LiveTicker zur Sicherheitskonferenz in MünchenDeutsche Politikerin: Zeitpunkt von Nawalnys Tod war ein Zeichen
In München läuft die 60. Sicherheitskonferenz mit vielen Staats- und Regierungschefs. Verfolgen Sie hier die Ereignisse des dreitätigen Treffens.
Strack-Zimmermann: Tod Nawalnys war Zeichen nach München
Die deutsche Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat eine rasche Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern durch Deutschland an die Ukraine auch als Reaktion auf den Tod von Kremlgegner Alexej Nawalny verlangt. Der Tod Nawalnys genau im Moment der Münchner Sicherheitskonferenz sei ein Zeichen gewesen, sagte sie am Sonntag auf dem Treffen. «Wir müssen reagieren und sagen: Okay, wir verstehen und jetzt müssen wir es tun», ergänzte Strack-Zimmermann, die ihre Partei als Spitzenkandidatin in die Europawahl führt und derzeit Bundestagsabgeordnete ist. Die FDP gehört der Ampel-Regierung gemeinsam mit der SPD und den Grünen an.
Die richtige Antwort auf den Tod Nawalnys würde nach ihrer Ansicht darin bestehen, dem russischen Präsidenten Wladimir Putin deutlich zu machen, man werde «jetzt alles schicken, was wir haben, sogar Taurus», sagte Strack-Zimmermann. Sie verlangte eine rasche Entscheidung der Ampel über die Taurus-Lieferung. «Wir haben keine Zeit», sagte sie mit Blick auf die Lage in der Ukraine. Man müsse nun «sehr klar und sehr schnell sein».
Auf Aussagen von Scholz zu Taurus vom Vortag auf der Sicherheitskonferenz angesprochen sagte Strack-Zimmermann: «Es fällt mir schwer zu erklären, warum der Kanzler nicht gesagt hat: Komm, lass es uns machen.» Sie könne aber versprechen, «dass wir diese Diskussion fortsetzen werden». Es sei «ein sehr wichtiges Zeichen, das Liefersystem der russischen Armee zu kappen», sagte Strack-Zimmermann. «Und wir wissen, wo es ist. Und wir wissen, wir müssen es tun.» Zur Ampel-Diskussion über Taurus sagte sie: «Wir sind eine Demokratie und wir diskutieren mit drei Parteien.» Es sei eine «sehr deutsche» Diskussion. (DPA)
Sicherheitskonferenz endet mit Diskussion über Krieg in Gaza
Zum Abschluss der 60. Sicherheitskonferenz in München rückt der Krieg im Gazastreifen in den Fokus. Am Vormittag (9.30 Uhr) wird der palästinensische Ministerpräsident Mohammed Schtaje gemeinsam mit der ehemaligen israelischen Aussenministerin Zipi Livni sowie dem jordanischem Aussenminister Aiman al-Safadi an einer Podiumsdiskussion zur Zukunft der israelisch-palästinensischen Beziehungen teilnehmen.
Der seit Monaten andauernde Krieg im Gazastreifen zwischen Israel und der islamistischen Hamas hatte die Konferenz bislang nur am Rande tangiert. Einzelne Redner, darunter Kanzler Olaf Scholz (SPD) und der amerikanische Aussenminister Antony Blinken, hatten das Thema bei ihren Auftritten angerissen und sich abermals für eine Zweistaatenlösung ausgesprochen. Sie sieht einen unabhängigen palästinensischen Staat vor, der friedlich Seite an Seite mit Israel existiert. (DPA)
China drängt auf politische Lösung des Ukraine-Kriegs
Chinas Aussenminister Wang Yi hat erneut eine diplomatische Lösung des Ukraine-Kriegs gefordert. «China arbeitet unermüdlich an einer politischen Lösung der Krise», sagte Wang Yi in seiner Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Man wolle ein Ziel erreichen: den Weg für Friedensgespräche bereiten, einen Teufelskreis verhindern und die Situation stabilisieren. Dabei betonte er mit Blick auf die Ukraine und Russland: «Es müssen die Sicherheitsinteressen beider Länder anerkannt werden.» Erneut vermied es Wang Yi, den russischen Angriffskrieg zu verurteilen.
Im Weiteren hat Wang Yi die Vertreibung von Palästinensern aus ihrer Heimat als die «am längsten währende Ungerechtigkeit in unserer Welt» bezeichnet. China habe in diesem Zusammenhang eine «ganz klare Haltung auf der Seite der Gerechtigkeit». Die jüngste Eskalation im Nahen Osten und im Roten Meer zeige, dass «die Frage nach Palästina besonders wichtig ist», betonte Wang. Peking arbeite auf ein Ende des Konflikts hin und für den Schutz der Zivilisten. Er sprach sich zudem für eine Zweistaatenlösung aus.
China sieht sich als Vermittler
Grundsätzlich stellte Wang Yi sein Land als Mittler bei einer ganzen Reihe von Konflikten dar. China sei eine Kraft für Stabilität auch bei schwierigen Themen. «Wir gehen Symptome und Gründe von Konflikten an und arbeiten auf friedliche Lösungen hin», sagte er. «China trägt seinen Teil zur Überwindung globaler Herausforderungen bei.» Egal, wie sehr sich die Welt verändere: China werde immer ein «verantwortungsvolles, grosses Land» bleiben. (afp/sda)
Von der Leyen will EU-Kommissar für Verteidigung
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen unterstützt die Idee für die Benennung eines europäischen Verteidigungskommissars. Hintergrund ist insbesondere die neue sicherheitspolitische Lage in Europa nach dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Wenn sie Kommissionspräsidentin bleiben sollte, würde sie einen Kommissar für Verteidigung einsetzen, sagte die deutsche Politikerin auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Sie denke, dies sei vernünftig. Dass von der Leyen eine zweite Amtszeit als Präsidentin der Europäischen Kommission anstrebt, gilt als sicher. Ihre derzeitige Amtszeit seit 2019 endet am 31. Oktober. (sda)
Stoltenberg: USA müssen liefern, «was sie versprochen haben»
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat die USA aufgefordert, der Ukraine zu liefern, «was sie versprochen haben». Es bestehe eine «absolute Notwendigkeit» für den US-Kongress, «so schnell wie möglich» über die Militärhilfen für Kiew zu entscheiden, sagte Stoltenberg in seiner Rede in München. Ein Hilfspaket im Wert von 60 Milliarden Dollar wird seit Wochen im Kongress in Washington blockiert. Die Ukraine brauche die Hilfe, sagte der Nato-Generalsekretär. Je länger die Verabschiedung des Gesetzes in den USA dauere, desto mehr Menschen würden an der Front in der Ukraine sterben.
Zur Verteidigungsfähigkeit der Nato-Staaten gegen einen möglichen russischen Angriff sagte Stoltenberg, der Krieg in der Ukraine habe gezeigt, dass es «erhebliche Lücken» gebe, etwa bei der Instandsetzung militärischen Geräts und bei der Munitionsproduktion. Für die Nato sei dies eine «gute Lektion» gewesen, die Europäer müssten in dieser Hinsicht mehr tun. Die Nato sei allerdings trotzdem als grösste Militärmacht der Welt «natürlich stärker als die Russen». (sda/afp)
Selenski warnt vor Katastrophe
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat die Unterstützer seines Landes zu verstärkten Anstrengungen gegen die russische Aggression und Präsident Wladimir Putin aufgerufen. «Wenn wir jetzt nicht handeln, wird es Putin gelingen, die nächsten Jahre zur Katastrophe zu machen», sagte Selenski heute Vormittag an der Münchner Sicherheitskonferenz. Er sprach unmittelbar nach dem Auftritt von Kanzler Olaf Scholz und dankte für die deutsche Sicherheitsvereinbarung, die eine Zusage langfristiger politischer und finanzieller Unterstützung sowie weitere Waffenlieferungen beinhaltet.
In seiner halbstündigen Rede warnte Selenski, je länger der Krieg dauere, desto grösser sei die Gefahr einer Ausweitung und einer weiteren Beschädigung der internationalen Ordnung. «Wir müssen gemeinsam in einem Team agieren», appellierte er an die verbündeten Länder. «Wenn die Ukraine alleine dasteht, dann werden Sie sehen, was passiert: Russland wird uns zerstören, das Baltikum zerstören, Polen zerstören – es ist dazu in der Lage.»
Einladung an Donald Trump
Auf die drohende weitere Blockade weiterer US-Hilfen im US-Kongress ging Selenski nicht direkt ein. Er dankte den USA ausdrücklich für alle bisherige Unterstützung – und verwies darauf, dass er sich in München noch mit Kongressvertretern der USA treffen wollte.
Selenski betonte, man biete allen Parteien gerne Einblicke in den wirklichen Krieg. Und auch den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump, der nun eine weitere Präsidentschaft anstrebt, hat Selenski nach eigenen Worten eingeladen. «Wenn Herr Trump kommen möchte, bin ich sogar bereit, mit ihm an die Front zu gehen», fügte Selenski hinzu.
Der ukrainische Präsident hat den Mangel an Artillerie und Waffen mit hoher Reichweite für ausbleibende Erfolge der Ukraine im Krieg gegen Russland verantwortlich gemacht. Dieses «künstliche Waffendefizit» führe dazu, «dass aktuell mit dieser hohen Intensität nicht gekämpft werden kann». Russland habe derzeit nur einen «militärischen Vorteil, nämlich die völlige Entwertung menschlichen Lebens», fügte er hinzu.
Die Ukraine habe zudem nicht genug Waffensysteme zur Luftabwehr, um «schnell fortzuschreiten», sagte Selenski weiter. «Es geht darum den Himmel zu befreien, damit wir Fortschritte machen können.» Mit entsprechenden Waffensystemen und Artillerie mit höherer Reichweite «können wir Ziele erreichen», warb Selenski für weitere Waffenlieferungen. «2024 erwartet eine Reaktion von uns allen.»
Rückzug aus Awdijiwka
Selenski hat den Rückzug aus der seit Monaten hart umkämpften ostukrainischen Stadt Awdijiwka mit dem Schutz von Menschenleben begründet. Es handle sich um eine «professionelle Entscheidung, um so viele Leben wie möglich zu retten». Für die russische Armee bedeute dies jedoch keinen Vorteil: «Die Entscheidung für den Rückzug wurde getroffen, aber Russland hat damit nichts gewonnen», betonte der ukrainische Präsident.
Die ukrainische Armee hatte den Rückzug aus Awdijiwka in der vergangenen Nacht bekannt gegeben. Es handelt sich um den grössten symbolischen Sieg Russlands seit dem Scheitern der ukrainischen Gegenoffensive im vergangenen Sommer und ihren bedeutendsten Geländegewinn seit der Einnahme der Stadt Bachmut im Mai 2023.
Selenski ist das erste Mal seit Beginn der Vollinvasion Russlands vor zwei Jahren persönlich auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Letztes Jahr war der ukrainische Präsident per Video zugeschaltet. (sda/afp)
Scholz fordert mehr Finanzhilfe für Ukraine
Bundeskanzler Olaf Scholz hat die EU-Partner eindringlich zu mehr Finanzhilfe für die von Russland angegriffene Ukraine aufgerufen – im Interesse der eigenen Sicherheit. Für das laufende Jahr habe Deutschland seine Militärhilfe auf mehr als sieben Milliarden Euro nahezu verdoppelt, Zusagen für die kommenden Jahre in Höhe von sechs Milliarden kämen hinzu, sagte der SPD-Politiker am Samstag bei seinem Auftritt vor der Münchner Sicherheitskonferenz. Er wünsche sich sehr, «dass ähnliche Entscheidungen in allen EU-Hauptstädten getroffen werden».
«Wir Europäer müssen uns sehr viel stärker um unsere eigene Sicherheit kümmern – jetzt und in Zukunft», forderte Scholz. Zugleich betonte er, die deutsche Unterstützung für Kiew sei «breit und umfangreich, vor allem aber ist sie langfristig angelegt».
Beistandsgarantie nicht relativieren
Scholz davor gewarnt, den Willen zur gemeinsamen Verteidigung in der Nato aufzuweichen. «Lassen Sie mich auch klar sagen: Jegliche Relativierung der Beistandsgarantie der Nato nützt nur denen, die uns – so wie Putin – schwächen wollen», sagte Scholz. Er reagierte damit auf Äusserungen von Donald Trump, der bei einem Wahlkampfauftritt deutlich gemacht hatte, dass er Bündnispartnern mit geringen Verteidigungsausgaben im Fall eines russischen Angriffs keine amerikanische Unterstützung gewähren würde.
Scholz sagte in München, wesentliche Teile der russischen Streitkräfte seien trotz enormer eigener Verluste intakt. «Russland hat seine Armee seit vielen Jahren auf diesen Krieg vorbereitet und auf allen Ebenen neue, gefährliche Waffensysteme entwickelt. Die russische Volkswirtschaft arbeitet längst im Kriegsmodus», sagte Scholz. Putin schicke auch immer mehr Soldaten an die Front. Zwei Jahre nach Kriegsbeginn müssten sich alle fragen, ob genug getan werde, um Putin zu signalisieren, dass man für eine lange Krisenzeit bereit sei.
Israel muss Völkerrecht einhalten
Kanzler Scholz hat Israel angesichts einer geplanten Bodenoffensive gegen die Hamas in Rafah im Süden des Gazastreifens ungewöhnlich deutlich zur Einhaltung des humanitären Völkerrechts aufgefordert. «Wir halten das Völkerrecht und die Regeln nicht nur ein, weil wir weltweit einige Abkommen unterzeichnet haben. Das ist etwas, das sich aus unserer Sicht auf die Menschheit ergibt und darauf, wie wir sein wollen und wie wir uns selbst sehen wollen», sagte Scholz auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Zugleich betonte er die Forderung nach einer Zweistaatenlösung. (sda/afp)
Zweiter Tag der Münchner Konferenz
Der deutsche Kanzler Olaf Scholz eröffnet heute um 9 Uhr den zweiten Tag der Münchner Sicherheitskonferenz. Weitere Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski, Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Deutschlands Aussenministerin Annalena Baerbock, US-Aussenminister Antony Blinken, Israels Präsident Isaac Herzog und Chinas Aussenminister Wang Yi. Die frühere US-Aussenministerin Hillary Clinton moderiert eine Diskussionsrunde mit der weissrussischen Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja.
Die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten sind die beherrschenden Themen der Münchner Sicherheitskonferenz, deren Auftakt am Freitag vom Tod des Kreml-Kritikers Alexei Nawalny in Russland überschattet wurde. Dessen Frau Julia Nawalnaja sprach wenige Stunden nach der Todesnachricht in München. (sda/afp)
Harris verteidigt internationale Führungsrolle der USA gegen Kritiker
Die USA müssen nach Ansicht von Vizepräsidentin Kamala Harris schon aus ureigenen Interessen ihre weltweite Führungsrolle im Zusammenspiel mit ihren Partnern auch in Zukunft unverändert übernehmen. Es sei im Grundinteresse der amerikanischen Bevölkerung «unsere langjährige globale Führungsrolle zu erfüllen», sagte Harris am Freitag in ihrer Rede bei der Münchner Sicherheitskonferenz.
US-Präsident Joe Biden und sie wollten das globale Engagement fortsetzen und demokratische Werte zu Hause wie im Ausland verteidigen «mit unseren Partnern». Dieser Ansatz stärke die «USA und schützt Amerikaner».
Harris betonte mit Blick auf die Wahlen in den USA im November, dass es aber auch in den USA Stimmen gebe, die sich eine andere Rolle der USA wünschten, die die USA isolieren und von den Verbündeten abkehren wollten. Den Namen von Donald Trump nannte sie in ihrer Rede ausdrücklich nicht. «Diese Sicht der Welt ist gefährlich, destabilisierend und kurzsichtig.» Die führende Rolle der USA sei ein direkter Vorteil für das amerikanische Volk.
Die USA könnten aber nur im Ausland stark sein, wenn sie auch zu Hause stark sei. Daher sei es richtig gewesen, die Klimakrise anzupacken und die Sicherheitsstrategie mit neuen Bündnissen und Partnerschaften, etwa im Indopazifik, in Afrika, in der Karibik und in Lateinamerika zu stärken. Zugleich sei es gelungen, «verantwortungsvoll den Wettbewerb mit China zu managen», sagte Harris. (DPA)
Scholz und Selenski unterzeichnen Sicherheitsvereinbarung
Deutschland und die Ukraine haben eine bilaterale Sicherheitsvereinbarung beschlossen. Sie wurde am Freitag in Berlin von Olaf Scholz und Wolodimir Selenski unterzeichnet. Dies sei «ein historischer Schritt», teilte Scholz auf X mit. Deutschland werde «die Ukraine weiterhin gegen den russischen Angriffskrieg unterstützen».
Das Abkommen soll die Zeit überbrücken, bis die Ukraine Mitglied in der Nato wird. Eine Aufnahme in das Militärbündnis ist für das von Russland angegriffene Land bisher nicht in Sicht.
Am Abend ist der Abschluss einer ähnlichen Vereinbarung mit Frankreich geplant. Eine erste bilaterale Sicherheitsvereinbarung hatte bereits Grossbritannien mit der Ukraine geschlossen. (DPA)
EU-Chefdiplomat Borrell: US-Schutzschirm vielleicht nicht immer geöffnet
Der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell will Deutschland und die anderen EU-Staaten zu einem gemeinsamen Appell an die israelische Regierung bewegen. Ziel sei es, formal darum zu bitten, keine neue Militäroffensive im Süden des Gazastreifens zu starten, sagte Borrell am Freitag am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz. Er hoffe, dass es im Kreis der 27 EU-Staaten die erforderliche Einstimmigkeit dafür geben werde.
Hintergrund der Initiative von Borrell sind Planungen der israelischen Armee für eine Offensive in Rafah im äussersten Süden des Gazastreifens. Kritiker befürchten, dass sie die ohnehin schon dramatische humanitäre Situation in dem Gebiet noch einmal verschlechtern könnte. In der Stadt leben derzeit mehr als eine Million Zivilisten – die meisten von ihnen sind Flüchtlinge aus anderen Teilen des Gazastreifens.
Auslöser des israelischen Einsatzes im Gazastreifen ist ein beispielloses Massaker, das Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober in Israel verübt hatten. Auf israelischer Seite wurden dabei mehr als 1200 Menschen getötet. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und ab Ende Oktober auch mit einer Bodenoffensive.
US-Schutzschirm vielleicht nicht immer geöffnet
Borrell hat sich ausserdem für einen massiven Ausbau der europäischen Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeiten ausgesprochen. Man sei unter dem Schirm der Amerikaner sehr glücklich, aber der amerikanische Schirm werde vielleicht nicht immer geöffnet sein, warnte der Spanier am Freitagvormittag in der bayerischen Landeshauptstadt. Man müsse deswegen einen eigenen Schirm aufspannen. «Wir werden künftig vielleicht autonomer sein müssen, als wir es jemals sein wollten», ergänzte er mit Blick auf eine mögliche Wiederwahl von Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen im November.
Ob der europäische Schirm aus seiner Sicht auch ein neues System der atomaren Abschreckung beinhalten sollte, liess Borrell offen. In der EU wurde dieses Thema in den vergangenen Tagen sehr kontrovers diskutiert, nachdem Trump bei einem Wahlkampfauftritt deutlich gemacht hatte, dass er Bündnispartnern mit geringen Verteidigungsausgaben im Fall eines russischen Angriffs keine amerikanische Unterstützung gewähren würde.
Ukrainischer Präsident Selenski in Berlin eingetroffen
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenski ist für einen Besuch in Deutschland eingetroffen. Vor dem Berliner Kanzleramt wurde er am Freitag von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) begrüsst. Nach einem kurzen Händeschütteln für die Fotografen und Kameraleute zogen sich beide in die Regierungszentrale zurück. «Ich beginne zwei wichtige Tage mit Treffen in Deutschland und Frankreich, neue Abkommen und die Münchener Sicherheitskonferenz», teilte Selenski zuvor in sozialen Netzwerken mit. Bei den Besuchen gehe es um eine neue Sicherheitsarchitektur für sein von Russland angegriffenes Land. Kiew arbeite weiter an einem schnellen Ende des Krieges zu für fairen Bedingungen für die Ukraine und einem dauerhaften Frieden.
Diese Teilnehmenden sind bekannt
Die Agenda und eine Liste der Teilnehmenden wird erst kurz vor dem Start veröffentlicht. Einige Namen sind aber schon bekannt.
Besonders wichtig ist das Treffen für die Ukraine, welche auf weitere Zusagen im Krieg gegen Russland hofft. Wolodimir Selenski reist dafür persönlich nach München. Er trifft auf zentrale Unterstützer wie US-Vizepräsidentin Kamala Harris, die ist bereits am Donnerstag in München eingetroffen ist. Ebenso wichtig für ihn dürften die EU-Delegationen um Olaf Scholz oder Emmanuel Macron sein. Grosser Abwesender ist Russland, dessen Vertreter genauso wie die des Irans nicht eingeladen wurden.
Auch für den Nahost-Konflikt wichtige Personen werden vor Ort sein. UN-Generalsekretär Antonio Guterres soll die Konferenz in diesem Jahr eröffnen, ausserdem wird Israels Präsident Jitzchak Herzog erwartet. Die Regierungschefs des Iraks, von Katar, des Libanons, der Präsident Jemens, der jordanische König Abdullah und die Aussenminister Saudi-Arabiens und Omans haben ebenfalls zugesagt. (fem)
Ausgangslage
Am Freitag beginnt in München die 60. Sicherheitskonferenz. Die angespannte geopolitische Lage um den Ukraine-Krieg und Israels Einmarsch in Gaza bringt wohl mehr Teilnehmende als je zuvor nach Deutschland: Mehr als 50 Staats- und Regierungschefs sowie 60 Aussenminister und 25 Verteidigungsminister sind im Hotel Bayerischer Hof angemeldet, um das aktuelle Weltgeschehen zu besprechen. Die «MSC» bietet ihnen eine Bühne – aber auch Raum für informelle Gespräche.
Es ist der feine Unterschied zwischen der Münchner Sicherheitskonferenz und anderen politischen Gipfeln wie dem G7 oder dem G20. In Hotelzimmern, der Lobby oder gar an der Hotelbar können hochrangige Politiker unter vier Augen Gespräche führen. Vieles davon dringt nie an die Öffentlichkeit. «Hier ist Gelegenheit, Bemerkungen zu machen, die vielleicht nicht so abgewogen sind wie normalerweise, und auch Ungewöhnliches zu sagen», beschrieb Gründer Ewald von Kleist das Treffen einst.
Keine solche Gelegenheiten bieten sich dieses Jahr der Schweiz: Bundespräsidentin und Verteidigungsministerin Viola Amherd reist nicht nach München. Sie sei am Freitag durch wichtige Sitzungen verhindert, sagte das VBS dem «Blick». Die Armee-Chefin müsse vor der Finanzkommission ihr Budget erklären, wird spekuliert. Markus Mäder, der neue Staatssekretär für Sicherheitspolitik, vertritt die Schweiz. (fem)
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