Volldampf voraus Trump setzt Gesundheit der Arbeitnehmer aufs Spiel
Donald Trump will die Wirtschaft vor der Präsidentschaftswahl im Eiltempo wieder hochfahren. Viele Beschäftigte müssten sich dann zwischen ihrem Einkommen und ihrer Gesundheit entscheiden, warnen Kritiker.
Wütend reagierte Donald Trump am vergangenen Freitag auf interne Erhebungen, die ihn als Verlierer bei der kommenden Präsidentschaftswahl zeigten. «Ich verliere nicht gegen fucking Joe Biden», schrie Trump laut mehreren US-Medienberichten seinen Wahlkampfmanager Brad Parscale an. Der Präsident drohte sogar, Parscale zu verklagen.
Entschieden ist noch nichts, die schlechte Stimmung im Weissen Haus aber ist verständlich: Sechs Monate vor den Wahlen befindet sich die US-Wirtschaft auf Talfahrt, am Donnerstag ergaben neue Arbeitslosenzahlen, dass inzwischen 30 Millionen Amerikaner ihre Jobs verloren haben. Je länger die Corona-Krise andauert, desto gefährdeter ist Donald Trumps Wiederwahl im November.
Berechtigte Angst bei den Beschäftigten
Entgegen den trüben Aussichten aber verbreitet das Weisse Haus rosigen Optimismus. Volldampf voraus lautet die Devise, die andauernden Risiken der Pandemie werden weitgehend ausgeblendet. «Wir werden ein phänomenales drittes Quartal haben», behauptete Trump am Montag.
Bereits zuvor hatte Vizepräsident Mike Pence den Amerikanern versichert, Ende Mai werde die Coronavirus-Epidemie «weitgehend hinter uns liegen». Und am Mittwoch schob Trumps Berater und Schwiegersohn Jared Kushner noch einmal nach: Schon im Juni könnte «ein grosser Teil des Landes zur Normalität zurückkehren», und man hoffe, dass die Nation im Juli «wie eine Rakete abheben wird». Die US-Notenbank und die Gesundheitsexperten sind sich nicht so sicher: Der Erreger werde noch einige Zeit die Konjunktur negativ beeinflussen, neue Ausbrüche im Herbst und im Winter seien zu erwarten.
Trotzdem wollen der Präsident und eine Reihe zumeist republikanischer Gouverneure die Wirtschaft so schnell wie möglich wieder hochfahren und den Lockdown beenden. Beschäftigte, die aus Angst vor Ansteckung nicht zur Arbeit erscheinen, könnten dann ihr Arbeitslosengeld verlieren. Und geht es nach dem Willen der Kongress-Republikaner, sollen Betriebe und Unternehmen nicht haftbar sein, wenn Mitarbeiter infiziert werden und erkranken.
Bei vielen Beschäftigten werde dies «Panik auslösen, und ihre Panik ist berechtigt», sagte David Michaels, der ehemalige Chef der US-Arbeitsschutzbehörde OSHA, dem Webportal Politico. Es sei «nicht fair, dass Arbeitende zwischen ihrem Einkommen und ihrer Gesundheit wählen müssen», so Michaels.
Weil die Versorgung mit Fleisch knapp wird, verfügte der Präsident etwa am Dienstag, dass Grossschlachtereien ihren Betrieb nicht einstellen dürfen, obwohl mindestens 6500 Beschäftigte infiziert und über zwanzig gestorben sind. Neue Richtlinien zum Schutz am Arbeitsplatz sind vage, viele Kleinbetriebe in «geöffneten» Staaten wie Georgia bleiben weiterhin geschlossen, weil die Inhaber Ansteckungsgefahr für ihre Mitarbeiter befürchten.
Das halte den Präsidenten jedoch nicht davon ab, die Gesundheit amerikanischer Arbeitnehmer aufs Spiel zu setzen, twitterte am Dienstag David Frum, einst Mitarbeiter von Präsident George W. Bush. Trump nehme «bewusst höhere Virus-Todeszahlen in Kauf», weil er hoffe, «dass die Wirtschaft im dritten Quartal wieder anspringt und seine Wiederwahl damit gerettet wird».
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Der Präsident und seine Berater verwahren sich gegen solche Anschuldigungen: Die US-Wirtschaft könne ohne allzu grosse Risiken für Beschäftigte wie Verbraucher wieder in Gang gebracht werden. Genau das aber bezweifeln Experten wie Trumps Infektionsberater Anthony Fauci: Wenn der Lockdown zu früh aufgehoben werde, müsse mit «Rückschlägen» gerechnet werden, warnte Fauci.
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