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Europas Rolle im Ukraine-Krieg
Britischer Premier will Friedens­truppen schicken

Premierminister Keir Starmer trifft in Zypern auf dort stationierte Truppen. (10. Dezember 2024)
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In Kürze:
  • Der britische Premierminister Keir Starmer signalisiert Bereitschaft, Soldaten in die Ukraine zu entsenden.
  • Dies mit dem Ziel, ein mögliches Friedensabkommen abzusichern.
  • Die europäischen Partner äussern Bedenken gegenüber Starmers Plänen und weisen auf die Möglichkeit einer Konfrontation mit Russland hin.

Als der französische Präsident Emmanuel Macron vor gut einem Jahr laut darüber nachdachte, europäische Truppen in die Ukraine zu schicken, biss er bei seinen Kolleginnen und Kollegen auf Granit. Nun erklärte der britische Premierminister Keir Starmer in einem Gastbeitrag in der Zeitung «The Telegraph», er sei «bereit und willens», Soldaten in die Ukraine zu verlegen, um ein mögliches Friedensabkommen abzusichern. Er sage das nicht leichtfertig, so Starmer. «Aber jeder Beitrag, den wir leisten, um die Sicherheit der Ukraine zu garantieren, hilft auch dabei, die Sicherheit unseres Kontinents und unseres Landes zu sichern.»

In Europa bricht damit laut und öffentlich eine Debatte aus, die die Regierungen bisher lieber vermieden haben. Im Kern steht die Frage: Sind die Europäer gewillt, ein Abkommen, das zum Ende der Kämpfe in der Ukraine führt, mit ihren eigenen Soldaten abzusichern, sprich: es notfalls gegen Russland mit Gewalt durchzusetzen? Bislang war das eine eher theoretische Perspektive.

Doch nun hat US-Präsident Donald Trump offiziell Gespräche mit Russland über das Schicksal der Ukraine begonnen und die Europäer explizit aufgefordert, nach Washington zu melden, welchen Beitrag sie zur Sicherheit des Landes leisten können. Die Folge: Die Frage nach europäischen Truppen zu ignorieren, funktioniert nicht mehr.

Was soll die Aufgabe der Truppe sein?

Das bedeutet nicht, dass die Antwort einfacher geworden ist. Das fängt bei sehr grundsätzlichen Dingen an. Zuerst: Sollen solche Truppen mit oder ohne Zustimmung Russlands entsandt werden? Dann: Was soll ihre Aufgabe sein? Sollen europäische Soldaten – eventuell auch gemeinsam mit indischen oder gar chinesischen – nur ein zwischen Moskau und Kiew geschlossenes Waffenstillstands- oder Friedensabkommen beobachten und Verstösse dokumentieren? Eine solche Mission hält eigentlich niemand, der sich mit dem Krieg in der Ukraine beschäftigt, für besonders sinnvoll.

Was also sonst? Wenn es, wie Starmer schreibt, darum geht, «die Sicherheit der Ukraine zu garantieren», muss eine Truppe eigentlich die Aufgabe haben, Russland nach einem Friedensschluss dauerhaft davon abzuhalten, den Krieg fortzusetzen. Das kann entweder durch Abschreckung geschehen, wenn eine so grosse und so hochgerüstete europäische Schutztruppe in der Ukraine steht, dass Moskau keinen weiteren Angriff wagt.

Oder es kann im Ernstfall bedeuten, dass diese Truppe sich einem russischen Angriff mit Waffengewalt in den Weg stellen muss, um die Ukraine zu schützen. Bei diesem Mandat würde Moskau der Stationierung aber kaum zustimmen – die Europäer kämen also als Russlands Gegner in die Ukraine.

Gefahr einer Konfrontation mit Russland

Der polnische Aussenminister Radek Sikorski wies bei der Münchner Sicherheitskonferenz ausdrücklich auf die Möglichkeit einer Konfrontation mit Russland hin. Wer über europäische Truppen in der Ukraine rede, müsse auch darüber reden, ob diese Truppen dort im schlimmsten Fall gegen Russen kämpfen sollen, sagte er. Starmer deutet das in seinem Zeitungsbeitrag zumindest an. Er sei sich bewusst, dass er mit seiner Entscheidung «möglicherweise britische Soldaten und Soldatinnen in Gefahr bringt», schrieb er.

Sikorski – dessen Regierung kein Befürworter einer europäischen Schutztruppe in der Ukraine ist – warnte in München auch, sich um klare Antworten auf die Frage nach der Kriegsbereitschaft herumzumogeln. Es gebe nichts Gefährlicheres als «leere Sicherheitsgarantien», sagte er. Zu sagen, man werde ein Land vor einem Angriff schützen, aber in Wahrheit nicht bereit zu sein, es bei einem Angriff auch zu verteidigen, mache eine sicherheitspolitische Lage eher prekärer als stabiler. Sowohl der vermeintlich Geschützte als auch der potenzielle Angreifer könnten sich dann aufgrund von Fehlkalkulationen zu Handlungen hinreissen lassen, die eskalieren.

Fehlende Rückendeckung durch das US-Militär

Entscheidend ist aus Sicht der Europäer auch, ob ihre Schutztruppe in der Ukraine eine rein europäische Mission wäre oder ob die USA eingebunden sind. Rückendeckung durch das amerikanische Militär würde zwar das Eskalationspotenzial bis hin zu einem möglichen Atomkrieg zwischen den USA und Russland erhöhen. Aber US-Unterstützung würde einem europäischen Einsatz auch deutlich mehr Gewicht und Glaubwürdigkeit geben. Insofern ist es ein Problem, dass nach derzeitigem Stand in Washington keine Bereitschaft zu erkennen ist, US-Soldaten in die Ukraine zu schicken. Das gilt wohl auch für die Absicherung einer europäischen Truppe, indem man sie unter Nato-Kommando stellt, damit die Beistandsklausel der Allianz Gültigkeit hätte und Amerika zu Hilfe käme, sollten russische Soldaten angreifen. Auch das möchte Washington offenbar nicht.

Unterm Strich bleibt das Problem – in Amerika ohnehin, aber auch in Europa –, dass die Bereitschaft in den meisten Ländern nicht besonders gross ist, Soldaten in einen hochriskanten Einsatz in der Ukraine zu schicken.