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Meinung

Malariamittel gegen Covid-19
Trump meint sich in der Medizin auszukennen

«Alle diese Ärzte sagen: ‹Woher wissen Sie so viel über diese Dinge?›»: Präsident Donald Trump preist Chloroquin und Hydroxychloroquin als möglicherweise potente Waffen gegen die Viruserkrankung an. Montag, 6. April 2020 in Washington.
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Die Frage beim täglichen Coronavirus-Briefing des Weissen Hauses galt Donald Trumps Top-Virusexperten Dr. Anthony Fauci. Wie die «medizinische Beweislage» für die angebliche therapeutische Wirkung von Chloroquin und Hydroxychloroquin sei, wollte der Fragesteller am Sonntag wissen. Ehe Dr. Fauci antworten konnte, schnitt ihm der Präsident das Wort ab. «Wissen Sie, wie oft er diese Frage schon beantwortet hat?», fuhr Trump dazwischen.

Die seltsame Intervention sollte verhindern, dass Dr. Fauci einmal mehr die Wirksamkeit der als Malaria-Prophylaxe und Mittel gegen Rheuma bekannten Medikamente anzweifelte. Skepsis ist suspekt, weil Donald Trump ein eifriger Verfechter des Einsatzes beider Mittel gegen Covid-19 ist. «Was haben wir schon zu verlieren?», fragte der Präsident am Sonntag.

Die sogenannten potenten Waffen

Die vermeintliche Heilkraft der Stoffe aber gründet lediglich auf wenigen Erfahrungsberichten, klinische Studien laufen erst an. Falls die Medikamente gegen Covid-19 wirkten, «ist der Effekt wahrscheinlich so subtil, dass nur rigorose und gross angelegte Versuche mit erkrankten Probanden dies zeigen werden», urteilt Scott Gottlieb, bis 2019 Chef der US-Medikamentenaufsicht FDA.

Den Präsidenten ficht das nicht an: Zusammen mit seinen medialen Fans bei Fox News preist er Chloroquin und Hydroxychloroquin als möglicherweise potente Waffen gegen die Viruserkrankung an. Die Medikamente könnten «eine der bahnbrechendsten Impulse in der Medizingeschichte sein», behauptet Trump.

«Es gibt andere Fälle, die keine Wirkung anzeigen»: Dr. Anthony Fauci, Trumps Top-Virusexperte, ist Direktor des Nationalen Instituts für Allergien und Infektionskrankheiten.

Erstmals erwähnt in US-Medien wurde die mögliche therapeutische Wirkung von Chloroquin von Fox-News-Moderatorin Laura Ingraham Mitte März. Anschliessend flimmerten Hydroxychloroquin und Chloroquin massiv durch die Wohnzimmer der Fox-News-Zuschauer: 109-mal in drei Tagen. Unter den Verfechtern befanden sich ein Anwalt, der umstrittene TV-Doktor Mehmet Oz sowie der Fox-News-Arzt Marc Siegel.

Ebenfalls zu Wort meldete sich Trumps persönlicher Anwalt Rudy Giuliani. Hydroxychloroquin sei «100 Prozent erfolgreich bei der Behandlung von Covid-19», twitterte der ehemalige New Yorker Bürgermeister. Der Kurznachrichtendienst löschte den Beitrag wenig später.

«Ich wette auf Präsident Trumps Intuition.»

Peter Navarro, Handelsbeauftragter der Trump-Administration

Vorneweg bei der Prozession der Chloroquin-Jünger marschiert inzwischen Trumps Handelsbeauftragter Peter Navarro: Die Geschichte werde darüber befinden, «wer in dieser Debatte recht hatte, aber ich wette auf Präsident Trumps Intuition», lobhudelte der Ökonom.

«Vielleicht habe ich eine natürliche Fähigkeit, vielleicht hätte ich das machen sollen, anstatt mich um die Präsidentschaft zu bewerben.»

Donald Trump

Tatsächlich hatte sich Trump bei einem Besuch der Centers for Disease Control and Prevention im März in Atlanta als Experte für Virologie eingestuft: «Die Leute sind überrascht, dass ich das verstehe, alle diese Ärzte sagen: ‹Woher wissen Sie so viel über diese Dinge?›». Die Antwort darauf lieferte der Präsident umgehend: «Vielleicht habe ich eine natürliche Fähigkeit, vielleicht hätte ich das machen sollen, anstatt mich um die Präsidentschaft zu bewerben.»

Bis zum Eklat

So überzeugt sind Trump und Navarro vom Nutzen der beiden Mittel, dass es bei der Sitzung der Coronavirus-Taskforce des Präsidenten am Samstag zum Eklat kam. Nachdem Dr. Fauci wieder zu Vorsicht geraten hatte, explodierte Navarro und attackierte den Seuchenexperten lautstark.

Der aber blieb bei seinem Urteil: «Die vorliegenden Daten sind bestenfalls andeutend, es gibt Fälle, die zeigen, dass es eine Wirkung geben könnte, und es gibt andere Fälle, die keine Wirkung anzeigen», so Fauci am Sonntag. Patrice Harris, die Präsidentin der amerikanischen Ärztevereinigung AMA, ging noch einen Schritt weiter: Die leichtfertige Verwendung der Medikamente könne zum Tode führen, nichts sei bewiesen.

«Zum gegenwärtigen Zeitpunkt haben wir einfach nicht genug Daten, die nahelegen, dass wir diese Mittel gegen Covid-19 einsetzen sollen», warnte Harris. Im Staat Arizona war Ende März ein Mann nach der Einnahme von Chloroquinphosphat zum Schutz vor einer Coronavirusinfektion gestorben, seine Frau erkrankte lebensgefährlich. Sie habe gehört, wie «im Fernsehen darüber geredet wurde» und gedacht «Hey, ich habe das Zeug im Haus», sagte die Frau dem TV-Sender NBC.