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Trumps Sonderpolizei in Portland
Womöglich ist das erst der Anfang

Sie sollen auf Geheiss des Präsidenten für Recht und Ordnung sorgen: Sondertruppen in Portland, Oregon.
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Nachdem US-Präsident Donald Trump am Montag gesagt hat, er wolle Einheiten der Bundespolizei in grosse amerikanische Städte senden, um dort für Recht und Ordnung zu sorgen, steht die Frage im Raum: Meint der Präsident diese beispiellose Ankündigung ernst? Oder ist das bloss Wahlkampf? Sollte Trump seinen Worten Taten folgen lassen, wäre das ein Novum in der jüngeren US-Geschichte, denn bisher hat kein Präsident Truppen in Städte entsandt, die sich explizit gegen eine Intervention verwahrt haben.

«Ich werde etwas tun – so viel kann ich Ihnen sagen», hatte Trump im Oval Office gesagt, «denn wir werden nicht zulassen, dass New York und Chicago und Philadelphia und Detroit und Baltimore und all diese – Oakland ist ein Chaos. Wir werden das nicht zulassen in unserem Land.» All die genannten Städte werden von Demokraten regiert. Trump nannte sie «radikale Linke». Mit Blick auf seinen demokratischen Herausforderer Joe Biden bei den Präsidentschaftswahlen im November sagte Trump: «Wenn Biden gewinnt, wäre das im ganzen Land so. Das ganze Land würde vor die Hunde gehen. Und wir werden es nicht vor die Hunde gehen lassen.»

Was kommt nach Portland?

Der Einsatz von Bundespolizei in Städten ist ein Thema im Land, seit aus Portland, Oregon, Ende vergangener Woche gemeldet wurde, dass nicht näher identifizierte Sondertruppen Demonstranten festnahmen und in nicht markierten Fahrzeugen abtransportierten. In Portland wird ununterbrochen protestiert, seit vor zwei Monaten der Afroamerikaner George Floyd in Minneapolis von einem weissen Polizisten getötet wurde. Zwar wurden die Proteste mit der Zeit kleiner, doch sie fanden allabendlich statt.

Der Einsatz von Bundespolizisten in Städten und Gemeinden ist – selbst wenn diese das nicht wollen – legal, wenn es darum geht, zum Beispiel Gebäude im Besitz des Bundes zu schützen. In Portland hatten die Demonstranten ein Bundesgericht mit Feuerwerkskörpern beschossen. In solchen Fällen kann das Heimatschutzministerium den Einsatz von Sondertruppen anordnen. Diese rekrutieren sich aus Mitgliedern anderer Einsatzkräfte wie zum Beispiel der Grenzpolizei, der Verkehrspolizei oder der Küstenwache.

«Krasser Machtmissbrauch»

Trump sagte, die Bundespolizisten hätten in Portland «einen fantastischen Job» gemacht. Das sehen die lokalen Politiker anders. Oregons Gouverneurin Kate Brown sprach von einem «krassen Machtmissbrauch». Bürgermeister Ted Wheeler nannte den unerwünschten Einsatz einen «Angriff auf unsere Demokratie». Er führte aus, die Bundespolizisten hätten die Lage verschlimmert, weil viele Demonstranten jetzt erst recht auf die Strasse gingen.

Auch in Chicago und New York sollen die Sondertruppen aufmarschieren: Szene in Portland, Oregon.

In einem nächsten Schritt plant Trumps Regierung, 150 Sonderbeamte des Heimatschutzministeriums nach Chicago zu entsenden. Diese sind auf langfristige Ermittlungen spezialisiert, zum Beispiel in Bezug auf Menschenhandel und Terrorismus. Chicagos Bürgermeisterin Lori Lightfoot sagte: «Wir brauchen keine Bundespolizisten, die Leute von den Strassen holen und, wie ich meine, unrechtmässig festhalten.»

Nach Angaben der «New York Times» hat sie einen Brief an Trump geschrieben. Wenn er Chicago helfen wolle, heisse es darin, solle er mehr in Bezug auf Waffenkontrollen und im Kampf gegen das Coronavirus unternehmen und mehr in Nachbarschaftsprogramme investieren. Chicago ist eine der gewalttätigsten Städte der USA. Am vergangenen Wochenende wurden 12 Menschen in der Stadt erschossen, 51 weitere wurden bei Schiessereien verletzt.

Die Bürgermeister der von Trump genannten Städte haben den Einsatz von Bundespolizisten unisono abgelehnt. Manche behalten sich rechtliche Schritte vor. Doch falls Trump wirklich ernst machen sollte, ist es zumindest zweifelhaft, ob sie juristisch etwas dagegen ausrichten könnten.

«Nicht sicher in Bidens Amerika»

Das alles wirkt wie eine geplante Wahlkampfaktion, weil die Republikaner Anfang der Woche parallel zu Trumps Äusserungen einen Werbespot geschaltet haben, in dem eine ältere Frau während eines Einbruchs versucht, die Polizei zu erreichen. Sie landet jedoch in der Warteschleife, weil die Polizei unterbesetzt ist. «Sie werden nicht sicher sein in Joe Bidens Amerika», heisst es in dem Spot. Trump hatte zuletzt mehrmals behauptet, Biden wolle die Polizeibudgets kürzen, obwohl dieser nichts dergleichen gesagt hat.

Trump liegt in fast allen Umfragen hinter Biden zurück. Es scheint, als habe er sich daher dazu entschlossen, zumindest rhetorisch in die Offensive zu gehen. Seit diesem Dienstag hält er wieder Briefings zum Coronavirus ab. Diese Briefings hatte er im April gestoppt. Es waren bis zu zwei Stunden lange Veranstaltungen gewesen, in denen Trump über alles Mögliche redete und mit Reportern stritt. Unter anderem hatte er in einem Briefing gefragt, ob es sinnvoll sein könnte, sich Desinfektionsmittel gegen das Coronavirus zu spritzen.

Briefings statt Grossveranstaltungen

Damals hatten ihn seine Berater davon überzeugen können, dass er sich mit diesen Briefings selbst schade. Dass er sie nun wieder einführt, mag auch damit zu tun haben, dass er eine Plattform sucht, um zu seiner Basis zu sprechen. Wegen der Pandemie ist es derzeit kaum möglich, grosse Wahlkampfveranstaltungen abzuhalten.

Trump liebt diese Grossveranstaltungen vor Publikum, sie geben ihm sichtlich Energie. Als er jüngst auf einer solchen Veranstaltung in Tulsa, Oklahoma, auftrat, war die Halle jedoch nur zu einem Drittel gefüllt – womöglich hatten seine Anhänger Sorge, sich mit dem Virus anzustecken. Es wird in Washington erwartet, dass Trump die wieder angesetzten Briefings als Ersatz für die Grossveranstaltungen nutzen will.