwer beschädigt.

Als unplausibel gilt die in griechischen Medien verbreitete These, der Angriff habe Selenski Autokolonne gegolten – für solche Ziele eignen sich Raketen nicht.

Was sagt die EU?

EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen verurteilt auf X die «niederträchtige Attacke» während des Besuchs Selenski und Mitsotakis’ in Odessa. «Niemand lässt sich einschüchtern durch diesen neuen versuchten Terroranschlag – weder die zwei Staats- und Regierungschefs vor Ort noch das tapfere Volk der Ukraine.» Der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell schreibt, der «rücksichtslose Angriff» zeige erneut, dass Russlands Präsident Wladimir Putin jegliche Normen missachte, sowie seine Bereitschaft zur Eskalation.

Gibt es solche Vorfälle öfter?

Ja, und auch deutsche Besucher in der Ukraine haben das schon zu spüren bekommen. Präsident Frank-Walter Steinmeier musste während seines Besuchs in Korjukiwka im Norden der Ukraine einen Schutzraum aufsuchen, da Luftalarm ausgelöst worden war – das war im Oktober 2022. Auch Aussenministerin Annalena Baerbock hat schon Luftalarm erlebt – zum Beispiel im Januar 2023 in Charkiw. Und erst vor zehn Tagen brach sie den Besuch eines Wasserwerks in der südukrainischen Stadt Mykolajiw ab – man hatte eine russische Aufklärungsdrohne in der Luft gesichtet, die schliesslich Baerbocks eilig davonfahrende Kolonne noch ein Stück weit verfolgte. Und am Abend zuvor musste sie wegen eines Luftalarms den Schutzraum ihres Hotels aufsuchen – und zwar in Odessa. Ernstere Zwischenfälle bei Politiker-Besuchen gab es bisher aber nicht.

Mit Material der Nachrichtenagentur DPA