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Putin zieht positive Bilanz
Über den «Bürger» Nawalny liess er nicht mit sich reden

Über ihn wollte Putin mit US-Präsident Biden nicht sprechen: Ein Wandbild des russischen Oppositionschefs Alexei Nawalny in Genf. 
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«Wir versuchen herauszufinden, ob wir gemeinsame Interessen haben», sagte Joe Biden zu Beginn des Gipfels. Und dort, wo man sich nicht finde, suche man nach einem rationalen Umgang miteinander, «zwei Grossmächte» unter sich. Das war ganz in Wladimir Putins Sinn. Nach dem Treffen zeigte er sich zufrieden und betonte, dass es solche Bereiche der Zusammenarbeit durchaus gebe. Die Gespräche seien sehr konstruktiv gewesen, es habe keine Feindlichkeiten gegeben, lobte er das Treffen mit dem fünften US-Präsidenten, den er in seiner über 20-jährigen Politkarriere kennen gelernt hat.

Klar war auch, welche Bereiche nicht zur Zusammenarbeit gehören, doch das nahm man in Kauf. Ziel des Gipfels war es auf russischer Seite nicht, mit Biden einen Neustart zu finden und die Beziehungen, die sich laut russischer Wahrnehmung auf einem Allzeittief befinden, zu verbessern. Vielmehr ging es darum, die Spannungen, die man als gegeben hinnimmt, sicher zu kanalisieren und etwa militärische Missverständnisse, die zu einer Eskalation führen könnten, zu vermeiden. «Wir werden versuchen, einen Weg zu finden, um die Spannungen zu regulieren», sagte der Präsident vor dem Gipfel. Stabilität und Verlässlichkeit seien dabei das Wichtigste überhaupt. Moskau wolle damit Chaos und Eskalation verhindert, sich aber auch Respekt verschaffen, sagen russische Experten.

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Allerdings ist das Level der Stabilisierung sehr tief, wie die diplomatische Krise zwischen den beiden Ländern zeigt. Am Gipfel wurde vereinbart, dass die Botschafter beider Länder auf ihre Posten zurückkehren. Seit Monaten ist etwa die amerikanische Botschaft in Moskau faktisch geschlossen. Die Botschafter waren im März zu Konsultationen abgezogen worden und nicht auf ihre Posten zurückgekehrt.

Von Wärme zwischen den beiden Präsidenten war bei dem Treffen nichts zu spüren, auch das strebten die Russen nicht an. «Die russische Seite will eine feindliche, aber respektvolle Beziehung», sagte Wladimir Frolow, ein russischer Spezialist für Aussenpolitik, der «Moscow Times». «Sie wollen die Dinge so, wie sie unter Breschnew waren in den 70er- und 80er-Jahren. Man beschimpfte sich nicht, es gab keine Sanktionen gegen einzelne Politiker und niemand versuchte die sowjetische Führung zu stürzen, indem er die Opposition unterstützte.»

Man habe über den «Bürger» gesprochen, tat Putin das Thema Nawalny schnell ab.

Friedliche Koexistenz war damals das Schlagwort, ein Modell, bei dem die zwei Seiten (Sozialismus und Kapitalismus) miteinander konkurrieren, dieser Wettbewerb aber nicht mit Gewalt geführt wird. In konservativen russischen Politkreisen möchte man die Aussenpolitik wieder an diesen Punkt bringen: Russland und der Westen kritisierten einander, aber die unterschiedlichen Werte werden hingenommen und keine Seite mischt sich in die inneren Angelegenheiten der anderen ein.

Man arbeitete dort zusammen, wo es beiden Seiten Vorteile bringt. Ansonsten werden rote Linien gezogen. Themen wie Menschenrechte oder das Schicksal von Oppositionschef Alexei Nawalny will man auf der internationalen Bühne nicht länger dulden. Man habe über den «Bürger» gesprochen, tat Putin das Thema Nawalny schnell ab. Der Präsident hat klargemacht, dass ihn die Meinung der Amerikaner in dieser Sache nicht länger interessiert und er in diesem Bereich nichts mehr zu verlieren hat.

Neben den grossen geopolitischen Fragen und dem Streit über Werte, über Freiheit und Demokratie wollte Russland vor allem über konkrete Fragen sprechen, Moskau versuchte, in diesem Sinne eine positive Agenda zu definieren: vom Klimawandel, der Russland zunehmend zu schaffen macht, über die Konflikte in Nordkorea und Afghanistan bis zur Sicherheit im Cyberspace und dem Austausch von Gefangenen zwischen den beiden Ländern. Hier werde nach dem Gipfel auf Experten-Ebene weitergesprochen und nach Lösungen gesucht, sagte Putin.

In Sachen Sicherheit im Netz dürften die Experten aber noch viel zu tun haben. Moskau betont, dass man den Amerikanern vorgeschlagen habe, gemeinsam gegen Hacker und kriminelle Handlungen in Netz vorzugehen, denn solche Machenschaften schadeten auch Russland. Dass Moskau federführend ist bei den Attacken auf amerikanische Infrastruktur, wie es die US-Geheimdienste sagen, weist Putin weit von sich und verlangt ultimativ, dass ihm Beweise für diese Behauptungen vorgelegt würden. Eine Fleischfabrik sei attackiert worden, sagte Putin in einem Interview mit einem ironischen Lächeln im Gesicht. «Als Nächstes sagen sie, es habe eine Attacke auf Ostereier gegeben.»

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