Trumps Eskalation ist nur ein Bluff
Trump markiert im Handelskrieg gegenüber China den starken Mann. Dabei ist er es, der für seinen Wahlkampf einen Deal braucht.
Eine letzte Verhandlungsrunde diese Woche sollte den monatelangen Handelsstreit zu einem Ende bringen. Ein Kompromiss war in Griffnähe gerückt. 90 Prozent der Streitpunkte seien ausgeräumt, hiess es von beiden Seiten. Eine fast hundertköpfige chinesische Delegation machte sich auf den Weg in die USA, als US-Präsident Trump mit zwei Tweets eingriff. Die Verhandlungen seien «zu langsam», beschwerte er sich, China wolle bereits Erreichtes wieder neu verhandeln. «So nicht.» Deshalb wolle er die Importzölle ab Freitag von 10 auf 25 Prozent erhöhen und sich die Option auf Zölle auf zusätzliche chinesische Importe von 325 Milliarden Dollar offenhalten.
Wird diese Drohung ernst genommen, so entspricht sie dem Worst-Case-Szenario: In diesem Fall würden chinesische Güter im Wert von über 700 Milliarden Dollar mit Zöllen so stark verteuert, dass sie gemäss Analysen des Weltwährungsfonds zwangsläufig eine globale Rezession auslösen würden.
Entsprechend nervös reagierten die Finanzmärkte. Am schlimmsten erwischte es die Aktienmärkte in China. Der Leitindex der Börse in Shanghai fiel um 5,6 Prozent und jener in Shenzhen um 7,4 Prozent. Auch an den anderen asiatischen Märkten, in Europa und den USA gaben die Börsen nach, allerdings überschaubar im Rahmen von bis 2 Prozent.
Man lasse nicht mit der Pistole am Kopf mit sich verhandeln, sagt Peking – und schickt doch eine Delegation nach Washington, um weiter zu verhandeln.
Die verhaltene Reaktion kann zunächst mit der Reaktion der chinesischen Delegation erklärt werden. Man lasse nicht mit der Pistole am Kopf mit sich verhandeln, hiess es zwar zunächst in Peking. Dennoch sicherte China gestern zu, eine Delegation nach Washington zu schicken und weiter zu verhandeln. Wann das der Fall sein wird, blieb offen, weshalb die Lage angespannt bleibt.
Trump stiess auch im eigenen Land auf heftige Kritik und Unverständnis. Eine Koalition von mehreren Handelsorganisationen mit dem Namen «Tariffs Hurt the Heartland» warf dem Präsidenten vor, mit den angedrohten Zöllen vor allem den US-Konsumenten zu schaden. Die höheren Abgaben würden jede Familie in den USA 500 Dollar pro Jahr kosten. Entgegen Trumps Behauptung, wonach Handelskriege leicht zu gewinnen seien, sei niemand Gewinner der Eskalation, erklärte Tim Stratford, Vorsitzender der US-Handelskammer in China. «Die Strafzölle schmerzen beiden Seiten gleichermassen.»
Fraglich ist, ob Trump seine Drohungen überhaupt durchsetzen könnte. Dies, weil grosse Teile der US-Wirtschaft von chinesischen Importen abhängig sind und genügend Zeit haben müssten, um sich auf eine derart dramatische Verteuerung der Einfuhren vorzubereiten und andere Anbieter im asiatischen Raum zu finden. Eine Durchsetzung der neuen Zölle in wenigen Tagen würde laut Handelsexperten vor Gericht angefochten und die US-Position gegenüber China schwächen. «Mit Trump weiss man zwar nie», meint Chad Brown vom Peterson Institute for International Economics, «aber auch dies könnte lediglich eine Drohgebärde sein».
Einen Kollaps kann sich Trump nicht leisten
Die Taktik der eskalierenden Drohungen ist nicht neu, aber sie hatte schon in den Verhandlungen mit Mexiko und Kanada nur eine limitierte Wirkung. Der Nafta-Nachfolgevertrag führte nicht zum «historischen Durchbruch», den Trump versprochen hatte, sondern zu einer Aufdatierung eines 25 Jahren alten Abkommens, die für die USA im besten Fall ein Nullsummenspiel ist.
Die Attacke gegen China dürfte damit zu tun haben, dass China zwar in einigen Bereichen Konzessionen angeboten hat, aber gemäss Angaben der US-Handelskammer in den zentralen Forderungen des Cyberdiebstahls, des Datenrückflusses für US-Firmen und der wettbewerbsverzerrenden Regierungssubventionen hart geblieben ist. Selbst Chefunterhändler Robert Lighthizer warnte letzte Woche vor übertriebenen Erwartungen.
Einen Kollaps der Gespräche können sich beide Seiten nicht erlauben. Trump hofft, mit einem China-Deal in den Wahlkampf ziehen und ihn neben der starken Wirtschaft als Trumpf ausspielen zu können. Hingegen musste China in den letzten Monaten das angeschlagene Vertrauen von Firmen und Investoren mit Ankurbelungsprogrammen stützen. Sie fürchten, die Regierung könnte Trump zu stark entgegenkommen.
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