Wahlkampf-Auftakt in GrossbritannienNach Tiraden gegen «Woke-Unsinn»: Frau schüttet Farage Milchshake ins Gesicht
Bier trinkend im Pub: Am ersten Tag des britischen Wahlkampfs verspricht Nigel Farage seinen Anhängern, gegen «Woke-Unsinn» vorzugehen. Dann wird er attakiert.
Nigel Farage wurde an seinem ersten Wahlkampftag in Clacton mit einem Milchshake überschüttet. «Der Vorsitzende von der Partei Reform UK kam gerade aus einem Pub, als ihn eine junge Frau mit etwas überschüttete, das aussah wie ein Bananenmilchshake von McDonald’s», berichtet der «Guardian».
Die Frau soll sich selber Victoria genannt haben und sagte gegenüber der BBC, sie sei nicht zu der Veranstaltung gekommen, um das Getränk zu werfen, sondern weil Farage sie nicht unterstützte. Farage hatte zuvor vor Anhängern seiner Partei gesagt, in den Schulen werde die Psyche junger Menschen «vergiftet». Dabei habe er versprochen, sich gegen den «Woke-Unsinn» einzusetzen.
Zuvor hatte Farage den Tories und der Labour-Partei vorgeworfen, sie seien nicht «wirklich patriotisch». «Diese Leute sind, anders als Sie in Clacton, keine echten Patrioten», habe er weiter gesagt. Bei der Milchshake-Werferin handelt es sich britischen Medien zufolge um eine 25-jährige Frau. Sie wurde wegen des Verdachts auf Körperverletzung festgenommen.
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Der britische Premierminister Rishi Sunak hatte vor knapp zwei Wochen vorgezogene Parlamentswahlen für den 4. Juli angekündigt. Nur eine von ihm geführte konservative Regierung werde die Wirtschaft stabilisieren, hatte Sunak gesagt und dabei die Oppositionspartei Labour angegriffen. Kommentatoren sprachen angesichts eines grossen Rückstands von Sunaks Tory-Partei in den Umfragen von einem mutigen Schritt. Denn Sunak muss sich auch gegen die Partei von Nigel Farage behaupten, die Umfragen zufolge im Hoch ist.
Sunak verspricht Obergrenze für Migranten
Angesichts ihres gewaltigen Rückstands in den Umfragen vor der britischen Parlamentswahl übernehmen die Konservativen von Premierminister Rishi Sunak zunehmend Forderungen rechtspopulistischer Kräfte.
Die Tory-Partei kündigte am Dienstag im Falle eines Wahlsiegs am 4. Juli eine jährliche Obergrenze für die Einreise von Migrantinnen und Migranten an. Eine konkrete Zahl nannten Sunak und sein Innenminister James Cleverly aber nicht. Sie solle von einem Beratungsgremium festgelegt werden, sagte Cleverly.
Sunak hatte eine Obergrenze lange abgelehnt. Kommentatoren sehen in der neuen Ankündigung einen verzweifelten Versuch, auf die steigenden Zustimmungswerte der rechtspopulistischen Kraft Reform UK zu reagieren. Die frühere Brexit-Partei wird künftig von Nigel Farage geführt, der den britischen EU-Austritt massgeblich vorangetrieben hatte. Der 60-Jährige kandidiert bei der Parlamentswahl im ostenglischen Wahlkreis Clacton, wie er am Montag überraschend angekündigt hatte.
Umfragen zufolge dürften Farages Kandidatur und seine Führungsrolle bei Reform die Tories landesweit viele Stimmen kosten. Sunak und seine Konservativen steuern aktuellen Daten zufolge auf eine historische Niederlage zu. Daher gehen Experten ohnehin nicht davon aus, dass die Konservativen ihre Versprechen umsetzen können.
Tories wollen Gesetz zu Geschlechtsidentität ändern
Auch die Debatte um Transsexualität ist Thema im Wahlkampf. Die Tories haben angekündigt, gesetzliche Regelungen zur Geschlechtsidentität ändern zu wollen. Im Falle eines Wahlsieges, «machen wir klar, dass ‹Geschlecht› im Gleichstellungsgesetz biologisches Geschlecht bedeutet», schrieb Gleichstellungsministerin Kemi Badenoch am Montag in einem Gastbeitrag für die «Times». Diese «Klärung» werde dazu beitragen, Frauen besser vor sexueller Gewalt zu schützen.
Laut dem Vorschlag sollen Menschen nur noch entsprechend ihres biologischen Geschlechts Zugang zu bestimmten geschützten Räumen bekommen. Dadurch könnten etwa Beratungsstellen für Frauen und Mädchen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, leichter Männer ausschliessen, schrieben die Tories in einer Mitteilung.
«Die Sicherheit von Frauen und Mädchen ist zu wichtig», sagte Premier Rishi Sunak laut der Mitteilung seiner Partei. Deshalb müsse die «aktuelle Verwirrung um die Definition von Geschlecht und Identität» beendet werden. Badenoch ihrerseits sagte: «Es geht darum, diejenigen zu beschützen, die verletzlich sind. Es geht nicht darum, Transmenschen ihre Privatsphäre und Würde zu nehmen.» Sie erwähnte den Fall einer Jugendlichen, die auf einer Frauentoilette von einem Mann vergewaltigt wurde, der sich für eine Frau ausgab.
Debatten um Geschlechteridentität und Transsexualität werden vor allem in konservativen bis rechten britischen Medien erhitzt geführt. Beobachter vermuten, dass die Tories darauf hoffen, mit Vorschlägen dieser Art ihren Rückstand in den Wahl-Umfragen aufzuholen.
Die oppositionelle Labour-Partei sagte, das aktuelle Gleichstellungsgesetz bedürfe keiner Änderung. Die Tories würden einen «Kulturkampf» anzetteln, um von den wahren Problemen abzulenken. «Die Regierung hatte 14 Jahre Zeit, dass Gesetz zu ändern und hat es nicht getan. Das ist ein Ablenkungsmanöver im Wahlkampf», sagte der Labour-Politiker John Healey im Radio.
mit Material der DPA und der AFP/oli
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