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Eröffnung der UNO-Generalversammlung
Trump gibt den starken Mann und attackiert China

«Die Vereinten Nationen müssen China zur Rechenschaft ziehen»: Donald Trump bei seinem Video-Auftritt vor der UNO.
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Dass diese 75. UNO-Generalversammlung anders sein würde als alle anderen zuvor, zeigte sich nicht zuletzt auf den Strassen von New York. Normalerweise ist die Hälfte von Midtown Manhattan ganz oder teilweise gesperrt, wenn Staats- und Regierungschefs aus aller Welt in die Stadt kommen, um an der alljährlichen Versammlung der Vereinten Nationen teilzunehmen. In diesem Jahr aber reiste wegen der Pandemie niemand persönlich an den East River ins UNO-Gebäude, die Redebeiträge kamen vom Band. Draussen floss also der Verkehr ungewöhnlich friedlich, während die Delegierten drinnen im Versammlungsraum einer Videobotschaft von US-Präsident Donald Trump lauschten, die es in sich hatte.

Es dauerte knapp 20 Sekunden, bis er das Coronavirus zum ersten Mal als «China-Virus» bezeichnet hatte. Er ritt eine umfassende Attacke gegen Peking und gab dem Land die Alleinschuld an der Ausbreitung des Virus. Sein Umgang mit der Corona-Krise ist Trumps grösstes Problem im derzeit laufenden Wahlkampf. Es ist belegt, dass er die Gefahr wider besseres Wissen kleingeredet hat, dass er versuchte, die Krise im günstigen Fall zu ignorieren, im schlechteren wegzulügen. 200’000 Menschen sind in den USA an den Folgen von Covid-19 gestorben, und es steht die Frage im Raum, ob es nicht deutlich weniger hätten sein können, wenn der Präsident früher gehandelt hätte. Das dürfte der Hauptgrund dafür sein, dass Trump nun die Bühne der Vereinten Nationen nutzte, um eine Breitseite gegen China abzufeuern.

China verseuche das Meer und fische zu viel

Nachdem er erneut versichert hatte, dass schon bald ein Impfstoff zur Verfügung stehe, dass das Virus besiegt werde und anschliessend eine Zeit von Prosperität und Frieden beginne, leitete er in eine auch für seine Verhältnisse harte Attacke auf China über. «In den Anfängen des Virus hat China Inlandsreisen untersagt, aber erlaubt, dass Flüge das Land verlassen und die Welt infizieren», sagte der Präsident. «Die chinesische Regierung und die Weltgesundheitsorganisation – die faktisch von China kontrolliert wird – haben fälschlich erklärt, dass es keine Übertragung von Mensch zu Mensch gebe.» Diese Aussagen kulminierten in der Forderung: «Die Vereinten Nationen müssen China zur Rechenschaft ziehen.»

Als wäre damit noch immer nicht deutlich genug geworden, dass Trump die offene Konfrontation mit China sucht, führte er aus, dass Peking die Meere mit Plastik verseuche, dass es sich der Überfischung schuldig mache und die Gewässer der Welt mit Quecksilber vergifte. Wieder und wieder sprach er das Wort China dabei so aus, als spucke er einen Kaugummi auf den Boden. Trumps Rede war geprägt von Aggressivität und Verachtung. Diese Passagen liess er in dem Satz gipfeln: «Alles, was sie wollen, ist, Amerika zu bestrafen.»

Nach der Unterzeichnung des Abraham-Abkommens: Trump mit Israels Premier Netanyahu und den Aussenministern aus Bahrain und den Vereinigten Arabischen Emiraten (von rechts nach links).

Nach diesem wütenden Beginn änderte Trump seinen Ton, um sein zweites Anliegen zu verdeutlichen. Die Attacke auf China dürfte in erster Linie wahltaktischen Gründen entspringen: Er kann sich seiner Basis als starker Mann präsentieren und die Schuld an den vielen Covid-19-Toten von sich weisen. Im zweiten Teil ging es um ein persönliches Anliegen, man kann wohl sagen: ein Projekt der Eitelkeit. Trump sprach darüber, wie die USA unter seiner Führung zu einem Land der Friedensstifter geworden seien.

Dabei bezog er sich unter anderem auf das vor wenigen Tagen vor dem Weissen Haus unterzeichnete Abraham-Abkommen, das die Beziehungen zwischen Israel, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Bahrain normalisieren soll. Die USA hatten bei dem Abkommen vermittelt, es könnte tatsächlich einen historischen Durchbruch darstellen. Trump sagte, dass weitere arabische Staaten sich anschliessen wollten. «Kein Blut mehr im Sand», sagte er, «diese Tage sind hoffentlich vorbei.» Es handle sich um die Morgendämmerung eines neuen Nahen Ostens.

Trump sprach das Wort China aus, als spucke er einen Kaugummi auf den Boden.

Zudem ging er darauf ein, dass er zwischen Serbien und Kosovo vermittelt habe und ferner dabei sei, Frieden nach Afghanistan zu bringen. Hier setze er sich besonders für die Rechte von Frauen ein. Das Motiv, dass er ein Advokat der Frauenrechte weltweit sei, griff er noch weitere Male auf, was in Anbetracht seiner vielen verbrieften herabwürdigenden Aussagen über Frauen fast einer Neuerfindung seiner selbst gleichkam. Es wirkte bisweilen, als glaube er, dass sie in den UNO keine Zeitungen lesen und auch sonst nicht mitbekommen, was in der Welt passiert.

Eingeleitet hatte Trumps Rede Kelly Craft, die US-Botschafterin bei der UNO. Sie sagte: «Ich führe jemanden ein, der das Kernziel der Vereinten Nationen in seinem Herzen trägt: Frieden.» Sie meinte damit tatsächlich ihren Chef, und damit war das Thema Friedensnobelpreis gesetzt. Es sei klar, sagte sie, dass die Führer der Welt genau hinhörten, wenn Trump spreche. Vor zwei Jahren war der US-Präsident in der Generalversammlung ausgelacht worden, als er allzu arg angab, aber das dürfte sie nicht gemeint haben. Schliesslich sagte sie, als wäre sie nicht UNO-Botschafterin, sondern Trumps Wahlkampfchefin: «Präsident Donald J. Trump hat seine Versprechen an das amerikanische Volk gehalten, und die Welt ist ein friedlicherer Ort.»

«Gott segne die Vereinten Nationen.»

Eigentlich war erwartet worden, dass Trump vor allem über Sanktionen gegen den Iran sprechen würde. Dass er sich in dieser Schärfe gegen China positioniert, kam recht überraschend. Seine Lobbyarbeit für den Nobelpreis überrascht hingegen niemanden mehr. Dass es Trump damit wirklich ernst ist, zeigte er, indem er seine Rede mit den Worten beschloss: «Gott segne die Vereinten Nationen.»

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