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Meinung

Kommentar zu Cyprus Confidential
Geschäfte mit Autokratien müssen aufhören

Taxis in front of UBS bank's branch on Park Avenue in New York City, USA, pictured on July 13, 2009. (KEYSTONE/Martin Ruetschi)

Taxis vor dem Sitz der UBS AG an der Park Avenue in New York City, USA, aufgenommen am 13. Juli 2009. (KEYSTONE/Martin Ruetschi)
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Die Probleme rund um Oligarchen bei Schweizer Banken lassen sich auf eine einfache Frage reduzieren: Sollen unsere internationalen Vermögensverwalter, allen voran die neue UBS, Geld nehmen von Milliardären aus Autokratien – ja oder nein?

Praktisch lautete die Antwort bislang klar: ja. Russland ist nur das letzte Beispiel einer langen Reihe von Unrechtsstaaten, deren Finanzelite bei uns problemlos ihr Geld deponieren konnte.

In Russland gab es bis zum Fall des Kommunismus Ende 1989 keinen Privatbesitz. In der ehemaligen DDR, wo ähnliche Verhältnisse herrschten, wurde das Volksvermögen nach 1989 in einem transparenten Vorgang privatisiert. Das ging nicht immer reibungslos, aber es war kein Vergleich zu Russland.

Dort landeten innert zehn Jahren Milliarden bei einzelnen Oligarchen. Keiner schaute hin. Keiner konnte überprüfen, welche Deals dahinterstanden. Ohne Korruption durch die politische Führung ist diese gewaltige Enteignung des Volkes nicht erklärbar. Und auch in den folgenden Jahrzehnten ging nichts ohne die Zustimmung des Kreml.

Trotzdem waren einige der heikelsten russischen Milliardäre rund um Präsident Putin bei uns jahrzehntelang hochwillkommen – teils bis 2022.

«Der nächste Fall Russland ist programmiert.»

Es gibt zwei gewichtige Gründe, solche Geschäfte mit den Superreichen aus Autokratien wie Russland zu überdenken.

Erstens wird man in einer Autokratie ohne Nähe zum Autokraten in der Regel nicht Milliardär. Wenn Banken solche reichen, politisch exponierten Kunden aufnehmen, gehen sie grosse Reputationsrisiken ein. Denn wird ein solches Regime international geächtet, wie im Falle Russlands, stehen unsere Banken als heimliche Helfer von Diktatoren und unmoralische Profiteure da.

Genau das passiert seit Jahrzehnten ein ums andere Mal. Wir nahmen das Geld der Nazis, es folgte der Skandal. Die Vermögen aus Südafrika waren uns willkommen, dann fiel das Apartheid-Regime, wieder standen wir im Abseits. Die Liste liesse sich problemlos fortsetzen. Und es braucht wenig Fantasie, sie in die Zukunft weiterzudenken.

So nehmen wir wohl weiter Gelder aus Saudiarabien. Der Kronprinz und faktische Führer dieses Landes liess einen kritischen Journalisten der «Washington Post» zerstückeln. Auch aus zahlreichen anderen Autokratien fliesst weiter Geld auf unsere Banken. Der nächste Fall Russland ist also programmiert.

Die Recherche zu Cyprus Confidential zeigt aber noch einen zweiten handfesten Grund auf, vom Geschäft mit Autokratien die Finger zu lassen. Im Fall Russland wurde nämlich die UBS zuletzt sogar vorsichtiger gegenüber heiklen Kunden und Oligarchen als Banken mit Sitz in Paris, London und New York. Dennoch haben uns die betreffenden Länder am Ende unter Druck gesetzt.

Die Recherchen zeigen weiter, dass die Citibank, eine der grössten US-Banken, ein 400-Millionen-Dollar-Portfolio für die Familie eines Sanktionierten aufbaute. Es ist fraglich, ob sich das eine Schweizer Bank getraut hätte.

Auch das Datenleck Fincen Files, über das wir im September 2020 berichteten, zeigte eindrücklich, mit welcher Nonchalance US-Banken sogar mit den heikelsten Russen geschäfteten. In den Daten waren 2100 Geldwäscherei-Verdachtsmeldungen aus den USA. Darin fanden sich viele Oligarchen bei US-Banken, die wir nun in den Daten von Cyprus Confidential auch bei der UBS und der CS sehen. Dennoch verkündete der US-Botschafter letzten März im Interview: «Die Schweiz könnte 50 bis 100 Milliarden zusätzlich blockieren. Schauen Sie: Sanktionen sind nur so stark wie der politische Wille dahinter.»

Das wirkt heuchlerisch und ungerecht – keine Frage. Jammern hilft allerdings wenig, denn die Schlussfolgerung bleibt gleich: Unsere international tätigen Banken können sich beim Geschäft mit Autokratien nicht hinter ausländischen Banken verstecken. «Das machen doch alle» ist vielleicht ein Argument, das oft stimmt, aber in der machtpolitischen Praxis kommen wir damit am Ende nicht durch.

Bleibt also die Frage: Warum um alles in der Welt machen wir das Geschäft mit diesen Männern? (Bisher haben wir noch keine Frau gefunden.) Obwohl es moralisch absolut fragwürdig ist und wir regelmässig als Unterstützer von Diktatoren dastehen? Am Ende müssen wir noch Kritik einstecken von jenen, die es selber nicht besser machen. Sind diese Geschäfte den kurzfristigen Profit wirklich wert, zumal wir als eines der reichsten Länder der Welt gar nicht darauf angewiesen wären?

Wer langfristig denkt und das Ansehen der Schweiz im Auge hat, der kommt zum Schluss, dass wir mit diesen Geschäften – endlich – aufhören müssen.