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Uetiker wünschen sich Platz für Kultur in der Chemiefabrik

Mehrere Gebäude der Fabrik sind geschützte Objekte, etwa der Hochkamin, das Kammerofengebäude mit dem doppelten Satteldach und das Verwaltungsgebäude (mit Flachdach).
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Man nehme ein Stück Land und baue darauf etwas Neues: Im Computerspiel Sim City ist das im Handumdrehen gemacht, da man als Alleinherrscher selber bestimmen kann, welche Gebäude man hinstellt und wozu diese dienen. Auf dem bald stillgelegten Fabrikareal der Chemie Uetikon, das Kanton und Gemeinde erstanden haben und auf dem unter anderem eine neue Mittelschule entstehen wird, ist das hingegen komplizierter.

Das waren sich auch die rund 35 Uetiker bewusst, die am Mittwochabend mit Fachleuten und Behördenvertretern darüber diskutierten, wie das Areal mit Seeanstoss künftig genutzt werden soll. Interessierte Bürger können in sogenannten Fokusgruppen ihre Anliegen einbringen. Diese fliessen in den Planungsprozess ein – so sieht es das Beteiligungsverfahren vor, das die Behörden gestartet haben (siehe Kasten).

Die Illusion vom neuen Dorf

Am besagten Abend stand der Nutzungsmix auf dem Gebiet im Vordergrund. Zwei Experten steckten zu Beginn in Referaten einen Rahmen ab, damit die Anwesenden nicht ins Masslose fantasierten und auf dem Boden der Realität blieben. Denn es ist zwar Vieles möglich, aber nicht Alles. Zum einen spielt der Denkmalschutz eine wichtige Rolle. Monika Twerenbold von der kantonalen Denkmalpflege führte aus, dass mehrere Gebäude kantonal oder zumindest kommunal geschützte Objekte sind und erhalten bleiben sollen.

Beispiel dafür ist das Maschinenhaus von 1818 mit seinem Hochkamin von 1850. Es ist eines der ältesten Gebäude der 200 Jahre alten Fabrik. Geschützt sind aber auch das Düngergebäude von 1896 in der Arealmitte sowie im Osten das prägnante Kammerofengebäude, das ebenfalls aus dem 19. Jahrhundert stammt, und das Verwaltungsgebäude von 1940. «Ein wesentliches Merkmal der Anlage ist die bauliche Dichte», sagte Twerenbold. «Sie soll erhalten bleiben, auch wenn neue Gebäude hinzukommen.» Insbesondere mit Blick auf jene Gebäude, die abgerissen werden dürfen, sagte sie aber: «Der Spielraum ist gross.»

Immobilienfachmann Bernhard Ruhstaller wiederum warnte vor falschen Hoffnung, was die Nutzung des Areals angeht. «Uetikons Identität ist oben im Dorf. Sie werden keine Dorfidentität an den See bringen, das ist eine Illusion», sagte er. Und: «Es wird Leute geben, die nur wegen dem See herziehen und sich nicht für das Dorf interessieren.»

Braucht es Luxuswohnungen?

Der Landstreifen am See soll denn auch attraktiven Wohnraum bieten. Wie viele Wohnungen entstehen, für wen und wie teuer sie sind, das war eines der Themen, welche die Anwesenden gruppenweise diskutierten. Die meisten von ihnen gehen davon aus, dass die Gemeinde wohl einen guten Teil ihres Landes an Private verkaufen muss, damit wieder Geld in die Gemeindekasse kommt und andere Angebote quersubventioniert werden können. Soll es auch Platz für Luxuswohnungen geben? Darüber war man sich nicht einig. «Das passt nicht zu Uetikon», fand jemand, andere schienen damit eher zu leben können.

Eine weitere Frage beschäftigte die Uetiker besonders. Was kann man tun, damit der neue Dorfteil nicht wie ausgestorben wirkt, vor allem am Abend und an den Wochenenden, wenn die Kantonsschüler nicht da sind? Mit Gastronomie und Kultur, fanden die meisten, könne man das Gebiet beleben. Es brauche eine gehobene Gastronomie, die weit über Uetikon hinaus strahle und auch im Winter Leute anziehe, sagte jemand. Gleichzeitig war der Wunsch nach günstigeren Verpflegungsmöglichkeiten zu hören. «Aber keinen McDonald's».

«Dort unten wird gekifft»

Auch für kulturelle Einrichtungen gab es Ideen, ein Kino oder ein Theater etwa. Beliebt war zudem der Vorschlag für eine «Aktionshalle», beispielsweise im denkmalgeschützten Düngerbau. Dieser könne umgebaut und im Zentrum des Areals ein Ort für verschiedene Aktivitäten werden, hiess es. Auch der Vergleich mit dem Schiffbau und der Roten Fabrik in Zürich kam auf. Allerdings gab es auch Skeptiker: «Wir sollten in Uetikon nichts kopieren, das es anderswo schon gibt», sagte jemand.

Zur Sprache kamen überdies mögliche Konflikte zwischen den bis zu 1500 Schülern und den Anwohnern. «Dort unten am See, da wird ganz sicher gekifft», sagte jemand. Das werde sich nicht verhindern lassen. Trotzdem schlossen sich die meisten dem Votum eines jungen Teilnehmers an, der sagte: «Wichtig ist, dass die Schüler Freiraum haben. Sie dürfen nicht eingehagt sein.»

Auch das Gewerbe soll nicht vergessen gehen. «Das ist einer der letzten Plätze in Uetikon, an dem man etwas fürs Gewerbe machen kann», sagte ein Teilnehmer. Er wünschte sich Startups auf dem Gelände, realisierte aber bereits, dass es diese schwer haben könnten: «Man muss für Rahmenbedingungen sorgen, damit Gewerbler die Grundstücke und Mieten bezahlen können.»

Viel also möchten die Uetiker auf dem alten Farbrikareal unter einen Hut bringen. Sie merkten aber auch, dass ein Abend allein für eine solche Diskussion nicht ausreicht. Im Computerspiel Sim City wäre in der gleichen Zeit wohl bereits eine ganze Stadt entstanden.