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Parlament im AfD-Stresstest
Tumult bei Präsidentenwahl in Thüringens Landtag

26.09.2024, Thüringen, Erfurt: Jürgen Treutler (AfD), Alterspräsident des Landtags, leutet die Glocke zu Beginn der konstituierenden Sitzung des Thüringer Landtags. Zum ersten Mal hat die AfD als stärkste Fraktion das Vorschlagsrecht für das Amt des Landtagspräsidenten. Foto: Bodo Schackow/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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«Schwer erträglich», «beschämend», «skandalös», «destruktiv»: Die erste Sitzung des Thüringer Landtags ist im Chaos mit Ordnungsrufen, Unterbrechungen, rhythmischen Klatschen von Abgeordneten, lautem Lachen und Zwischenrufen wie «Rechtsbruch!» versunken. Sie geriet zur Dauerkonfrontation zwischen einer erstarkten AfD mit ihrem Rechtsaussen Björn Höcke an der Spitze und den vier anderen Fraktionen CDU, BSW, Linke, und SPD – und endete mit der Anrufung des Verfassungsgerichts durch die CDU-Fraktion.

Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Andreas Bühl, sprach vom letzten Mittel, damit Thüringens Parlament überhaupt arbeitsfähig wird. Die Sitzung wurde danach unterbrochen, bis die höchsten Thüringer Richter entschieden haben. Voraussichtlich am Samstag startet das Parlament einen zweiten Anlauf.

Demokratie am «Nasenring»

«Es ist eine Katastrophe, wie die AfD die Demokratie am Nasenring durch die Manege treibt», schimpfte die Fraktionsvorsitzende der Wagenknecht-Partei, Katja Wolf. CDU-Mann Bühl sagte: «Was Sie hier betreiben, ist Machtergreifung.»

Nach vielen Stunden hatte es der Landtag immer noch nicht geschafft, seine Beschlussfähigkeit zumindest festzustellen. Eigentlich sollte ein Landtagspräsident gewählt werden – darum ging es letztlich bei dem Kräftemessen. Die AfD pochte als stärkste Fraktion mit 32 von 88 Abgeordneten auf ihr Vorschlagsrecht. CDU und BSW wollten eine Regeländerung erreichen, dass alle Fraktionen Kandidaten für das zweithöchste Staatsamt vorschlagen können.

Sie wollten der AfD, die in Thüringen vom Landesverfassungsschutz als erwiesen rechtsextremistisch eingestuft ist, das Spitzenamt im Parlament nicht überlassen. Doch so weit kam es nicht. «Es zeigt, dass der Alterspräsident nicht unparteiisch agiert, sondern im Prinzip als Höcke-Puppe und er tritt die Demokratie im hohen Haus mit Füssen», sagte CDU-Fraktionschef Mario Voigt.

Was im Landtag passierte

Über mehrere Stunden redete der Alterspräsident der AfD, Jürgen Treutler. Er reagierte auf Anträge der anderen Fraktionen, zumindest die Beschlussfähigkeit festzustellen, mit immer neuen, langen Unterbrechungen. Treutler weigerte sich, Abgeordneten das Wort zu erteilen. «Ich entziehe Ihnen das Wort», ging er etwa Bühl an.

Die erste Sitzung des Thüringer Landtags knapp vier Wochen nach der Wahl wurde damit zum erwarteten Politikspektakel und einem Tauziehen zwischen einer AfD, die erstmals die stärkste Fraktion stellt, sowie CDU, BSW, Linke und SPD auf der anderen Seite.

Vorwurf des Verfassungsbruchs

CDU-Mann Bühl betonte, dass Treutler nicht nur die Abgeordnetenrechte, sondern auch das Demokratie-Prinzip eingeschränkt sieht, das Abstimmungen verhindert worden seien. Der Alterspräsident habe an mehreren Stellen die Verfassung gebrochen. Es gehe auch um den Schutz des demokratischen Handelns und das Ansehen der Institutionen.

Bühl sagte, man wolle beim Verfassungsgerichtshof einen einstweiligen Erlass beantragen, mit dem Ziel, dass Treutler nach der von der bisherigen Landtagspräsidentin erstellten Tagesordnung verfährt und eine Abstimmung über die Änderung der Geschäftsordnung durchführt.

DPA/ij