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TV-Kritik «Tatort»
Wer ist hier das Opfer?

Reizvolles Figurenspiel: Im Dresdner «Tatort» tut sich für die Ermittlerinnen um Karin Gorniak (Karin Hanczewski) ein Fall hinter dem Fall auf.
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Es wirkt in den ersten Zügen wie ein arg überstrapaziertes «Tatort»-Konstrukt: Die impulsive Ermittlerin wird vom Fall abgezogen, da sie persönlich mit der vermeintlichen Täterin in Verbindung steht. Und hinter dem eigentlichen Fall – Mord, auf den ersten Blick ein Beziehungsdelikt – tut sich ein zweiter Fall auf: Vergewaltigung, K.-o.-Tropfen, Vergewaltigung, womöglich ein Serientäter.

Die neue Folge aus Dresden entwickelt sich aus einem auf den ersten Blick etwas konventionellen Plot fast unbemerkt zu einem dichten, drängenden Film über die Wehrlosigkeit von mit Rauschmitteln betäubten Opfern, in dem die Handlungsstränge nach anfänglicher Verwirrnis schliesslich gut ineinander finden. Im Zentrum stehen weniger die Ermittlerinnen Karin Gorniak (Karin Hanczewski) und Leonie Winkler (Cornelia Gröschel), die dann schnell wieder mittun darf, als klar wird, dass sich hinter der vermeintlichen Beziehungstat noch viel mehr auftut.

So puzzlehaft wie die Bilder sind auch die Ermittlungen

Vielmehr gelten die meisten und besten Einstellungen unter der Regie von Lena Stahl, die selber einen kurzen Auftritt als eine der vergewaltigten Frauen hat, dem Opfer, der Künstlerin Sarah Monet, deren hilflose Wort- und Ratlosigkeit im schummrigen Post-Betäubungszustand von Deniz Orta mit meisterhaften Gesichtsausdrücken wiedergegeben wird.

Meisterhafte Gesichtsbeherrschung: Deniz Orta als Sarah Monet im neuesten «Tatort».

Die montagehaft arrangierten Szenen aus Monets Erinnerung gehen stimmig und nahtlos in die puzzleartigen Ermittlungen der Kommissarinnen über. Das klingt und schaut sich mal dumpf an, tonlos und mit endlos langen Makroeinstellungen, dann wieder grell und nervös, mit schnellen Schnitten und Streichern auf der Tonspur, die sich anhören wie nervende Mücken im Ohr.

Und so schwenkt die Perspektive im Film zusehends hin und her, zwischen den Ermittlerinnen und der rastlosen, auch selber so einiges in Erfahrung bringenden Monet, über deren effektive Rolle im Mordfall sich das Publikum bis zur allerletzten Wendung nicht ganz gewahr werden kann. Die Anwesenheit des eigentlichen Mörders, des grossen Bösewichts (Felix Vogel), wird lange Zeit nur so subtil angedeutet, dass damit viel Neugierde auf dessen Perspektive geweckt ist – was zum feministischen Erzählansatz des Films in einem gewissen Widerspruch steht. 

Am Ende ist das ein geglückter, weil vielschichtige Emotionen beleuchtender «Tatort», freilich mit ein paar lieblosen Lücken in den Details. Warum sollte der Schlüssel zum abgeschlossenen Korpusfach, das den Durchbruch in den Ermittlungen bringt, ausgerechnet auf dem Korpus selber liegen? Und warum – oha, man findet bei der Künstlerin einen Joint! – verharrt das Profil der ansonsten so spannenden Figur von Sarah Monet derart im Klischee?