Verfahren gegen Ex-US-PräsidentTrump und die Tradition des «Perp Walk»
In New York werden am Dienstag sich nie dagewesene Szenen abspielen. Mit Donald Trump muss erstmals in der US-Geschichte ein angeklagter Ex-Präsident vor Gericht erscheinen.

Die Welt blickt mit Spannung nach New York, wo Donald Trump sich der örtlichen Justiz stellen soll. Die Frage ist, inwieweit dem konservativen Politiker ein sogenannter «Perp Walk» blüht. So wird in den USA das Vorführen von Verdächtigen und Angeklagten vor der Presse bezeichnet, eine sehr typische und durchaus umstrittene Tradition in dem Land.
Beim «Perp Walk» – das «perp» ist eine Abkürzung für das englische Wort für Täter, perpetrator – wird ein Verdächtiger von Polizisten an Journalisten vorbeigeführt, etwa auf dem Weg zum Gericht. Fotografen und Kameraleute bekommen damit die Gelegenheit, Aufnahmen von dem Verdächtigen zu machen. Und die Polizei kann sich mit einem Ermittlungserfolg brüsten.
Verteidiger der Praxis argumentieren, das Vorgehen diene der Transparenz im Justizwesen und der Pressefreiheit. Kritiker argumentieren dagegen, das Vorführen verstosse gegen die Unschuldsvermutung, verletze die Privatsphäre der Verdächtigen und stelle eine öffentliche Demütigung dar.
Denn mit Handschellen gefesselt und von Polizisten flankiert geben die wenigsten Menschen ein gutes Bild ab. So gingen 2011 die Aufnahmen des in New York wegen Vergewaltigungsvorwürfen festgenommenen damaligen Chefs des Internationalen Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, um die Welt. Strauss-Kahn beklagte später, er sei «bei einem ‹Perp Walk› in Handschellen der internationalen Presse vorgeführt worden», um ihn zu «demütigen».
Der Tod in Dallas im Jahr 1963
Einer der berühmtesten und folgenschwersten «Perp Walks» der Geschichte ereignete sich nach der Ermordung des damaligen US-Präsidenten John F. Kennedy 1963 im texanischen Dallas. Der Attentäter Lee Harvey Oswald wurde von dem Nachtclub-Besitzer Jack Ruby erschossen, als Polizisten Oswald an Journalisten vorbeiführten.

Für Trumps Erscheinen vor einem Gericht in Manhattan am Dienstag wurden drakonische Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Der von Personenschützern des Secret Service begleitete Ex-Präsident wird zunächst bei der Staatsanwaltschaft von Manhattan erscheinen, damit seine Fingerabdrücke abgenommen und Polizeifotos erstellt werden können. Dann wird er im selben Gebäude zur Verlesung der Anklage einem Richter vorgeführt.
Auf den 76-Jährigen dürfte dabei höchstens ein «Perp Walk light» zukommen. In Handschellen soll der Ex-Präsident nicht gelegt werden, wie sein Anwalt Joe Tacopina klarstellte. Der Anwalt sagte gleichwohl voraus, die Ermittler würden versuchen, sich eine «Freude» daraus zu machen, Trump «vorzuführen».
Schlachtet Trump den Gerichtstermin aus?
Der Ex-Präsident, der Kameras und die Öffentlichkeit liebt, könnte aber selbst versuchen, den Gerichtstermin auszuschlachten. Trump, der bei der Präsidentschaftswahl 2024 erneut antreten will, stellt sich als Opfer einer politisch motivierten «Hexenjagd» durch die Staatsanwaltschaft von Manhattan dar und will damit seine Anhänger mobilisieren und die Republikanische Partei hinter sich bringen. Es ist nicht auszuschliessen, dass Trump am Dienstag einen dramatischen Auftritt hinlegt, um für Bilder zu sorgen, die er sich wünscht.
Trump wäre nicht der Erste. So trug der berüchtigte New Yorker Mafiaboss John Gotti bei seinen «Perp Walks» Massanzüge und schien die Auftritte fast schon zu geniessen. Die «New York Times» schrieb 2018 über den 2002 verstorbenen Mafiaboss, dieser sei damals «herumstolziert».

AFP/fal
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