Tipps des FotografenSo gelingen Food-Fotos noch besser
Der Berner Jules Moser fotografiert seit 1988 Essen. Der Profi nennt die wichtigsten Regeln für Laien und Laiinnen und sagt, was er unter perfekten Brösmeli versteht.
Was ein perfekter Teller ist, muss man ihn ganz genau fragen. Sonst gibts Antworten wie diese: «Zwei Drittel darauf müssen Gemüse sein.» Natürlich wollen wir vom Foodfotografen Jules Moser keine Ernährungsberatung, sondern erfahren, was einen visuell perfekten Teller ausmacht.
Seit 35 Jahren ist Jules Moser auf Essensfotografie spezialisiert. Und dürfte einer der Schweizer Foodfotografen der ersten Stunde sein. Während dieser Zeit hat er Lernende ausgebildet. Und er lernt wiederum von ihnen. «Die Gespräche, die sie in der Berufsschule über Fotos führen, helfen mir, am Puls der Zeit zu bleiben.»
Gehen wir also in die Praxis: Um einen Teller zu arrangieren, haben wir Tomaten und Mozzarella gekauft. Die Waren liegen auf dem Tisch, Jules Moser und seine Mitarbeiterin Pascalle Stettler werden still. Sie betrachten andächtig die Früchte. Man hört förmlich, wie sie das Bild in ihren Köpfen aufbauen.
Fein aufgeschnitten und auf einem Teller arrangiert, stellt Moser das Gericht vor die Blitzlichter auf eine Tischplatte, die er vorher aus dem Gestell gezogen hat. Überhaupt gleicht der Raum eher einem Küchenladen als einem Fotostudio: Alle erdenklichen Teller, Tässchen und Töpfe warten auf ihren Einsatz in den Gestellen. Ein Traum für jeden Food-Influencer.
Das Essen auf den Tellern wird jeweils vom Foodstilisten angerichtet. Doch Jules Moser hat Vorstellungen: «Wenn der Reis aussieht wie das Matterhorn, muss das flacher und zugänglicher werden.»
Den ersten Auftrag als Foodfotograf bekam der Berner vom Glaceproduzenten Lusso Eldorado, der schon damals zu Unilever gehörte. Bei den Shootings sei jeweils eine Glacestylistin dabei gewesen. Die Kugeln mussten ein körniges Muster aufweisen. «Weil alles schmilzt, beugte sie sich über den Tiefkühler und schnitt eine Scheibe Eis mit einem Draht ab. Dieses lagerte sie in der Eiszange auf Trockeneis, bis alles fürs Foto parat war.»
Studiogefühl ist überholt
Die Foodfotografie verändert sich stetig. Wie, zeigen Kochbücher der australischen Köchin Donna Hay. Jules Moser zieht eines aus dem Regal, «Keine Zeit zum Kochen» von Hay aus dem Jahr 2008. Hays Bilder sind natürlich nicht hier bei ihm entstanden, seine Kochbuchbibliothek dient dem Team zur Inspiration.
Blaue Schatten sind neben den Tellern erkennbar. Nur 10 Jahre später scheint diese Technik überholt, das erkennt man an den Bildern im Kochbuch «Modern Baking» von derselben Autorin.
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Vor 30 Jahren war es en vogue gewesen, mit hartem Licht zu arbeiten. Den Bildern merke man das «Studiofeeling» an – soll heissen, dass sie perfekt ausgeleuchtet waren und unrealistisch wirkten. «Heute stehen das Tageslicht und die Authentizität im Vordergrund. Je echter das Bild, desto ansprechender», sagt Jules Moser. Perfekte und sterile Gerichte würden Konsumenten abschrecken.
Diese Unperfektheit motiviere die Leute mehr, das Gericht nachzukochen. Jules Moser ist so lange in der Branche tätig, dass er eines mit Sicherheit weiss, es sei wie mit der Mode: «Das, was mal gefallen hat, wird wiederkommen.»
Heutzutage haben alle ihre Handykamera dabei. So entsteht eine Flut von Essensbildern. «Ein schlechtes Bild nervt mich. Aber es gibt so viele schlechte Bilder, dass es sich die Leute gewohnt sind.» Weil Fotos zu Verbrauchsmaterial verkommen seien, beeinflusse das ihn und seine Berufskollegen. «Wir haben Berufsstolz und wollen formal ein gutes Bild schiessen. Ein gutes Bild geht in der Flut der schlechten Bilder oft unter.»
9 Tipps für bessere Bilder
1. Brauche ich Haarspray? Vom Hörensagen wurden früher in Fotostudios Menüs mit Haarspray eingesprüht. Das stimme, gibt Jules Moser zu. «Aber den haben nur die benutzt, die nicht fotografieren konnten», spöttelt er. Den Glanz, den man mit dem Spray erzeugte, hat Jules Moser mit der richtigen Position der Blitzlampen hinbekommen.
2. Muss es Brösmeli haben? Wer kennt diese Kochbücher nicht, in denen mehr Essen neben dem Teller als darin liegt. Es braucht noch «Shmudder», heisst es dann bei Food Visuals im Studio. Solche Bilder sind anziehend, weil es so wirkt, als hätte gerade jemand gegessen. Aber Achtung: Jeder Krümel und jedes Kräuterblatt in Fotos muss geplant werden. «Wir ändern 20-mal die Position von einem Thymianblättchen, bis es sitzt», sagt Moser.
3. Wo soll das Gericht platziert sein? Nicht unbedingt in der Mitte. Bei Handys und kleinen Kameras ist der Autofokus auf die Mitte des Bildes ausgerichtet. Das kann gut aussehen. Aber es kann eben auch ein langweiliges, flaches Bild entstehen. Besser eignen sich die Proportionsregeln des Goldenen Schnittes. Dieser wird von uns Menschen als natürlich und unterbewusst als harmonisch empfunden.
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4. Warum ist der Fokus wichtig? Mit dem Fokus führt die Fotografin den Betrachter durchs Bild. Ist die Schärfe nicht am richtigen Ort, empfindet die Betrachterin das als störend. Mit dem Fokus wird bei der Aufnahme genau festgelegt, wo der Betrachter als Erstes hinschaut und welches Gefühl dabei vermittelt werden soll.
5. Braucht es einen Vordergrund? Ein gutes Bild hat einen Vorder-, Mittel- und Hintergrund. Wer von oben herab ein Gericht fotografiert, braucht diese Regeln nicht zu beachten. Aber hat ein Bild keinen Vordergrund, verliert es die Dreidimensionalität. Es wirkt für den Betrachter flach. Notfalls kann man mit einem Zweiglein, das man vors Objektiv streckt, nachhelfen.
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6. Wie kann ich Fleisch schön inszenieren? Fleisch in brauner Sauce kann unappetitlich aussehen. Es kommt besser, wenn einige Stücke nicht mit Sauce übergossen werden und diese sichtbar oben drapiert sind. Klar, im Restaurant ist das unmöglich. Ist Fleisch zu lange gebraten, kann man das nicht einfach im Bildbearbeitungsprogramm mit roter Farbe kompensieren. Expertinnen erkennen sofort, dass die Struktur des Fleisches nicht stimmt.
7. Welches Licht ist ideal? Das Licht sollte von der Seite oder von hinten auf den Teller scheinen. Wenn möglich, nur mit Tageslicht arbeiten. Wird Tages- und Kunstlicht gemischt, ergibt das blaue Schatten. Und die sind gerade nicht in Mode.
8. Welche Teller eignen sich? Eher unaufgeregte, unifarbene. Bunte Teller stehlen dem Gericht die Schau. Maximal sollte ein Teller die Saison unterstützen und kein Eigenleben führen. Oder wenn schon farbig, dann, um simple Gerichte wie Reis oder ein Ei in Szene zu setzen.
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9. Je bunter das Food, desto besser? Weniger ist mehr, ist Jules Mosers Haltung. Komplementärfarben ergänzen sich gut – rot und grün, gelb und violett, blau und orange beispielsweise. Farben sollten gut überlegt inszeniert werden. Nicht dass eine Farbe alles andere in den Hintergrund verschwinden lässt. Nicht jedes Bild muss immer ein farbiges Punktum haben. Wenn man zum Beispiel eine Karottenscheibe auf den Salat legt, wirkt die Farbe Orange zu stark. Schrille Farben lassen laut Moser alles in den Hintergrund verschwinden. Doch: Ton-in-Ton-Bilder können ein echter Hingucker sein.
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