Konflikt mit RusslandUkraine erhält Waffen aus Grossbritannien
Angesichts des drohenden Einmarschs der Russen versucht Kiew seine Armee aufzurüsten. London hat bereits Panzerwaffen geschickt, Deutschland weist die Gesuche ab.
Grossbritannien will die ehemalige Sowjetrepublik mit leichten Panzerabwehrwaffen versorgen. Es gehe darum, die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine zu verbessern, sagte der britische Verteidigungsminister Ben Wallace am Montagabend im Parlament. «Es handelt sich nicht um strategische Waffen und sie stellen keine Bedrohung für Russland dar. Sie sollen zur Selbstverteidigung eingesetzt werden», betonte er.
Eine kleine Anzahl britischer Armeeangehöriger solle das ukrainische Militär dort für kurze Zeit im Umgang mit den Waffen ausbilden, ergänzte der Minister. Um welche defensiven Panzerabwehrwaffen es genau geht, sagte er nicht. «Die Ukraine hat jedes Recht, ihre Grenzen zu verteidigen», so Wallace weiter. Zuletzt hatte der Minister daran erinnert, dass Grossbritannien beim Erhalt der ukrainischen Marine helfe. Seit 2015 seien mehr als 22’000 ukrainische Soldaten von Briten trainiert worden.
Im Gegensatz zu Grossbritannien will Deutschland keine Waffen an die Ukraine liefern. «Die Haltung der deutschen Regierung mit Blick auf Waffenlieferungen ist bekannt und ist auch in unserer Geschichte begründet», sagte Aussenministerin Annalena Baerbock bei ihrem Besuch in Kiew. Am Mittwoch reist sie für Gesprächen mit ihrem russischen Kollegen Sergej Lawrow nach Moskau (Lesen Sie auch unseren Kommentar zum Ukraine-Konflikt: So steigert Deutschland die Kriegsgefahr)
Der ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, hatte Baerbock kurz zuvor eindringlich aufgefordert, Kiew die Lieferung von Waffen zur Landesverteidigung zuzusagen. Die Zurückhaltung oder Ablehnung von Rüstungshilfe sei «sehr frustrierend und bitter», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Die Ukraine fordert seit Jahren Waffenlieferungen von Deutschland, um sich gegen einen möglichen russischen Angriff verteidigen zu können – bisher ohne Erfolg. Der Grünen-Chef Robert Habeck hatte im vergangenen Mai im Wahlkampf bei einem Besuch in der Ukraine gesagt, man könne dem Land «Defensivwaffen» kaum verwehren.
Auch der Chef der Münchener Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, forderte, Waffenlieferungen nicht von vornherein auszuschliessen. Es müsse erreicht werden, dass der Preis für Russland im Falle einer Militäraktion so hoch wäre, «dass sich das möglicherweise doch nicht rechnet», sagte er bei «Bild live». In dieser Situation sei es gut, nichts auszuschliessen, «weder massive wirtschaftliche Sanktionen noch Waffenlieferungen, wie etwa Lieferungen von Defensivwaffen durch die EU».
Schutzlos gegen die russische Luftwaffe
Mit Abstand der wichtigste Unterstützer der Ukraine ist Washington. Angesichts des russischen Truppenaufmarsch belief sich die Militärhilfe der USA im vergangenen Jahr auf 450 Millionen Dollar. Seit der Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014 waren es insgesamt 2,5 Milliarden Dollar. Darunter fallen vor allem Ausgaben für Ausbildung oder die Reform der Streitkräfte, aber auch im Umfang und in der Art der Systeme stark begrenzte Waffenlieferungen.
Militärisch den grössten Effekt dürften moderne Panzerabwehrraketen haben, wie die «Süddeutschen Zeitung» berichtet. Weitgehend schutzlos wäre die ukrainische Armee jedoch gegen die Artillerie und mehr noch gegen überlegene Kampfhubschrauber und die Luftwaffe der russischen Armee. Luftabwehrraketen stehen deswegen weit oben auf Kiews Wunschliste. Bislang haben die USA aber nicht geliefert.
Die Nato selbst liefert nur selten Waffen. Die Ukraine beauftragte jedoch die in Luxemburg ansässige Nato-Agentur für Unterstützung und Beschaffung (NSPA), «defensive militärische Ausrüstung und Nachschub» zu erwerben. Daraufhin habe Kiew im vergangenen Dezember 20 Drohnenabwehrsysteme erhalten.
Ein direktes militärisches Eingreifen der USA oder der Nato wäre im Fall eines russischen Einmarsches in der Ukraine eher unwahrscheinlich. Washington und die europäischen Verbündeten dürften vielmehr mit drastischen Wirtschaftssanktionen reagieren.
Russland hat inzwischen etwa 100’000 Soldaten in drei Regionen entlang der Grenze stationiert. Die regulären, ukrainischen Landstreitkräfte umfassen etwa 85’000 Soldaten. Rund 100’000 Ukrainer lassen sich jedoch für die Verteidigung ihres Lands als Reservisten ausbilden.
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SDA/AFP/aru
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