Angriff auf Den HaagWeltstrafgericht verurteilt Trumps Attacke
Die US-Regierung droht den Angestellten des Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Das Gericht wirft den USA nun vor, das laufende Verfahren gegen US-Soldaten beeinflussen zu wollen.
Der Internationale Strafgerichtshof hat Drohungen der US-Regierung gegen Mitarbeiter des Gerichts als Angriff auf die Unabhängigkeit der Justiz scharf verurteilt. Trotz der «Drohungen und Zwangsmassnahmen» bleibe das Gericht fest entschlossen, sein Mandat unabhängig und unparteiisch auszuführen, heisst es in einer Erklärung vom Freitag in Den Haag.
Die US-Regierung will Mitarbeiter des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag bei Ermittlungen gegen US-Sicherheitskräfte mit Sanktionen bestrafen. US-Präsident Donald Trump genehmigte am Donnerstag mit einer Verfügung, dass etwaiger Besitz der Betroffenen in den USA eingefroren werden kann. Aussenminister Mike Pompeo betonte: «Wir können und wollen nicht dabei zusehen, wie unsere Leute von einem korrupten Gericht bedroht werden.» Justizminister William Barr kündigte an, sein Ministerium werde die Sanktionen «im vollen Umfang des Gesetzes» umsetzen.
Ermittlungen gegen US-Soldaten
Das Weisse Haus teilte mit, der Präsident habe auch die Ausweitung der Visabeschränkungen gegen Mitarbeiter des Strafgerichtshofs und deren Angehörige genehmigt. Die Handlungen des Gerichts stellten einen Angriff auf die Rechte der Amerikaner dar und bedrohten die nationale Sicherheit. Die Vereinigten Staaten würden jede notwendige Massnahme ergreifen, um ihre Bürger und Verbündeten vor ungerechtfertigter Verfolgung durch das Gericht zu schützen.
Die Richter in Den Haag hatten im März geurteilt, dass im Rahmen von Ermittlungen zu möglichen Kriegsverbrechen in Afghanistan auch gegen US-Soldaten und CIA-Mitarbeiter ermittelt werden könne. Zu etwaigen Kriegsverbrechen in geheimen Gefangenen-Einrichtungen der US-Streitkräfte ausserhalb von Afghanistan darf die Anklage ebenfalls offiziell ermitteln.
Chefanklägerin Fatou Bensouda hatte die richterliche Zustimmung beantragt, um gegen Verantwortliche für Folter, willkürliche Tötungen, sexuelle Gewalt und andere Kriegsverbrechen vorzugehen, die im Zusammenhang mit dem Krieg in Afghanistan seit 2003 verübt worden seien.
US-Soldaten werden niemals vor dem Internationalen Strafgerichtshof erscheinen.
Barr sagte, mit Trumps Anordnung werde sichergestellt, «dass diejenigen, die die politisch motivierten Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofs gegen amerikanische Soldaten und Geheimdienstmitarbeiter ohne Zustimmung der Vereinigten Staaten unterstützen, ernste Konsequenzen erleiden werden». Bei dem Gericht handele es sich «um wenig mehr als ein politisches Werkzeug».
Pompeo sagte, er habe eine «Botschaft an enge Verbündete auf der ganzen Welt: Eure Leute könnten als nächstes dran sein, besonders die von Nato-Staaten, die Terrorismus in Afghanistan an unserer Seite bekämpft haben». Wenn der Strafgerichtshof mit seinem «Kreuzzug» ernst mache, könnten US-Soldaten beispielsweise beim Familienurlaub in Europa inhaftiert werden. Verteidigungsminister Mark Esper sagte, es liege in der Verantwortung der US-Justiz, bei Fehlverhalten von Soldaten gegen diese vorzugehen. US-Soldaten «werden niemals vor dem Internationalen Strafgerichtshof erscheinen».
Die US-Regierung hatte bereits im vergangenen Jahr mit Gegenmassnahmen gedroht, sollte das Gericht einen solchen Schritt unternehmen. Kurz darauf entzogen die USA damals Bensouda das Einreisevisum. Die Ermittlungen haben inzwischen begonnen, es gibt aber noch keine konkreten Verdachtsfälle oder Anklagen.
Diese Angriffe stellen eine Eskalation dar.
Das Gericht wirft den USA jetzt vor, mit einer «Reihe von beispiellosen Attacken» Verfahren beeinflussen zu wollen. «Diese Angriffe stellen eine Eskalation dar und einen nicht hinzunehmenden Versuch, in den Lauf der Justiz und die Verfahren des Gerichts einzugreifen.» Das Gericht sei eine unabhängige internationale Institution mit 123 Vertragsstaaten aus allen Regionen der Welt.
Der Internationale Strafgerichtshof verfolgt Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord. Die USA sind kein Vertragsstaat des Gerichtshofes und lehnen diesen schon seit Jahren strikt ab. Ermittlungen beim Weltstrafgericht ziehen sich in der Regel über Jahre hin. Es ist nicht abzusehen, ob sie in diesem Fall auch zu Haftbefehlen oder einem Prozess führen werden.
SDA
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