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Geldwäscherei-Prozess in Frankreich
UBS vor Gericht: Konziliant im Ton, hart in der Sache

UBS-Europa-Chefin Christine Novakovic diskutiert mit dem Chefjuristen der Bank, Markus Diethelm, in den Gängen des Pariser Appellationsgerichts.
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Eines will man sich bei der UBS nicht vorwerfen lassen: Arroganz. «Haben Sie bei uns auch nur den Anflug von Arroganz erlebt?», fragt Hervé Temime am Mittwoch die Richter. Der Pariser Staranwalt ist der neue Chefverteidiger der Schweizer Grossbank in dem Milliardenprozess, der gegen die UBS in der französischen Hauptstadt läuft, und seine Frage an diesem letzten Verhandlungstag ist natürlich eine rhetorische.

Sie soll signalisieren, dass die UBS aus der Niederlage in erster Instanz 2019 gelernt hat – als die Grossbank wegen Steuerbetrugs und Geldwäsche zu einer Zahlung von sage und schreibe 4,5 Milliarden Euro verurteilt worden war. Die Bank war zuvor durch ein allzu siegesgewisses Auftreten aufgefallen.

Demut ist also die Devise. Und UBS-Managerin Christine Novakovic, die beim Berufungsprozess unter den mächtigen Kronleuchtern des alten Pariser Justizpalasts für das Geldhaus aussagt, hat sie bestens verinnerlicht. Stets freundlich im Ton beantwortet sie jede Nachfrage, gelehrig nickt sie, wenn die Richter strenge Sätze sprechen.

Die Bank beharrt auf Freispruch

Nur: So anders die UBS im Revisionsprozess auftritt, so unverändert sind die Positionen von Anklage und Verteidigung in der Sache. Die UBS, lautet Novakovics implizite Botschaft, interessierte sich früher nicht so sehr dafür, ob französische Kunden den Fiskus ihres Heimatlandes betrogen. Weil das Institut das auch nicht musste. «Wir haben das Gesetz angewendet», sagt Novakovic. Punkt.

Ob das die Richter auch so sehen, ist offen. Neben der Bank und ihrem französischen Ableger stehen sechs frühere UBS-Manager vor Gericht. Bis auf Ex-Vorstand Raoul Weil waren im ersten Prozess alle verurteilt worden, teils zu Haft auf Bewährung. Und zwar dafür, dass die Grossbank zwischen 2004 und 2012 Mitarbeiter nach Frankreich entsandt haben soll, um am Rande mondäner Anlässe wie Golfturnieren oder Jagdausflügen betuchte Kunden anzuwerben und deren Geld dann am heimischen Fiskus vorbei in die Schweiz zu leiten. Am 27. September wollen die Richter ihr Urteil sprechen.

Hoffen auf EU-Abkommen

Allerdings will das Gericht zuvor noch eine verfassungsrechtliche Frage klären lassen. Denn die UBS argumentiert auch mit dem Steuerabkommen, das die EU mit der Schweiz geschlossen hat. Damit hätten die EU-Staaten in Kauf genommen, dass unversteuertes Geld auf Konten der Schweizer Banken liege. Selbst der frühere deutsche Finanzminister Peer Steinbrück, der bekanntlich die «Kavallerie» gegen die Schweizer Banken einsetzen wollte, soll der UBS diese Sichtweise bestätigt haben. Nun will das Gericht vor einem Urteil in der Strafsache klären lassen, ob dieses EU-Abkommen Vorrang vor französischem Recht hat. In jedem Fall wollen die Bank und die Angeklagten einen Freispruch.

Die UBS kann zumindest mit einer verminderten Busse rechnen. Denn die Staatsanwaltschaft verlangt in der Revision nur noch eine Strafe von zwei Milliarden Euro – wenngleich unfreiwillig: Seit dem ersten UBS-Prozess ist ein Leiturteil des Pariser Kassationsgerichts gefallen, demzufolge die in Frankreich hinterzogenen Steuern als Berechnungsrundlage gelten, nicht die unversteuerten Anlagegelder. Sollten die Berufungsrichter der Staatsanwaltschaft nun folgen und zusätzlich eine Schadenersatzforderung des französischen Staats berücksichtigen, droht der UBS eine Strafe von insgesamt etwa drei Milliarden Euro. Immer noch sehr viel Geld.

Als wichtigstes Beweismittel dienen der Anklage sogenannte Milchbüchlein. In diese Notizbücher trugen UBS-Mitarbeiter aus der Schweiz und Frankreich einst handschriftlich ein, wie sie sich Kommissionen aufteilten. Die Verteidiger dagegen sehen keine Beweise, dass Schweizer Mitarbeiter französische Kunden systematisch angeworben und zu Steuerhinterziehung angestiftet hätten. «Small Talk bei Champagner ist noch längst keine Kundenanwerbung», sagt einer der Anwälte.

Der Respekt, den sie dem Gericht entgegenbringen, verhindert nicht, dass sich im Prozessverlauf eine gewisse Lockerheit breitmacht. Die Herren lassen die Krawatte weg, Christine Novakovic trägt statt Blazer einen grellgelben Pulli. Als einer der Angeklagten sich dann aber dazu versteigt, den Richtern gar für ihre guten Fragen zu danken, wird er zurechtgewiesen. «Sie werden schon noch sehen», sagt der Vorsitzende, «ob Sie uns danken können.» Am 27. September.

Mitarbeit: Holger Alich